Faeser will "an Gesetz gehen" Amoklauf heizt Debatte über Waffengesetz an
10.03.2023, 21:35 UhrDer Täter von Hamburg war legal im Besitz einer Waffe. Mit ihr richtete er in einem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas eine Bluttat an. Bundesinnenministerin Faeser stellt das deutsche Waffenrecht angesichts des verheerenden Amoklaufs auf den Prüfstand. Die Grünen machen Druck.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will nach der Amoktat von Hamburg den Entwurf zur Änderung des Waffengesetzes noch einmal prüfen. Man müsse sicherlich noch mal "an das Gesetz gehen und schauen", ob es noch Lücken gebe, sagte sie den ARD-"Tagesthemen". Im Waffengesetz solle beim Antrag auf eine Waffenbesitzkarte künftig überprüft werden, "ob jemand psychologisch geeignet ist". Dazu brauche man mit den Gesundheitsbehörden eine Überprüfung, so Faeser. "Wir wollen vor allen Dingen eine bessere Vernetzung zwischen den Behörden." Das sei zum Beispiel bei einem Wohnortwechsel wichtig.
Bei der ersten Erteilung einer solchen Karte solle es ein ärztliches Attest geben. Alle Sportschützen in Deutschland ohne Hinweise regelmäßig zu untersuchen, wäre aus Faesers Sicht aber sehr schwierig. "Es sollte natürlich in Maßnahmen auch verhältnismäßig sein." Die furchtbare Tat in Hamburg zeige aber, wie notwendig Änderungen im Waffengesetz seien.
Am Donnerstagabend hatte der 35 Jahre alte Philipp F. im Hamburger Norden in einem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas sieben Menschen und sich selbst erschossen. Bei den Schüssen hat es neben den Todesopfern auch acht Verletzte gegeben, vier von ihnen schwer. Seit dem 12. Dezember 2022 hatte sich F. im legalen Besitz einer halbautomatischen Waffe befunden. Es handelt sich auch um die Tatwaffe.
Eine Reform des Waffenrechts von Faeser scheiterte bislang unter anderem am Widerstand der FDP. Nach der Amoktat macht nun der zweite Ampel-Koalitionspartner, die Grünen, Druck. "Die schreckliche Amoktat verdeutlicht auf grausame Art das große Sicherheitsrisiko, das von Schusswaffen ausgeht", sagte Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich dem Nachrichtenportal "t-online.de". "Es ist klar, dass weniger private Waffen für die öffentliche Sicherheit besser sind als mehr."
Die angedachte Waffenrechtsreform müsse die Themen Eignung und Zuverlässigkeit besonders in den Blick nehmen und dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden, so Emmerich. "Wir fordern schon lange, dass für den Erhalt der Waffenerlaubnis fachpsychologische Gutachten für alle vorausgesetzt werden müssen und nicht nur für Personen bis 25 Jahren wie bisher."
Anonymer Hinweis hatte keine Konsequenzen
Angesichts erster Ermittlungsergebnisse zur Amoktat in Hamburg hinterfragen die Grünen jedoch auch, ob die Behörden Philipp F. die Waffenbesitzkarte nicht ohnehin hätten entziehen müssen. "Es stellen sich noch Fragen dazu, welche Informationen in welchen Behörden vorhanden waren und geteilt wurden und wie konsequent dem anonymen Hinweis nachgegangen wurde", sagte Grünen-Innenexperte Emmerich. "Womöglich hätte eine intensive Internet-Recherche gereicht, um an Informationen zu kommen, die einen Waffenentzug ermöglicht hätten."
Die Waffenbehörde hatte nach Angaben des Hamburger Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer im Januar einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. erhalten. Der unbekannte Schreiber habe das Ziel verfolgt, dass das Verhalten und die waffenrechtlichen Vorschriften in Bezug auf Philipp F. überprüft werden. Die unbekannte Person habe ferner geschrieben, dass die psychische Erkrankung von F. möglicherweise ärztlich nicht diagnostiziert sei, da sich F. nicht in ärztliche Behandlung begebe. F. habe laut dem Schreiben eine besondere Wut auf religiöse Anhänger, besonders gegen die Zeugen Jehovas und auf seinen ehemaligen Arbeitgeber gehegt, sagte Meyer.
Die Beamten der Waffenbehörde hätten nach dem Hinweis weiter recherchiert. Anfang Februar wurde F. von zwei Beamten der Waffenbehörde unangekündigt aufgesucht. Dies sei eine Standardkontrolle gewesen, die nach einem anonymen Hinweis erfolgt. F. habe sich kooperativ gezeigt, sagte Meyer. Es habe keine relevanten Beanstandungen gegeben. Die rechtlichen Möglichkeiten seien damit ausgeschöpft gewesen.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa