Millionen Menschen ohne Strom Hurrikan "Milton" fordert Todesopfer und wirbelt nun übers Meer
10.10.2024, 06:42 Uhr Artikel anhören
In St. Petersburg krachte unter anderem ein Kran zusammen.
(Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire)
Donald Trump betet, Taylor Swift spendet: Hurrikan "Milton" wütet, mehrere Menschen in Florida sterben. Millionen sind ohne Strom, Dutzende Häuser zerstört. Die Lage um Tampa bleibt gefährlich, die Region droht abzusaufen.
Hurrikan "Milton" befindet sich nach seinem Zug quer durch den US-Bundesstaat Florida wieder über dem Meer. Der Sturm sei am frühen Donnerstagmorgen Ortszeit etwa 15 Kilometer nordöstlich von Cape Canaveral, teilte das US-Hurrikanzentrum mit. Dennoch brachten seine Ausläufer noch immer Windböen in Hurrikan-Stärke und starke Regenfälle im Osten Floridas.
Mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von etwa 140 Kilometern pro Stunde war "Milton" noch immer ein Hurrikan der Stufe 1 von 5. Im weiteren Tagesverlauf werde er sich allmählich abschwächen und Richtung Nordosten bewegen, hieß es. Den Voraussagen zufolge werde er nördlich an den Bahamas vorbeiziehen.
"Milton" war am Mittwoch etwas früher und weiter südlich als erwartet an der Westküste Floridas auf Land getroffen. In einer Wohnwagensiedlung für Senioren kamen nach Angaben eines örtlichen Sheriffs mehrere Menschen durch einen Tornado in Verbindung mit "Milton" ums Leben. Der Sheriff des St. Lucie County, Keith Pearson, machte im Gespräch mit dem Sender CNN keine genauen Angaben zu der Zahl der Toten. "Ich kann Ihnen sagen, dass es mehr als eine Person ist, die ihr Leben verloren hat und die wir bereits geborgen haben." In der Wohnwagensiedlung seien etwa 200 Einsatzkräfte auf der Suche nach Menschen, die noch in der Anlage eingeschlossen seien. Der Tornado habe eine "Schneise der Verwüstung" hinterlassen, hieß es. Auch Hunderte Häuser seien in dem County etwa 150 Kilometer südöstlich von Orlando "völlig zerstört" worden.
Infolge des Hurrikans kam es auch zu massiven Stromausfällen. Mehr als drei Millionen Haushalte in dem Bundesstaat waren ohne Strom, wie aus Daten der Seite poweroutage.us hervorging. Die Zahl der Betroffenen stieg innerhalb weniger Stunden stark an.
Der Sturm war am Mittwochabend (Ortszeit) als Hurrikan der Kategorie 3 von 5 im Westen Floridas auf Land getroffen. Zwar hat er sich inzwischen abgeschwächt und befindet sich wieder über dem Meer, dennoch mahnte Criswell weiter zur Vorsicht. «Obwohl der Wind abnimmt, lässt die Bedrohung nicht nach.» Angesichts der zunehmenden Regenmengen und der Gefahr von Sturzfluten müssten die Menschen weiterhin Schutz suchen. «Gehen Sie nicht raus», hieß es.
Wasserrohrbruch und umgestürzte Strommasten
In der Stadt St. Petersburg stellte die Stadt nach einem Wasserrohrbruch das Trinkwasser ab. Zum Trinken, Kochen und Zähneputzen müsse Wasser bis auf Weiteres abgekocht werden, hieß es in einer Mitteilung der Behörden. Die Reparaturen würden beginnen, sobald dies für die Arbeiter sicher sei. In St. Petersburg leben etwa 260.000 Menschen. Medien berichteten zudem über entwurzelte Bäume, umgestürzte Strommasten und Überschwemmungen in mehreren Städten Floridas.
Ebenfalls in St. Petersburg sei ein Kran auf einer Baustelle umgestürzt, meldeten die Behörden. Auch das Dach des Baseballstadions Tropicana Field sei beschädigt worden. Das Stadion war örtlichen Medienberichten zufolge vor der Ankunft des Sturms als Sammelort für Ersthelfer genutzt worden. Bei den beiden Vorfällen seien bislang keine Verletzten gemeldet worden.
Die Feuerwehr und die Polizei in der Stadt Orlando im US-Bundesstaat mussten zwischenzeitlich mehrere Stunden lang in Gebäuden Schutz vor "Milton" suchen. Orlando begründete die Entscheidung mit den hohen Windgeschwindigkeiten von mehr als 64 Kilometern pro Stunde.
Mindestens 19 Tornados
Der Sturm hatte laut dem Gouverneur des Bundesstaates Florida, Ron DeSantis, mehrere 19 Tornados ausgelöst. Bis Mittwochabend gaben die Wetterdienste in Florida mehr als 130 Tornadowarnungen heraus.
Über Land schwächte sich "Milton" zu einem Sturm der Kategorie 1 ab - 5 ist die höchste. Das US-Hurrikanzentrum sprach dennoch weiterhin von "gefährlichen" Winden mit anhaltenden Geschwindigkeiten von 165 Kilometern pro Stunde.
Tampa, die drittgrößte Stadt des Staates, blieb von einem direkten Treffer verschont: "Milton" drehte nach Süden ab und zog über Siesta Key bei Sarasota hinweg, etwa 110 Kilometer südlich von Tampa. Dennoch blieb die Lage in der Gegend um Tampa gefährlich. In der Region fielen mehr als 410 Liter Regen pro Quadratmeter. Der Nationale Wetterdienst warnte deshalb vor Hochwasser dort sowie in anderen Teilen West- und Zentralfloridas. Von den gefährlichen Sturmfluten waren weite Teile der Golfküste Floridas betroffen, darunter auch dicht besiedelte Gebiete wie Tampa, Saint Petersburg, Sarasota und Fort Myers.
Zehntausende bereit für Aufräumarbeiten
Die Behörden bereiteten sich am Mittwochabend auf umfangreiche Such- und Rettungsaktionen vor, die möglicherweise die ganze Nacht andauern würden. "Das bedeutet, dass fast alle Rettungsarbeiten im Dunkeln mitten in der Nacht durchgeführt werden müssen, aber das ist in Ordnung. Sie werden es schaffen", so DeSantis. Rund 9000 Mitglieder der Nationalgarde und 50.000 Mitarbeiter der Energieversorger stünden bereit, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen und Stromausfälle zu beheben.
Experten hatten wegen der ungewöhnlichen Größe und der seltenen Bahn des Sturms vor extremen Gefahren gewarnt. Sie rechneten mit lebensbedrohlichen Sturmfluten und massiven Überschwemmungen. Die Behörden warnten daher eindringlich davor, sich im Freien aufzuhalten. "Zu diesem Zeitpunkt ist es zu gefährlich, sicher zu evakuieren, daher müssen Sie sich an Ort und Stelle schützen und einfach abwarten", sagte DeSantis.
Bis zu zwei Millionen Menschen wurden zuvor in Sicherheit gebracht. Für Wohnmobile, Pflegeheime und Einrichtungen für betreutes Wohnen wurde eine Zwangsevakuierung angeordnet. Große Freizeitparks wie Disney World, Universal Studios und SeaWorld wurden vorsorglich geschlossen. Den Prognosen zufolge soll der Hurrikan in Florida Schäden in Milliardenhöhe anrichten. Mehr als 70.000 Menschen suchten Schutz vor "Milton" in Notunterkünften, wie die Chefin der US-Katastrophenschutzbehörde Fema, Deanne Criswell, dem britischen Sender BBC Radio 4 sagte. Vor der Ankunft des Sturms hätten 31 Bezirke Evakuierungen angeordnet.
Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris hatten am Mittwoch einen weiteren dringenden Appell an die Bewohner gerichtet, sich in Sicherheit zu bringen und kündigten umfassende Hilfen der Regierung an. "Es sieht nach einem Jahrhundertsturm aus", sagte Biden, als er sich mit Harris von den Behördenleitern über die Arbeiten zur Unterstützung der betroffenen Menschen informieren ließ. "Es geht buchstäblich um Leben und Tod."
Trump will allen "Liebe senden"
Ex-Präsident Donald Trump erklärte bei einer Kundgebung in Scranton im Bundesstaat Pennsylvania, er wolle allen Menschen in Florida "unsere Liebe senden", sie machten in dieser Nacht Schweres durch, sagte er. Er bete für jene, die sich im Pfad des Sturms befänden, und bitte Gott darum, sie zu schützen. "Ich habe noch nie einen Hurrikan wie diesen gesehen", sagte Trump. Es handele sich um eine ernste und schlimme Angelegenheit.
Viele der Bundesstaaten, die von "Milton" betroffen sein könnten, würden von republikanischen Gouverneuren regiert, fügte er hinzu. Er sagte voraus, dass diese "eine phänomenale Arbeit" leisten werden. In den vergangenen Tagen verbreitete er unter anderem die Verschwörungstheorie, Mittel der Katastrophenschutzbehörde würden an Migranten ohne legalen Status fließen - damit wollten die Demokraten diese Menschen illegal zur Stimmabgabe für Harris bewegen.
Top-Superstar Taylor Swift spendete für die Hurrikan-Opfer bereits fünf Millionen US-Dollar. Sie seien der Sängerin für ihre großzügige Spende für die Versorgung der Opfer der Hurrikans "Helene" und "Milton" unglaublich dankbar, teilte die Hilfsorganisation "Feeding America" in ihren sozialen Medien mit. Das Geld würde in die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern und in den Wiederaufbau von Gemeinden fließen.
Florida und weitere Bundesstaaten im Südosten der USA waren erst Ende September vom Sturm "Helene" heimgesucht worden. Mindestens 230 Menschen kamen ums Leben, zahlreiche Gebäude wurden beschädigt oder komplett zerstört, weite Gebiete überschwemmt. Damit ist "Helene" nach Hurrikan "Katrina" im Jahr 2005 der folgenschwerste Sturm.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts/AFP/AP