Chevrolet Corvette Stingray Völlig neu, aber noch lange kein Porsche
06.10.2021, 17:26 Uhr
Ein Schnäppchen wird die Corvette C8 mit mindestens 86.900 Euro in Europa nicht.
(Foto: Chevrolet)
Es gibt wohl kaum einen Petrolhead in den USA, der auf den Chevrolet Corvette Stingray etwas kommen ließe. Und auch in Europa erfreut sich der von einem V8 befeuerte Sportwagen seit jeher einer gewissen Beliebtheit. Mit der achten Auflage wurde viel verändert, aber bestimmte Charakterzüge sind geblieben.
Fast zwei Jahre nach dem Marktstart in den USA kommt die achte Generation der Corvette jetzt auch offiziell nach Europa. Einige wenige Exemplare waren schon auf deutschen Straßen unterwegs – als importierte US-Exemplare. Hierzulande startet der Sportwagen-Klassiker jetzt zu Preisen ab 86.900 Euro für das Coupé und 93.400 Euro für das Cabriolet (Convertible).

Das Design einer Corvette war wohl noch nie so aggressiv wie bei der achten Auflage.
(Foto: Chevrolet)
Der neuen Corvette wird weiterhin der Nachsatz "Stingray" (Stachelrochen) angehängt, aber das ist fast schon das Einzige, was beim Wechsel auf die achte Generation geblieben ist. Nie zuvor seit der Erstvorstellung im Jahr 1953 waren die Veränderungen größer. Okay, der Zweisitzer wird auch weiterhin von einem Achtzylinder (Small Block) angetrieben und die wie immer glasfaserverstärkte Kunststoffkarosserie ist genauso gesetzt wie das herausnehmbare Targadach des Coupés. Ansonsten ist vieles anders, einiges sogar völlig neu.
Erstmals mit Mittelmotor
Erstmals findet man etwa den V8 nicht mehr unter einer langen Motorhaube. Das Aggregat mit einer Leistung von 482 PS sitzt nun hinter dem Fahrer, wie man es auch von anderen Mittelmotor-Sportwagen kennt. Beim Coupé kann man den Treibsatz sogar von außen durch eine Fiberglas-Haube sehen. Diese Änderung hat dann auch Auswirkungen auf das gesamte Design. So ist das Armaturenbrett, und mit ihm Fahrer und Beifahrer, um 42 Zentimeter nach vorne gerückt. Die Fronthaube wird logischerweise kürzer, fällt von der großen Windschutzscheibe steil zum flach angeordneten Kühlergrill ab und wird durch vier Karosseriefalzen geprägt. Die im Vergleich dazu höher positionierten, relativ mächtigen Scheinwerfer laufen im Stil der Zeit seitlich in den Kotflügeln aus. Insgesamt erinnert die Vorderansicht ein klein wenig an Ferrari. Einmal mehr, wenn man den Stachelrochen in Rot bestellt.

Einen Blick auf den als Mittelmotor in der Corvette verbauten Small Block kann man durch eine Fiberglas-Haube werfen.
(Foto: Chevrolet)
Hinten blickt man links und rechts auf je zwei mächtige Endrohre, über denen mächtige Luftauslässe thronen. Während die flach stehende Windschutzscheibe sehr groß ausfällt, sind die Seitenfenster eher klein geraten und die Heckscheibe ist gleicht einer Schießscharte. Sie ist sogar so winzig, dass man dem Fahrer mit Hilfe eines Kamera-Rückspiegels ausreichend Sicht nach hinten verschaffen muss.
Faszinierende Werte
Nun kauft man sich eine Corvette ja nicht wegen der Aussicht, sondern eher wegen des hemmungslosen Designs und vor allem wegen des ungestümen Antriebs. Hinter dem Rücken des Fahrers arbeitet der Achtzylinder mit seinem fast schon archaischen Hubraum von 6,2 Litern. Dessen maximales Drehmoment von 613 Newtonmetern wird nach wie vor mit brachialer Wucht an die Hinterachse geleitet. Erstmals kommt zur Kraftübertragung aber ein achtstufiges Doppelkupplungsgetriebe zum Einsatz.
Die Datenblattwerte vermelden für die Corvette eine Spitzengeschwindigkeit von 296 km/h und eine Sprintzeit von 3,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Das klingt durchaus glaubwürdig, auch ohne, dass es eine Chance zur Überprüfung gab. Die 12,1 Liter Durchschnittsverbrauch scheinen hingegen etwas optimistisch. Wer Corvette fährt, begrüßt den Tankwart in der Regel mit Handschlag und muss den CO2-Ausstoß geflissentlich ignorieren oder sich auf wenige Genusskilometer im Jahr beschränken.
Spaß macht sie allemal
Denn Spaß macht die Corvette allemal, sogar mehr Spaß als je zuvor. Der optisch seit fast 60 Jahren in ihrer Zeit immer schicke Chevrolet, hat von Generation zu Generation als Sportwagen gewonnen, ohne aber in seinen Fahreigenschaften an den europäischen Ikonen wie Ferrari oder Porsche kratzen zu können. Zu sehr war das Modell stets auf amerikanische Straßen, amerikanische Tempolimits und amerikanische Fahrertypen ausgelegt.

Ein Kurvenjäger ist auch die Corvette C8 nicht. Zu ungestüm schickt sie noch immer die Kraft auf die Hinterräder, zu spitz ist die Lenkung eingestellt.
(Foto: Chevrolet)
Auch jetzt ist die Corvette noch nicht dort angekommen. Das in Europa serienmäßige Performance-Fahrwerk zeigte sich auf Kurvenfahrten dem mächtigen Drehmoment nicht immer gewachsen und tendierte vor allem bei Nässe zum Ausbrechen, was am Ende nur durch das ESP schnell unterbunden wird. Wer das Regelwerk aber in den Ruhemodus schickt, muss hier mit argen Problemen rechnen. Zudem zeigte sich die Lenkung viel zu spitz ausgelegt, was den US-Kultsportler überaus nervös reagieren lässt. Und für die Bremsanlage, die mit Brembos scharf zubeißt, wünscht man sich mehr Rückmeldung. Im Basispreis enthalten ist ein elektronisches Sperrdifferential, ein spezielles Kühlsystem sowie Hochleistungsreifen von Michelin, die aber auch mehr für den Track als die nasse Straße ausgelegt sind.
Nun wäre es aber nicht fair, hier alles schlecht zu reden denn die neue Corvette überzeugt im Vergleich zum Vorgänger, vor allem dort, wo die Straße trocken ist. Der bärige Small Block entwickelt stets mehr als genug Leistung und Drehmoment und auch die Arbeit der Doppelkupplung lässt kaum Raum für Kritik. Nur beim schon erwähnten Verbrauch muss sich der Fahrer trotz eines Kunststoff-Chassis und einem Gesamtgewicht von lediglich 1,5 Tonnen auf einen Praxisverbrauch von weit über 14 Litern einstellen.
Gewaltiger Aufpreis für Europa
Zu den wirklich positiven Überraschungen zählt der Innenraum, der zwar eng, aber deutlich wertiger ausfällt, als man es von den US-Modellen noch vor wenigen Jahren gewohnt war. Das Cockpit ist selbstverständlich digital, wobei ein 12 Zoll großer Bildschirm das Infotainment-System beherbergt. Ob das oben und unten abgeflachte Lenkrad sein musste, darf als Geschmackssache abgehakt werden.
Und was kostet der Spaß? Die in Kentucky gebaute Corvette kostet in den USA ab 60.000 Dollar. Die europäische Version bietet an Ausstattung einiges mehr und ist zudem auf hiesige Straßenverhältnisse angepasst. Trotzdem ist der Aufpreis gewaltig: knapp 87.000 Euro werden für das Coupé fällig, das Cabriolet kostet nochmal 7000 Euro extra. Im Vergleich zu Porsche, Ferrari oder Lamborghini bleibt die Corvette damit ein Schnäppchen. Und wem der Preis zu günstig oder die Leistung nicht hoch genug ist: Ende Oktober schiebt Chevrolet die Supersport-Version Z06 nach, für die 650 PS Leistung kolportiert werden.
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x