
Es gibt zwar in ganz Deutschland Beschränkungen, aber: Wer unbedingt böllern will, kann das auch in diesem Jahr wieder tun.
(Foto: Tobias Kleinschmidt/dpa/Symbolbild)
Wie im vergangenen Jahr dürfen in Deutschland keine größeren Böller und Feuerwerkskörper verkauft werden. Wer nun darauf hofft, dass das alljährliche Inferno ausfallen könnte, dürfte falsch liegen. Das Verbot lässt sich leicht umgehen. Böller zu zünden, ist vielerorts weiterhin möglich.
Wer es vor einem Jahr an Silvester so richtig krachen lassen wollte, war in Berlin genau richtig. Wie 2021 galt zwar auch damals deutschlandweit ein Böllerverkaufsverbot, vielerorts waren Versammlungen verboten. Das heißt aber nicht, dass nicht dennoch munter drauflos geknallt wurde. Wie üblich verwandelte sich die Hauptstadt in ein akustisches Kriegsgebiet - ständig war irgendwo eine Explosion zu hören. Zum mitternächtlichen Countdown hatte die Knallerei längst eingesetzt und schwoll nur noch etwas stärker an.
Auch in anderen Teilen Deutschlands wurde munter weiter geknallt. "Es gab keine Gemeinde oder Stadt, in der kein Feuerwerk am Himmel zu beobachten war!", heißt es etwa in einer Mitteilung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Sachsen. Und es steht zu befürchten, dass es in diesem Jahr wieder so kommt. Zum einen dürften manche noch Restbestände aus den Vorjahren im Keller haben, zum anderen lässt sich das Verkaufsverbot denkbar einfach umgehen.
So können die Böllerfreunde einfach ins benachbarte Ausland fahren und sich dort eindecken. Die Berliner "BZ" berichtet etwa, wie Berliner und Brandenburger in Slubice, direkt hinter der polnischen Grenze bei Frankfurt (Oder), bis zu drei Stunden anstanden, um sich mit Raketen und anderen Knallern einzudecken. Im Gespräch mit ntv äußerten sich deutsche Grenzgänger in Frankreich ähnlich. "Wenn Deutschland meinen Umsatz nicht will, gebe ich es woanders aus, kein Thema", sagte ein Kunde. Der BR meldet, dass sich zahlreiche Bayern mit Material von Vietnamesen-Märkten hinter der tschechischen Grenze versorgten.
Warnung vor "erheblichen Verletzungen"
Genau davor warnt die Polizei, denn bei solchen Knallern zweifelhafter Herkunft lässt sich nicht bestimmen, wie viel von dem hochexplosiven Schwarzpulver darin ist. In der bereits erwähnten Mitteilung des sächsischen Bundes der Kriminalbeamten wird argumentiert: Lieber harmlose und ordnungsgemäß zertifiziertes Feuerwerk im Inland verkaufen, als die Menschen ins Ausland zu treiben, wo sie womöglich illegale Teile erwerben.
Ähnlich äußerte sich der Dortmunder Notfallmediziner Thorsten Strohmann bei ntv: "Was wir aber auch sehen, ist, dass die Leute, die trotzdem böllern wollen, sich diese Feuerwerkskörper auf illegalem Wege besorgen." Wenn diese nicht überprüft und zertifiziert seien, könnten sie "erhebliche Verletzungen nach sich ziehen", so der Leiter der Notaufnahme am Klinikum Dortmund. Aus Bayern meldet die Bundespolizei schon, dass sie eine deutliche Zunahme geschmuggelter Silvester-Ware feststellt.
Grundsätzlich ist die Einfuhr von Feuerwerkskörpern nicht verboten - Böller der Kategorie F1 (Wunderkerzen etc.) und F2 (Raketen und kleinere Knaller) dürfen nach Deutschland mitgebracht werden, wenn sie mit dem "CE"-Zeichen zertifiziert sind. Mehr als 50 Kilo dürfen aber nicht eingeführt werden. In Polen ist auch gefährlicheres Knallerzeugs der Stufe F3 legal. Das darf nur nach Deutschland bringen, wer dafür berechtigt ist. Der Zoll macht hinter der Grenze Stichproben. Wer mit "Polen-Böllern" erwischt wird, dem drohen Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro.
Strengste Regelung in Bremen
Außer Bremen verbietet kein Bundesland grundsätzlich, Böller zu zünden. In der Stadt darf Ware der Stufe F2 nicht mitgeführt und auch nicht auf Privatgelände abgebrannt werden. Das ist die strengste Regelung in Deutschland. In Hamburg gilt ein Böllerverbot auf öffentlichem Grund, nicht aber auf Privatgrundstücken. Eine ähnliche Regelung gilt in Sachsen. In den anderen Bundesländern sollen die Kommunen lediglich Plätze benennen, an denen man sich nicht versammeln und Feuerwerk abbrennen darf. Das betrifft meist Hotspots wie in Berlin das Brandenburger Tor oder in Köln die Domplatte. In München ist Feuerwerk in der Innenstadt untersagt.
Immerhin scheint das Verbot dazu beizutragen, dass es tatsächlich zu weniger Unfällen kommt. Denn genau darum geht es, nicht etwa um Luftreinhaltung oder Lärmschutz. Es soll verhindert werden, dass Patienten auf Intensivstationen behandelt werden müssen - die Pflegekräfte und Ärzte dort haben genug mit Corona-Patienten zu tun. Das hat im vergangenen Jahr deutschlandweit ganz gut geklappt. Vielerorts ging die Zahl der Unfälle deutlich zurück, Polizei und Notärzte hatten ruhigere Nächte als in vorangegangen Jahren. Eine Hochrechnung der Krankenkasse Barmer zufolge mussten zum vergangenen Jahreswechsel 40 Prozent weniger Patienten in Krankenhäusern aufgenommen werden. 2019 seien es 6200 gewesen, 2020 nur noch 3800. Gemessen am formulierten Ziel war das Verkaufsverbot also erfolgreich.
Wobei dabei nicht nur das Feuerwerksverbot geholfen haben dürfte. Auch die umfangreichen Versammlungsverbote an öffentlichen Plätzen und die Beschränkungen bei privaten Zusammenkünften, die in anderer Form auch vor zwölf Monaten galten, dürften ihren Teil dazu beigetragen haben. So wurde weniger Alkohol getrunken und in der Folge kam es auch seltener zu Prügeleien. Naturgemäß sieht der Bundesverband Pyrotechnik (BVPK) im Alkohol auch das viel größere Problem und versuchte das Verkaufsverbot für Böller noch zu stoppen. Doch scheiterte der Verband damit am Mittwoch vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin.
Quelle: ntv.de