"Vergewaltigung von Sprache" Uwe Tellkamp wettert gegen das Gendern
19.10.2022, 01:01 Uhr
Uwe Tellkamp wünscht sich mehr Widerstand gegen das Gendern.
(Foto: IMAGO/Eberhard Thonfeld)
Schriftsteller dürfen in Deutschland schreiben, was und wie es ihnen beliebt. Uwe Tellkamp vermisst bei ihnen dennoch deutlicheren Widerstand gegen geschlechtergerechte Sprache. Die überwältigende Mehrheit lehne das Gendern ab, sagt der Dresdner Autor und trifft damit den Nerv seines Neubrandenburger Publikums.
Die Schriftsteller in Deutschland müssten sich nach Auffassung des Autors Uwe Tellkamp deutlicher als bisher gegen die Einführung von Gender-Sprachregeln positionieren. "Die Sprache ist wie eine tausendstimmige Orgel", sagte Tellkamp am Dienstagabend bei einer Lesung anlässlich der Uwe-Johnson-Literaturtage in Neubrandenburg. Das umstrittene Gendern sei aber "eine Vergewaltigung von Sprache".
Das sei, als ob man einem Organisten zwei Register der Orgel wegnehme, weil diese irgendwie kolonial belastet seien. Dann klinge die Orgel nicht mehr. Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung lehne das ab. Ihm sei unverständlich, warum sich Autoren noch nicht intensiver dagegen einsetzen, sagte der Schriftsteller unter kräftigem Beifall.
In Neubrandenburg stellte der Dresdner seinen neuen Roman "Der Schlaf in den Uhren" vor, die Fortsetzung seines vor zwölf Jahren veröffentlichten Wenderomans "Der Turm" . Dabei gab er sich auch als Bewunderer der Schriftstellerin Brigitte Reimann (1933-1973) zu erkennen, die in Neubrandenburg gelebt hatte. "Sie hat mir sehr imponiert", sagte Tellkamp nach einem Besuch im Reimann-Literaturmuseum. Reimann, deren Hauptroman "Franziska Linkerhand" unvollendet blieb, gehörte zu den bekanntesten und streitbarsten Autorinnen in der DDR.
Tellkamp war nach Äußerungen über Flüchtlinge und angeblich drohende Repressionen gegen Andersdenkende in Deutschland in die Kritik geraten. Er sympathisierte mit der Pegida-Bewegung und monierte mehrfach einen sogenannten Gesinnungskorridor zwischen gewünschter und geduldeter Meinung. 2017 sprach er sich gegen die Ausgrenzung rechter Verlage von der Frankfurter Buchmesse aus. Ein Jahr später behauptete er auf einer Podiumsdiskussion ohne Belege, 95 Prozent aller Geflüchteten kämen nach Deutschland, "um in die Sozialsysteme einzuwandern".
2008 hatte Tellkamp in Neubrandenburg für den Roman "Der Turm" den Johnson-Preis erhalten, später den Deutschen Buchpreis und den Nationalpreis. Die Uwe-Johnson-Tage wollen dem Dialog in der Gesellschaft wieder mehr Raum geben. Sie enden am 27. Oktober.
Quelle: ntv.de, ino/dpa