Politik

Lambsdorff kritisiert Lambrecht Bei schweren Waffen "geht noch was"

Die Ampelkoalition ist uneins über die Möglichkeiten, Waffen an die Ukraine zu liefern. Verteidigungsministerin Lambrecht sagt, Deutschland selbst könne keine Waffen mehr entbehren. FDP-Außenexperte Lambsdorff widerspricht.

Während Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht darauf beharrt, dass die Bundeswehr selbst keine schweren Waffen an die Ukraine liefern kann, sieht der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff durchaus noch Spielraum.

"Frau Lambrecht hat natürlich recht, wenn sie als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt darauf achtet, dass die Bundeswehr verteidigungsfähig bleibt", räumte Lambsdorff im "Frühstart" bei ntv ein. Wenn man nur über die Bestände der Bundeswehr reden würde, dann wären diese Forderungen "relativ schnell erledigt", da die Bundeswehr von der Union "einfach kaputtgespart" worden sei, sagte Lambsdorff. Mit Blick auf den Zustand der Bundeswehr fügte er hinzu, darüber sei er "nachhaltig und dauerhaft erschüttert".

"Wir haben eine leistungsfähige Rüstungsindustrie"

Dennoch sieht der FDP-Außenexperte die Bundesrepublik nicht am Ende ihrer Möglichkeiten. "Wir haben ja nicht nur die Bestände der Bundeswehr, wir haben auch eine leistungsfähige Rüstungsindustrie, und die hat zum Teil Gerät bei sich auf dem Hof stehen." Hier gehe es unter anderem um Bergepanzer, Brückenpanzer oder Schützenpanzer mit und ohne Bewaffnung. "Mit anderen Worten: Es gibt schon Möglichkeiten aus Deutschland zu liefern, ohne an die Bestände der Bundeswehr ranzugehen." Weiter sagte Lambsdorff: "Da geht noch was und das muss auch gemacht werden."

Lambrecht hatte zuvor bei ntv gesagt, da Deutschland selbst keine Waffen liefern könne, erfolge ein Ringtausch mit Partnern aus der EU und der NATO. "Da geht es um Panzer, da geht es um Schützenpanzer, da geht es um unterschiedliche Möglichkeiten, die einzelne Länder abzugeben haben", so die SPD-Politikerin. "Es geht um die nächsten Tage. Alle Militärexperten sind sich sicher, dass die nächsten zwei Wochen entscheidende Wochen sind im Kampf der Ukraine gegen Russland, und diesen Kampf müssen wir unterstützen, damit da bestanden werden kann, und deswegen geht es auch sehr schnell."

"Man wird die Ministerin an ihrer Aussage messen"

Lambsdorff sagte dazu: "Wenn sie das sagt, dann ist sie sich als zuständige Ministerin sicherlich auch der Tatsache bewusst, dass man sie an so einer Aussage messen wird." Druck machte auch der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "Die Notwendigkeit von Waffenlieferungen an die Ukraine ist nicht nur gegeben, sondern auch dringlich", sagte er der "Rheinischen Post". Habeck stellte sich aber klar hinter den Kurs der Bundesregierung, an dem es seit Tagen deutliche Kritik von Grünen und aus der FDP gibt.

Zur Wahrheit gehöre auch, dass so eine Form des Ringtausches in der Vergangenheit bereits passiert sei. Die Slowakei habe ein Waffensystem in die Ukraine geliefert und Deutschland habe dieses System durch eine deutsche "Patriot-Batterie" ersetzt, so Lambsdorff.

Ringtausch mit Slowenien

Beim aktuellen Ringtausch soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Slowenien eine größere Stückzahl seiner T-72-Kampfpanzer an die Ukraine abgeben. Das noch aus der Sowjetzeit stammende Waffensystem T-72 wird vom ukrainischen Heer bereits eingesetzt und erfordert keine umfangreiche Zusatzausbildung. Als Ersatz soll Slowenien aus Deutschland den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten. "Wo kommen denn plötzlich die Marder her?", fragte der Sicherheitsexperte Carlo Masala mit Blick auf ältere Meldungen, nach denen der Schützenpanzer so schnell nicht für die Ukraine verfügbar sei.

Nach Informationen der dpa aus Regierungskreisen hat Slowenien als Kompensation auch moderneres Gerät aus Deutschland angefordert, darunter den deutschen Kampfpanzer Leopard 2, den Radpanzer Boxer sowie den Schützenpanzer Puma, der in der Bundeswehr als Nachfolger des seit 50 Jahren genutzten Marder eingeführt wird.

Wer ist für den Zustand der Bundeswehr verantwortlich?

Lambrecht bestätigte im "Frühstart" von ntv, dass Deutschland ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausbilden werde. "Weil wir das Knowhow haben, um daran auszubilden. Das ist eine Möglichkeit, um auch diesen Support zu leisten", sagte sie. Berichten zufolge soll die Panzerhaubitze 2000 von den Niederlanden an die Ukraine geliefert werden. Deutschland könne dies nicht tun, da die "Bundeswehr nicht so ausgestattet" sei, sagte Lambrecht: "Aber da, wo wir Ausbildung leisten können, werden wir das tun."

Für den Zustand der Bundeswehr machte die Verteidigungsministerin ihre Vorgänger von der Union verantwortlich. "Wenn 16 Jahre dieses Ministerium von CDU/CSU regiert wurde, dann muss man die Frage stellen: Wer hat denn die Verantwortung dafür, dass die Bundeswehr so aufgestellt ist?" Die Union dagegen sieht die Schuld vor allem bei der SPD. "Natürlich hat die Bundeswehr einen erheblichen Ausrüstungsrückstand und Mängel beim Bestand", sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul im Interview mit ntv.de. "Hierfür ist allerdings im Wesentlichen die SPD verantwortlich, die in den vergangenen Jahren immer verhindert hat, dass der Verteidigungsetat deutlicher und schneller aufwächst."

Quelle: ntv.de, psa/hvo/dpa

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