Habeck über Zollstreit mit China "Dann hauen wir uns auf die Mütze, das wäre ja schlecht"
21.06.2024, 05:07 Uhr Artikel anhören
Vor seinem Flug von Seoul nach Peking bremst Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Erwartungen an eine Lösung des Zollstreits zwischen EU und China. Er wolle den Konflikt nicht eskalieren lassen. Eine schnelle Beilegung sei indes nicht zu erwarten.
Im Zollstreit zwischen der EU und China hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Erwartungen an seine Regierungsgespräche in Peking gebremst. "Dass jetzt in China, während ich da bin, der Konflikt beigelegt wird, das ist auszuschließen", sagte Habeck vor seinem Abflug aus Südkorea. "Ich kann auch gar nicht für die EU verhandeln", so Habeck weiter. Er wolle einen "Beitrag leisten" zur Eröffnung von Verhandlungen. "Die Vorzeichen sind jetzt allerdings eher anspruchsvoll."
Habeck will demnach Möglichkeiten zur Lösung konkreter Probleme ausloten und auch Gesprächsformate prüfen. Es gehe darum, "nun die Chinesen zu ermutigen, miteinander zu reden, also nicht einfach laufen zu lassen, eskalieren zu lassen". Er habe sich vorgenommen, "nicht einfach zu sagen, jetzt geht's den Bach runter und dann hauen wir uns auf die Mütze, das wäre ja schlecht".
Vorwurf massiver Subventionen
Die EU-Kommission hat Ausgleichszölle auf den Import chinesischer Elektro-Pkw beschlossen, die im November in Kraft treten sollen. Bis dahin hat die chinesische Seite Gelegenheit, den Vorwurf massiver staatlicher Subventionen für die eigenen Autobauer auszuräumen oder diese zumindest abzustellen. Chinesische E-Autos werden in Europa deutlich günstiger angeboten als jene heimischer Anbieter.
In einer eigens eingeleiteten Untersuchung war die EU-Kommission zu dem Schluss gekommen, dass China die Produktion auf verschiedenen Ebenen finanziell direkt bezuschusst. Zudem haben Hersteller wie BYD massive Überkapazitäten aufgebaut, die sie nun in den europäische Markt drücken. Die Ausgleichszölle sind auch in Europa nicht unumstritten. Europa will die hiesige Autoflotte schnellstmöglich elektrifizieren, um den massiven CO2-Ausstoß im Verkehrssektor zu senken. Europäische Hersteller haben bislang aber kaum erschwingliche Modelle und nur wenige elektrische Kleinwagen im Programm.
In einer ersten Reaktion hatte China die Anschuldigungen aus Brüssel scharf zurückgewiesen und kurz darauf höhere Zölle für europäisches Schweinefleisch angekündigt. Angesichts einer ohnehin darbenden Konjunktur kursiert in vielen Branchen der deutschen Wirtschaft die Sorge vor einem Handelskrieg, in dem eine Spirale gegenseitiger Strafzölle den Handel erschwert. China ist zusammen mit den USA der wichtigste Handelspartner Deutschlands außerhalb der EU, wobei die USA vor allem wegen ihrer Energieexporte auf ein vergleichbares Handelsvolumen kommen.
Habeck trifft drei Regierungsvertreter
"Das Verhältnis zwischen China und der EU hat sich in den letzten Jahren, und das ist die höfliche Formulierung, immer komplexer dargestellt", sagte Habeck. "Deutschland ist als größtes Land und als größtes Autoland in Europa sicherlich in einer besonderen Position." Er habe sich vor seiner Abreise mit EU-Handelskommissar Vladis Dombrovskis abgesprochen, so der Grünen-Politiker.
In Peking wird Habeck am Freitagnachmittag (Ortszeit) von Handelsminister Wang Wentao und von Industrieminister Jin Zhuanglong empfangen. Zudem erwartet ihn der Vorsitzende der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), Zheng Shanjie. Die NDRC ist eine zentrale Planungskommission, die Schwerpunkte und Ziele zur Entwicklung der chinesischen Wirtschaft festlegt.
Habeck wird von mehreren Vertretern aus Unternehmen des deutschen Mittelstands begleitet. Die Chefs der großen Konzerne waren im April zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz nach China geflogen. Die Bundesregierung sucht nach einem Mittelweg, einen fairen und rechtssicheren Handel mit China zu fördern, zugleich aber die Abhängigkeit Deutschlands von China als Absatzmarkt, Produktionsstandort und Rohstoffquelle zu minimieren.
Quelle: ntv.de