Massenmörder will freikommen Staatsanwältin spricht sich gegen Haftentlassung von Breivik aus
21.11.2024, 15:41 Uhr Artikel anhören
Das rasierte Z auf dem ansonsten kahlen Schädel deutet auf Breiviks Unterstützung für Russlands Kriegsführung hin.
(Foto: picture alliance/dpa/NTB)
Der verurteilte Rechtsterrorist Anders Behring Breivik will 13 Jahre nach seinen Anschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya auf freien Fuß kommen. Die Staatsanwaltschaft hält nichts davon.
Der norwegische Rechtsterrorist Anders Behring Breivik sollte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorzeitig freigelassen werden. Breivik habe sich nicht von seinen radikalen politischen Ansichten distanziert, sagte die zuständige Staatsanwältin Hulda Olsen Karlsdottir nach Angaben der Nachrichtenagentur NTB am Abschlusstag einer Gerichtsverhandlung, bei der es um Breiviks erneuten Antrag auf vorzeitige Haftentlassung geht.
In Kombination mit seinen narzisstischen und dissozialen Persönlichkeitsmerkmalen bestehe weiterhin ein hohes Risiko, dass der 45-Jährige neue Terrortaten begehe, sagte Karlsdottir in der provisorisch zum Verhandlungssaal umfunktionierten Turnhalle des Gefängnisses Ringerike. Dort wird seit Dienstag vor dem Amtsgericht von Ringerike, Asker und Bærum über Breiviks Antrag verhandelt.
Nach eindeutiger Auffassung der Staatsanwaltschaft sollte dem Antrag daher nicht Folge geleistet werden, forderte sie. "Es gibt im Land Norwegen keinen Täter, der solch schwerwiegende Taten begangen hat. Auch nicht rückblickend in der Zeit", betonte die Staatsanwältin.
Laut Experten nicht psychisch krank
Vor der Verhandlung war Breivik von Sachkundigen auf etwaige psychische Erkrankungen untersucht worden. Die Experten machten laut NTB-Informationen in einem neuen Gutachten fest, dass der 45-Jährige weder als krank noch als psychotisch oder psychisch krank betrachtet werde.
Der Psychologe Kåre Nonstad und die Psychiaterin Pia Jorde Løvgren sind ebenso wie Karlsdottir der Ansicht, dass Breivik die Terroranschläge in Oslo und auf der Insel Utøya aufgrund seiner politischen Radikalisierung verübt hat. Und auch sie nannten seine narzisstischen Züge als Risikofaktor.
Der mehr als 100 Seiten lange Bericht von Løvgren und Nonstad stellt die erste neue Einschätzung Breiviks seit seiner Verurteilung im Jahr 2012 dar. Zur psychischen Gesundheit des Utøya-Attentäters hat es in der Vergangenheit unterschiedliche Diagnosen gegeben, zu seiner Zurechnungsfähigkeit waren immer wieder Fragen aufgetaucht. Die neu mit dem Fall befassten Experten glauben jedoch nicht, dass es eine Grundlage dafür gibt, den 45-Jährigen als unzurechnungsfähig einzustufen.
Rasiertes Z auf kahlem Kopf
Sein erster Auftritt vor Gericht ließ am Dienstag keinen Zweifel daran, dass Breivik nach wie vor rechtsextreme Gesinnungen hegt. Beim Betreten des Verhandlungssaals zeigte er mit der rechten Hand eine rechtsextreme Geste, mit der linken hielt er wie schon bei früheren Gerichtsauftritten ein Plakat mit einer politischen Botschaft. Vor Journalisten sprach er davon, ein "politischer Soldat" zu sein, der weiterhin seinen "Fraktionen" diene.
Über dem rechten Ohr war ein rasiertes Z auf seinem ansonsten kahlen Kopf zu sehen, das auf seine Unterstützung für Russlands Kriegsführung in der Ukraine hindeutete. Erfreut dürfte sein Verteidiger Øystein Storrvik über all diese Gesten und Botschaften nicht sein. "Wir als Verteidiger empfehlen allen Klienten, Respekt vor dem Gericht zu zeigen, und das bedeutet, dass wir von jedem Gebrauch von Symbolen abraten. Aber wir sind nicht diejenigen, die entscheiden", sagte er der Zeitung "Verdens Gang" zufolge in einer Verhandlungspause.
In seiner nicht öffentlich übertragenen Erklärung distanzierte sich Breivik später aber auch von seinen Taten. Seit 13 Jahren sei er nicht mehr militant, er sei damals Opfer von Radikalisierung geworden, wurde er von dem Rundfunksender NRK zitiert. Er entschuldige sich bei allen Betroffenen und bitte um Vergebung. Ob dahinter wirkliche Reue steckte, ist fraglich. Später sagte er nach NRK-Angaben jedenfalls: "Der 22. Juli war notwendig." Und: Er sei weiterhin ein Teil der extremen Rechten.
Breiviks erster Antrag scheiterte
Breivik hatte am 22. Juli 2011 die schlimmsten Gewalttaten der norwegischen Nachkriegszeit verübt. Bei seinen Taten im Osloer Regierungsviertel und unter überwiegend jungen Menschen auf der Insel Utøya tötete er damals insgesamt 77 Menschen. Dafür war er 2012 zu 21 Jahren Sicherheitsverwahrung mit einer Mindestdauer von zehn Jahren verurteilt worden.
Seit Ablauf der Mindestdauer darf er in regelmäßigen Abständen die gerichtliche Prüfung beantragen, ob er vorzeitig freigelassen werden kann. Sein erster Versuch scheiterte Anfang 2022, auch diesmal werden ihm nur geringe Chancen eingeräumt. Wann ein Urteil gesprochen wird, ist noch unklar.
Quelle: ntv.de, Steffen Trumpf, dpa