Aus der Schmoll-Ecke Endlich mehr War-Life-Balance dank Donald Trump


Kein Bild aus dem Kriegsgebiet, nur Berlin-Schöneberg nach Silvester.
(Foto: dpa)
Das neue Jahr begann wie das alte: mit extrem lauter Knallerei, gefolgt von unsäglichen, ermüdenden Debatten über Böller-Verbote und die Verschärfung des Waffenrechts. Auch sonst bleibt alles beim Alten. Allein: Trump und Elon Musk übernehmen die Macht, was deutschen Christen Hoffnung macht.
Fantastisch, 2025 hat grandios begonnen! Denn einer der Wünsche, die mich kurz vor und in der Silvesternacht erreichten, hat sich schon erfüllt. Man und frau erbaten für mich - meist verbunden mit Gesundheit, Freude, Schaffenskraft und ähnlichem Zeugs - ein "neues" Jahr. Und siehe da, schon ist es passiert: Das Jahr ist neu. Ich könnte, um Freude zur Schau zu stellen, eine Kugelbombe zünden, möchte aber meine Nachbarschaft nicht erschrecken, zumal der Anblick meiner zunehmend älter werdenden Gestalt genügen sollte, die Vergänglichkeit des Daseins auf der Erde zu begreifen.
Ansonsten hat das Jahr begonnen, wie das davor: mit extrem lauter Knallerei, gefolgt von unsäglichen, ermüdenden Debatten über Böller-Verbote - hach, die armen Tiere vs. man will uns die Silvesterglücksraketen nehmen! - und eine Verschärfung des Waffenrechts, möglichst gleich auch noch für die gesamte Bundeswehr, damit deren Ausrüstungsmisere vertuscht werden kann. Aber fangen wir doch erst einmal minimal an, wie es neuerdings in Deutschland üblich ist, das noch vor kurzer Zeit zu den weltweit erfolgreichsten Herstellern riesiger Brote gehörte und inzwischen nur noch kleine Brötchen bäckt.
Die Berliner CDU möchte nicht mehr die Vornamen - Achtung, es folgt fragwürdiges Racial Profiling - von Ali, Hassan und Oliver erfahren. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, der als Christ und Demokrat mal wieder drei Kreuze vor der Brust gemacht haben dürfte, als Silvester vorüber war, wirbt nun dafür, dass für Schreckschuss-, Reizgas- oder Signalwaffen "künftig der kleine Waffenschein inklusive Sachkundenachweis verlangt werden" soll, um Deutschland sicherer zu machen. Schließlich - der Gedanke ist von mir und nicht von Herrn Wegner - muss man ja auch belegen, geistig in der Lage zu sein, einen gefährlichen Hund daheim zu halten, den man ebenfalls als Waffe einsetzen könnte.
Doktern an Symptomen
Was voraussetzt, dass die Testfragen gelesen - die Grünen möchten sie sicherlich aus Gründen der Vielfalt auch auf Arabisch und Türkisch - und die Prüfungen bezahlt werden können, weshalb die SPD auf eine "sozialverträgliche Lösung" pochen dürfte, was CDU und FDP vermutlich mit Verweis auf die Einhaltung der Schuldenbremse ablehnen werden. Auf die Prüfungsfragen bin ich schon sehr gespannt: Darf man mit Signalwaffen und Schreckschusspistolen auf A: Menschen, B: Männer und Frauen, C: nur Frauen oder D: in die Luft schießen?
Wegner sagte, da er nun schon mal dabei war, auch: "Die Einfuhr sogenannter Kugelbomben, die in Deutschland bekanntlich schon verboten sind, ist nur mit schärferen Grenzkontrollen zu verhindern." Das kann man dann gleich kombinieren mit der schon etwas älteren, jedoch ebenso grandiosen Idee von Armin Laschet, auch ein Christ und Demokrat, Flüchtlinge, die Israel vernichten wollen, am Grenzübertritt zu hindern. "Wer Antisemit ist, hat hier keinen Platz. Das muss man schon bei der Einreise von Flüchtlingen klären."
Prima Idee, dann fragen die Bundesgrenzschützer bei der Einreise nicht nur: "Sind Sie Antisemit?" Sondern auch gleich noch: "Planen Sie einen Aufenthalt in Neukölln? Haben Sie Kugelbomben dabei?" Das alles macht so viel Sinn wie Messerverbote. Das Doktern an Symptomen ist eine beliebte Übung, gerade im Wahlkampf, wenn sich Heilsbringer aller Couleur am OP-Tisch versammeln und hier oder dort was beschneiden.
Sie merken sicher schon, dass ich A: schlechte Laune habe und B: nicht wirklich mit Zuversicht in das neue Jahr gestartet bin, das sich anfühlt wie das abgelaufene. Mir scheint, dass die Büchse der Pandora geöffnet ist. Die Menschheit sollte kollektiv einen Sachkundenachweis für das Aufbewahren von Gefäßen einführen - nicht nur in Frauenbesitz. Das sollte unbedingt auch für Männer gelten. Auch wenn Pandora die erste Frau auf der Welt war. Zeus, der Gott der Götter, vermachte ihr - aus Wut über Prometheus, Dieb des olympischen Feuers - eine mit allen damals bekannten Übeln prall gefüllte Büchse, die sie an die Menschen weiterreichen sollte, ohne vorher hineinzuschauen. Jaja, die Neugier, Frauen und Beherrschung … (Bitte um weitere Klischees ergänzen.) Und schon war es um uns Menschen geschehen.
Ich bin doch kein Mischke!
Auch wenn ich nur geringe Chancen sehe, für Thilo Mischke als Ersatzmoderator von "Titel, Thesen, Temperamente" einzuspringen, betone ich, dass ich Ihnen das erzählt habe, um Sie in griechischer Mythologie zu bilden, und nicht etwa, um Frauen für das Unheil in der Welt verantwortlich zu machen. Ich bin doch kein Mischke! Verehrte rechtschaffende Kulturschaffende, schicken Sie bitte keinen offenen oder geschlossenen Brief an die ARD, sie möge es sich genau überlegen, mich auf die Kandidatenliste zu setzen. Ich bin, das sei auch aus Gründen des Klimaschutzes erwähnt, nie um die Welt gereist, schon gar nicht mit oder in 80 Frauen.
Nichtsdestotrotz stehe ich zu meinen Taten und Untaten der Vergangenheit, entschuldige mich aber zum x-ten Mal für etwaige Verfehlungen, selbst wenn ich mir keiner Schuld bewusst bin. Ich weiß, dass sich dadurch die Haltung zu mir als Mensch und Kolumnist nicht ändern wird. Offenkundig spalten sich die Meinungen, was von mir zu halten sei. "Du verbreitest doch nur billigsten Populismus als Anti-Demokrat!", schrieb mir ein Leser in einer Mail kurz vor dem Jahreswechsel. In einer anderen, die beinahe zeitgleich eintraf, hieß es wiederum: "Thomas Schmoll, Sie machen das großartig auf LinkedIn." Wir lernen: Auch ein Antidemokrat und billiger Populist kann Großartiges leisten. Da bin ich also ganz nah an Elon Musk, was ich nicht gedacht hätte.
Elon Musk übernimmt demnächst mit seinem Adjutanten Donald Trump die Macht in den USA und dann bald in der ganzen Welt, die sie gemeinsam befrieden werden. "Kurz nachdem ich die Präsidentschaftswahl gewonnen habe, werde ich den verheerenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine beendet haben, innerhalb von 24 Stunden", hatte Herr Trump verkündet. Nun rätsle ich, was bei ihm "kurz nachdem" bedeutet. Und wie er es anstellen wird. Vielleicht müssen Russen und Ukrainer Sachkundenachweise für ein friedliches Miteinander ohne Kugelbomben und Raketen vorlegen.
Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, ein gewisser Herr Kramer, setzt schon mal auf Donald Trump, um unsere War-Life-Balance angenehmer zu gestalten. "Wir sehen interessanterweise relativ wenige Kriegsbilder in concreto, denn das würde uns alle zu Kriegsgegnern machen. Das kann man nicht ertragen." Was aus seiner Sicht bedeutet: "Deswegen muss das Töten und Sterben auch sofort aufhören. Es ist vielleicht absurd, aber vielleicht ist Präsident Trump eine Chance, dass da jetzt erst mal ein Waffenstillstand einkehrt. Es wird ein extrem komplizierter Weg zu einer Nachkriegsordnung." Vielleicht kann ja Herr Kramer helfen, etwa die Tests für die Sachkundenachweise abnehmen, natürlich am Computer in seiner Kirche, um keine Bilder vor Ort ertragen zu müssen. Christliche Nächstenliebe ist schließlich auch im Homeoffice praktizierbar.
Quelle: ntv.de