Panorama

Ungewöhnlich warmer AtlantikDie großen Stürme könnten noch kommen

03.12.2023, 08:34 Uhr
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Blick hinaus auf den Atlantik (hier bei A Coruña im Nordwesten Spaniens): Je wärmer das Meer, desto stärker der Sturm. (Foto: picture alliance / abaca)

Bei den Unwettern im Herbst kommt Deutschland vergleichsweise glimpflich davon: Die großen saisonalen Orkane ziehen größtenteils vor der Küste vorbei. Der außergewöhnliche Temperaturanstieg im Nordatlantik verheißt allerdings nichts Gutes.

Der Herbst ist überstanden, die Orkan-Saison in Europa ist so gut wie vorbei: Mit den rekordhohen Temperaturen im Nordatlantik ist das Unwetter-Risiko allerdings längst nicht ausgestanden. Generell gilt: Je wärmer das Meerwasser, desto stärker die Stürme. In den vergangenen Wochen brachte die atlantische Wetterküche eine ganze Reihe schwerer Unwetter hervor. Deutschland blieben dabei größere Schäden erspart.

Das muss nicht so bleiben, wie ein Blick in die übrigen Regionen Europas zeigt: Im Süden sorgte das rekordwarme Mittelmeer für zum Teil verheerenden Extremwetterereignisse: Starkregen in Griechenland, Überschwemmungen in Norditalien, Jahrhundertsturm über dem Schwarzen Meer. Teilweise waren die Auswirkungen - wie etwa im Fall des Sturmtiefs "Zacharias" bis nach Deutschland und sogar bis hinauf nach Skandinavien zu spüren. Besonders heftig traf Herbst-Orkan "Emir" (internationaler Namen "Ciarán") den Westen Europas.

Werden die Stürme wirklich heftiger? Die Messdaten aus dem Nordatlantik, der Karibik und dem Mittelmeer legen einen Zusammenhang zumindest nahe. Der vergangene Sommer war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich warm. Der gesamte Ozean samt seiner Nebenmeere ist in diesem Jahr sehr viel wärmer als normal. Die Wassertemperaturen liegen weit über dem langjährigen Durchschnitt.

"Verantwortlich dafür waren einerseits die Hitzeblasen aus der Sahara, die dem Süden Europas extreme, langanhaltende und fast schon apokalyptisch wirkende Hitzewellen bescherten", erklärt ntv Meteorologe Björn Alexander. "Dadurch erwärmte sich das Mittelmeer Ende Juli auf Rekordniveau mit fast 29 Grad." Andererseits verzeichneten auch andere Regionen rekordhohe Werte. "Beispielsweise in der Karibik, wo eine Boje am 24. Juli südlich von Miami 38,4 Grad gemessen hatte - und zwar in 1,50 Meter Wassertiefe."

Der Nordatlantik bleibt von den Auswirkungen des Klimawandels nicht verschont. Die "maritimen Hitzewellen", so Björn Alexander, werden in den Daten als Temperaturanomalien erkennbar - mit entsprechenden Folgen für das europäische Wettergeschehen. Neben den aufgeheizten Wassermassen wirken weitere Faktoren: "In Südeuropa gab es bis in den November hinein auch an Land hochsommerliche Temperaturen auf Rekordniveau bis um die 30 Grad", fasst der ntv Meteorologe die Lage zusammen.

Gleichzeitig meldeten die Wetterstationen in Skandinavien einen ungewöhnlich frühen Wintereinbruch mit ungewöhnlich niedrigen Temperaturen. "Die Schneedecke breitete sich von Nordosten aus immer weiter aus", beschreibt Björn Alexander die Entwicklung der vergangenen Wochen. "Während die Menschen in Spanien schwitzten, wurde in Nordeuropa gebibbert - zum Teil mit nächtlichen Tiefstwerten unter minus 20 Grad."

Damit betrugen die Temperaturunterschiede in Europa in der Spitze deutlich über 50 Grad. Solche enormen Gegensätze auf vergleichsweise kleinem Raum bilden aus meteorologischer Sicht eine brisante Ausgangslage: Eine Wetterküche, wie gemacht für Extremwetter und Stürme. "Mehr Wärme bedeutet mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, was wiederum mehr Energie für Unwetter und mehr Regenpotenzial zur Folge hat", beschreibt der Wetterexperte die Zusammenhänge.

In Deutschland ist weiter mit extremen Wetterlagen mit tendenziell ergiebigeren Niederschlägen zu rechnen. "Das zeigen uns momentan auch die experimentellen Langfristvorhersagen", bestätigt der ntv-Meteorologe. "Die Daten sagen sowohl in Deutschland als auch in weiten Teilen Europas bis Ende Februar 2024 einen deutlichen Niederschlagsüberschuss voraus." Der Winter 2023/24 könnte somit sehr viel regnerischer werden als früher. Oder, wie Björn Alexander zu bedenken gibt, auch sehr viel schneereicher - je nachdem, auf welchem Temperaturniveau sich die Luft- und Bodentemperaturen in Mitteleuropa in den kommenden Wochen einpendeln.

Quelle: ntv.de, mmo/cwo/lst

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