Von Hybrid bis Achtzylinder Mercedes GLE - Luxus-SUV jetzt mit vielen Updates
21.04.2023, 08:42 Uhr Artikel anhören
Kleiner Roadtrip gefällig? Mit dem Mercedes GLE Coupé machen lange Reisen mächtig Spaß.
(Foto: Patrick Broich)
Mit einer leichten Überarbeitung geht der Mercedes GLE in seine zweite Lebensphase. Sanfte Retuschen vor allem unter dem Blech halten den Multifunktions-Benz fit.
Wer sagt eigentlich, dass Plug-in-Hybride im Aussterben begriffen sind? Mercedes jedenfalls hat gerade noch einen PHEV-Strang ordentlich aufgemotzt - und zwar den des modifizierten GLE. Das stattliche SUV macht optisch mit leicht modernisierter Front (man achte auf die markante Lamelle im Kühlergrill mit den sechs Elementen) auf sich aufmerksam und buhlt ansonsten insbesondere mit renovierten Antrieben um die Gunst der Kunden.

Den neuen GLE-Jahrgang erkennt man am modifizierten Stoßfänger, aber noch besser an der Lamelle mit den sechs Elementen im Kühlergrill.
(Foto: Patrick Broich)
Wie gut der jüngste Doppelmotorer funktioniert, haben die Schwaben eindrucksvoll demonstriert, indem sie ihn gleich auf einen Roadtrip durch drei US-amerikanische Bundesstaaten von Alabama über Georgia nach North Carolina geschickt haben. Damit keine Missverständnisse entstehen: Ein paar Achtzylinder aus dem Hause Mercedes-AMG waren schon auch am Start, aber ntv.de hat sich diesmal vorwiegend vierzylindrig in den Serpentinen der Smoky Mountains bewegt.
Man muss zum Thema PHEV wissen, dass die Sinnhaftigkeit dieses Antriebs grundsätzlich nicht pauschal bewertet werden sollte. Denn sie ergibt sich aus der Anwendung - oder auch nicht. Und da Mercedes das Thema am Herzen liegt, haben sie vor allem beim Benzin-Hybrid aufgerüstet: der Verbrenner-Part des Vierzylinder-Hybrid steigt von 211 auf 252 PS. Somit erstarkt die Systemleistung von ehemals 333 auf 381 PS. Der (unverändert große) Akku des GLE 400h 4Matic ist mit 31,2 kWh Kapazität sowieso über alle Zweifel erhaben. Denn es bringt ja nichts, wenn die rein elektrische Reichweite schon nach wenigen Kilometern wieder aufgebraucht ist.
Nicht so beim Vierhunderter. Der fährt bis zu 99 Kilometer ohne Verbrenner, und zwar nach WLTP-Norm. Und sein Stromspeicher lässt sich auch noch per CCS-Stecker mit 60 Kilowatt Ladeleistung befüllen (595 Euro extra). In diesem Falle ist das Ladeprozedere von 10 bis 80 Prozent State of Charge binnen 20 Minuten abgeschlossen.
Natürlich wird es für den GLE weiterhin diverse Dieseloptionen geben. Und die verändern sich nach der Überarbeitung: Der mindestens 85.055 Euro teure und vierzylindrige GLE 300d 4Matic verliert mit 269 plus 20 PS (früher 272 plus 20 PS) leicht an Output, während die Kunden mit dem sechszylindrigen GLE 450d 4Matic (ab 97.978 Euro) ab sofort eine wesentlich potentere Selbstzünder-Option erhalten mit 367 plus 20 statt 330 plus 20 PS, die nun im Gegensatz zu früher auch elektrifiziert wurde. Die Leistung des in diesem Segment einzigen Plug-in-Hybrid mit Selbstzünder (GLE 350de 4Matic zu Preisen ab 87.435 Euro) erhöht sich leicht von 320 auf 333 PS.
Hybride sind im Dienstwagen-Bereich wichtig

In den Staaten heißt der Viertelinder-Hybrid "GLE 450e", in Europa 400e. Der Antrieb ist identisch.
(Foto: Patrick Broich)
Doch in der Präsentationsflotte liegt der Fokus auf dem GLE 400e (für den US-Markt 450e). Und der 2,6-Tonner ist ganz schön flink unterwegs. Allerdings muss man den bisweilen dünn klingenden Vierzylinder ganz schön rotieren lassen, um den auf die Werksbezeichnung V167 hörenden Brocken innerhalb der vom Werk genannten 6,1 Sekunden auf 100 km/h preschen zu erleben.
Hand aufs Herz - für Motorengourmets ist dieser Antrieb nicht die erste Wahl. Aber das Ziel lautet ja auch, den Vierhunderter über seine gesamte Lebensdauer möglichst häufig elektrisch zu fahren, was den Verbrenner an Relevanz verlieren lässt. Und dann fährt der PHEV geschliffen-homogen, weil ja auch keine Übersetzungswechsel nötig werden. Doch auch im hybridischen Betrieb gönnt er sich meist keine überlangen Zugkraftpausen und legt bei Lastanforderung hurtig los. Immerhin müssen beide Aggregate, also Elektromotor und Verbrenner, unter einen Hut gebracht werden. Und der Neunstufenautomat ist in diesem Maschinenensemble ja auch noch vorhanden. Da bleibt die eine oder andere Gedenksekunde bei spontan gegebenen Befehlen kaum aus.

Das GLE Coupé weist einen sieben Zentimeter kürzeren Radstand auf als der konventionelle GLE.
(Foto: Patrick Broich)
Nach ein paar Hundert Meilen werde ich allerdings neugierig, muss doch einmal wechseln in das Lager der Sechszylinder-Feinschmecker. Einen GLE 450 haben die Schwaben nämlich auch noch mitgebracht. Ich bekomme ein Coupé ab. Weil die Ingenieure den elektrifizierten Reihensechszylinder zwecks Anpassung der Abgasnormen noch einmal auf den Kopf gestellt haben, leistet er inzwischen üppige 381 plus 20 statt 367 plus 22 PS. Schade, dass er sich das klassische Geräusch des Ritzelstarters verkneift, sondern vom (ebenfalls überarbeiteten) Kurbelwellenstarter so vehement angeschoben wird, dass er einfach nur "anploppt". Der Verbrenner ist auf Knopfdruck schlicht da oder eben wieder weg, orgelt nicht, erwacht ganz unspektakulär.
Der Reihensechszylinder ist ein Traum

Der sämig laufende Reihensechszylinder ist eines der feinsten Triebwerke im Konzern.
(Foto: Mercedes)
Die Stunde des geschmeidig säuselnden Reihensechszylinders schlägt jedoch in der Teillast. Dann schiebt der Dreiliter sämig-vibrationsfrei mit einer entspannten und entspannenden Souveränität. Und zwar in einer Weise, dass der Neungang-Wandler eigentlich fast immer im großen Gang bleiben kann. Wenn er aber doch zurückschaltet, dann nahezu unmerklich. Unter der Anforderung maximaler Leistung per Kickdown wird das M256M genannte Kraftwerk zornig in der Tonalität, verströmt auf diese Weise einen sportiven Touch, bleibt aber in der Grundausrichtung komfortabel.
Das gilt für das GLE Coupé zwar ebenso, aber mit seinem kürzeren Radstand (2,94 zu exakt drei Metern) ist das außerdem sieben Zentimeter flachere Schwestermodell noch etwas dynamischer in Kurven als die 4,94 Meter lange GLE-Grundausgabe.
Leicht überarbeitetes Infotainment hält den GLE modern
Um den Komfort weiter zu steigern, empfiehlt sich das je nach Line ab 2035 Euro Aufpreis kostende Airmatic-Paket, damit der GLE auf Luftbälgen liegend unabhängig vom Beladungszustand immer das gleiche Fahrverhalten aufweist. Innen besticht er durch besonders anschmiegsame Sessel mit allerhand Hightechfunktionen inklusive Klimatisierung und Massage, während der Blick beispielsweise auf stilvolles Holz mit offenporiger Oberfläche fällt. Derartige Annehmlichkeiten können je nach Paket mit fünfstelligen Aufpreisen ins Kontor schlagen.
Verbesserte Infotainmentsysteme haben ebenfalls Einzug in den GLE gehalten, wozu nicht nur ein leistungsfähigeres MBUX samt Sprachsteuerung gehört. Musikliebhaber dürfen jetzt beispielsweise auf den hochkarätigen Standard Dolby Atmos zurückgreifen. Dafür haben die Untertürkheimer auf den sogenannten Hyperscreen ebenso verzichtet wie auf die größere Widescreen-Variante. Es bleibt also hier bei der Urgeneration des Widescreens.
Luxus und Nutzwert

Reisen in der zweiten Reihe? Im Platzmonster GLE immer gerne und notfalls auch weit.
(Foto: Mercedes)
GLE bedeutet definitiv Luxus, aber auch Nutzwert. Luxus, weil das Platzangebot überbordend ausfällt, insbesondere bezüglich der Kniefreiheit in der zweiten Reihe und Nutzwert in Form eines Kofferraumvolumens von über 2000 Litern (wahlweise geht auch eine dritte Sitzreihe gegen 1083 Euro extra). Beim Thema Gelände haben die Techniker eine kleine Änderung einfließen lassen, verzichten jetzt auf die Low-Range-Stufe mit besonders kurzer Untersetzung für extreme Steigungen. Das reduziert den Aufpreis für das Offroad-Technikpaket um beachtliche 1671 Euro auf jetzt 590 Euro. Doch keine Sorge, der erste Gang fällt einen Hauch kürzer aus und der GLE erklimmt auf Wunsch immer noch 100-Prozent-Steigungen.
Das Ende der Fahnenstange wird mit dem 612 PS starken Mercedes-AMG GLE 63 S erreicht. Hier langt Mercedes allerdings hin mit einem Grundpreis von 164.422 Euro. Statt extrovertiert zu bollern wie die V8-Ausführungen, locken die im Zuge des Facelifts übrigens zwischen 10.000 und 17.000 Euro teurer gewordenen PHEV mit der Möglichkeit, monatliche Kosten einzusparen. Schließlich wird für die Berechnung der Dienstwagensteuer lediglich die Hälfte des Brutto-Listenpreises herangezogen.
Und Abstriche bei der Anhängelast wie bei so vielen PHEV? Nicht mit dem GLE 400e, der bis zu 3,5 Tonnen ziehen darf. Ach ja: So ganz nebenbei hat Mercedes fallen lassen, den starken GLE 580 mit rassigem Achtzylinder auch wieder nach Europa zu bringen für Kunden, die es stark, aber unauffällig mögen. Mit dem GLE hat man also eine Fülle der Möglichkeiten. Schwierigkeiten für Mercedes, das aufgefrischte SUV loszuschlagen, sind also kaum zu erwarten.
Quelle: ntv.de