
Helge Schneider trug 2007 Sombrero, lang ist's her.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Unser Kolumnist fragt wieder mal lauter irres Zeugs: Darf man das Lied mit dem Tirolerhut noch singen? Kommen die Western mit Doc Snyder und Clint Eastwood auf den Index, weil sie Sombreros und Ponchos tragen? Antworten finden sie hier (vielleicht).
Noch wach? Schon wach? ICH BITTE DARUM. Sonst können Sie das hier nicht lesen, was insofern schade wäre, weil ich es DANN UMSONST verfasst hätte. Damit Sie wach bleiben, SCHREIBE ICH immer MAL WIEDER EINIGES groß, natürlich um GANZ NEBENBEI zu beweisen: DAS KANN ich AUCH. Wobei ich, UM GOTTES WILLEN, damit selbstverständlich nicht andeuten will, auf einer Stufe mit Stucki-Barre zu stehen, einem der besten GROSSSCHREIBER, die DEUTSCHLAND je hervorgebracht hat. Ich bin noch Lichtjahre von meinem ersten Roman entfernt, war noch nie im Hotel "Schadoo Marmong", wie wir Sachsen es nennen, und zähle keine Prominenten zu meinem Freundeskreis.
Ich bin auch NICHT der literarische Held, der die Polarisierung mit einem EINZIGEN WERK beendet, der es schafft, das Volk hinter einem gemeinsamen Feind (Matthias D., wohnhaft in P.) zu versammeln, sodass sich alle meine Leser auf der richtigen Seite wiederfinden, falls diese im Dschungel der Meinungsvielfalt noch wissen, wo welche Seite ist. Es ist gut möglich, dass sich MANCH EINE UND MANCH EINER auf der richtigen Seite wähnt und nicht merkt, dass er oder sie sich verlaufen hat, was aber durch ein paar Äußerungen bei Twitter leicht zu korrigieren ist, so frau oder man denn in den sozialen Medien aktiv ist.
Vor allem aber: ICH BIN KEIN KÜNSTLER - schon gar nicht einer mit der Vordergründigkeit eines Banksy, der mit dem Holzhammer daherkommt, damit ihn jeder versteht. Ich versuche es subtiler, was bisweilen zu dramatischen Irrtümern führt, dass ich Schimpfe kriege, obwohl ich das alles gar nicht so gemeint habe. Ich tue immer nur so, als meine ich etwas, aber in Wahrheit meine ich es ganz anders. Kurzum: Ich bin recht einfach gestrickt - UND RAUCHEN TUE ICH AUCH NICHT. Falls ich einmal im BERLINER ENSEMBLE (BE) zur Lesung "Sämtliche Schmoll-Ecken, Teil 14" einlade, brauche ich mir keine Sondergenehmigung erteilen zu lassen, das generelle Rauchverbot im BE für zwei, drei Stunden auszusetzen.
Trage ich noch einen Tirolerhut?
Ich bin halt ein gewöhnlicher Sehr-Gutmensch. Ich habe was sehr Normales in mir, das Blut entspricht den bekannten Blutgruppen, es ist nicht blau und nicht grün und schon gar nicht braun. Ich zweifle an mir, stelle meine Handlungen infrage, REFLEKTIERE und BEREUE, wenn ich die großen Brüste EINER FRAU - AUCH NUR IM STILLEN GEDENKEN an meine Jugend - Titten genannt und wie neulich "Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut" vor mich hin geträllert habe. Dann sinniere ich tagelang, ob es sich dabei um kulturelle Aneignung handelt, ich die Tiroler damit verletze, alte Wunden aufreiße, weil ich im wiedervereinten Deutschland leben darf, während die Tiroler durch einen dieser beschissenen und ziemlich überflüssigen Kriege in Nord und Süd geteilt wurden, aber immerhin ohne Mauer, was wieder mal zeigt, dass ich einfach nur Pech hatte, in der Ostzone geboren zu sein.
Gut, es hätte auch der Sudan sein können, da war die Ostzone noch irgendwie okay. Aber das Fass will ich nicht aufmachen, sonst bezichtigt man mich noch des Rassismus oder der Überheblichkeit, dass ich mich über Afrika lustig mache. Das Gegenteil ist der Fall. Ich wäre dafür, ein paar Bronzen oder so was in der Art in den Sudan zu schicken, um der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Deutschland ist doch immer vorne dabei, wenn es darum geht, die Welt besser zu machen. Wir haben KEINE ATOMKRAFTWERKE mehr, was gut ist, weil sich dann die Kohlearbeiter in Kolumbien freuen, dass wir ihre Arbeitsplätze sichern, da wir das Produkt, das sie unter bestmöglichen Arbeits- und Lebensbedingungen fördern, importieren und ZWECKS STROMERZEUGUNG verheizen, was die allerallerletzte Generation ignoriert, damit sie nicht merkt, dass sehr viel miteinander zusammenhängt.
Aus Südamerika kommt neben der Kohle der Poncho, der bald verboten wird, weil es sich bei ihm um kulturelle Aneignung handelt. DIE WESTERN mit Clint Eastwood, in denen er einen Poncho trägt und rauchend DIE BÖSEN totschießt (natürlich keine Indianer!!!), um das Image des guten weißen Mannes zu festigen, wandern demnächst in den Giftschrank oder müssen NEU GESCHNITTEN werden. Allerdings steht das noch nicht fest, da Ponchos in Dritte-Welt-Läden verkauft werden, die Strom aus kolumbianischer Kohle kriegen, sodass sich der energetische Kreis wieder zur Zufriedenheit aller schließt.
Das Kreuz mit der Sensibilität
"Das Wort Anorak ist eine dänische Interpretation des Inuit-Wortes annoraaq", las ich in der "Zeit", was ALLE DEUTSCHEN, die sich auf DER RICHTIGEN SEITE befinden, dazu veranlassen sollte, ihre Anoraks wegzuwerfen, damit die Inuit einige Tausend Kilometer von uns entfernt nicht länger traurig sein müssen, dass wir in einer europäisierten Ausgabe ihrer TRADITIONELLEN KLEIDUNG rumlaufen. Zur Orientierung, damit Sie wissen, auf welcher Seite Sie stehen: Wenn Sie Dreadlocks haben, im Winter einen Anorak, im Sommer einen Sombrero und beim Karneval Indianerkostüm tragen, stehen Sie falsch, haben Sie sich regelrecht verrannt.
Sombreros sind verboten, jedenfalls auf der Bundesgartenschau (BUGA) IN MANNHEIM, meiner Meinung nach die überflüssigste VERANSTALTUNG DER ERDE, sehe ich einmal vom Semperopernball und Kriegen ab. Die BUGA ließ das Ballett der Arbeiterwohlfahrt - zwar im Kampf gegen Armut unterwegs, jedoch arm an politischem Bewusstsein für sensible Fragen der kulturellen Aneignung -, nicht in Kostümen auftreten, "bei denen der Eindruck entstehen könnte, es würden kulturelle und religiöse Stereotype zur Unterhaltung ausgeschlachtet werden".
Denn Schlachten tut man nicht. Schlachthöfe gibt es bald nicht mehr, weil Fleischessen verboten wird, damit das Klima geschützt wird und die allerallerletzte Generation die allerallerletzten Deutschen in ihren SUVs endlich wieder normal fahren lässt. Aber vor den Schlachthöfen und dem Fleisch sind die Sombreros dran. Auch der indische Sari und der JAPANISCHE KIMONO. "Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass man ein Kostüm als Beleidigung auffassen kann", sagte die Chefin des Balletts, eine Erika. Der Vorname lässt tief blicken, um welche Generation es sich hier handelt. Da besteht also Nachholbedarf.
Aber Deutschland hat ein großes Herz, die BUGA-Macher sowieso. Die passen auf, dass die Gärtner genug verdienen, damit sie weiterhin im Bio-Laden einkaufen können, um dann gestärkt dem AWO-Ballett zuzuschauen, wie es mit Kostümen auftritt, die so verändert worden sind, dass sie "dem kulturellen Anspruch des jeweiligen Landes entsprechen". Da jubeln jetzt MENSCHEN IN MEXIKO, JAPAN UND INDIEN, vor allem Letztere, weil sie sich damit trösten können, wenn sie in riesigen Müllbergen Brauchbares suchen, dass sie auf der BUGA in Mannheim nicht beleidigt werden. Prima.
BLEIBEN FOLGENDE FRAGEN: Was ist mit Helge Schneiders Film "Texas - Doc Snyder hält die Welt in Atem", in dem er einen Sombrero trägt? Muss der wie die Western mit Clint Eastwood in den Giftschrank, ebenso sein Lied "Die Trompeten von Mexico"? Bei dessen Wiedergabe Herr Schneider auf der Bühne - ich selbst glaube, mich daran erinnern zu können, aber es ist schon Ewigkeiten her - einen Sombrero trug. Hat er sich damit der kulturellen Aneignung schuldig gemacht? Ist er unsensibel? Darf er bei der BUGA auftreten? Will er überhaupt? Wenn ja, fahre ich doch mal hin. UND SINGE DORT DAS LIED VOM TIROLERHUT- FALLS ES BIS DAHIN NICHT VERBOTEN IST.
Quelle: ntv.de