Nach Suizid von Al-Bakr De Maizière dringt auf schnelle Aufklärung
13.10.2016, 10:45 Uhr
Politiker aller Parteien sprechen nach dem Selbstmord Jaber al-Bakrs von einem "Fiasko" der sächsischen Justiz - auch Innenminister Thomas de Maizière fordert Aufklärung. Aus den Reihen der Linken werden gar erste Rücktrittsforderungen laut.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat eine schnelle und umfassende Aufklärung des Todes des Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr in einer Gefängniszelle gefordert. Was in der Nacht in Leipzig passiert sei, verlange danach, sagte der CDU-Politiker dem ZDF. Auch Innenpolitiker des Bundestags drangen auf eine schonungslose Fehleranalyse der Behörden. Man müsse jetzt genau schauen, wer die Verantwortung für dieses "Fiasko" der sächsischen Justiz trage, sagte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz im Deutschlandfunk.
Der Bundesinnenminister sagte, die Ermittlungen zu dem mutmaßlich durch den anerkannten Flüchtling geplanten Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen würden dadurch erschwert. Linken-Chefin Katja Kipping forderte sogar den Rücktritt des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow. "Die sächsische Justiz ist eine Schande für jeden Rechtsstaat", sagte Kipping in Berlin. "Der Suizid des wegen Terrorverdachts festgenommenen 22-jährigen Syrers ist ein Skandal, der nicht ohne Folgen bleiben darf." Justizminister Gemkow stehe jetzt in der Verantwortung.
CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sprach nach dem Suizid von einer "Tragödie". Da Al-Bakr ja wohl bereit gewesen sei auszusagen, verliere man "eine wichtige Informationsquelle". Es gebe viele offene Fragen, "um die Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten". Die Verantwortlichen in Sachsen müssten nun Fehler eingestehen. Er gehe aber davon aus, dass es am Ende wieder heißen werde, man habe alles richtig gemacht. Notz sagte, in der kommenden Woche werde sich auch der Innenausschuss des Bundestages mit den Hintergründen des Falles befassen.
Haftumstände "erregten Besorgnis"
Al-Bakrs Verteidiger, der Dresdner Rechtsanwalt Alexander Hübner, sagte "Focus-Online", der Justizvollzugsanstalt Leipzig sei das Suizid-Risiko des Mannes bekannt gewesen. Al-Bakr habe in der Zelle zuvor bereits Lampen zerschlagen und an Steckdosen manipuliert. Die Umstände der Haft seien besorgniserregend gewesen, sagte Hübner am Morgen im Deutschlandfunk. "Ich spreche nur mal den Hungerstreik an und auch das Verweigern von Flüssigkeiten. Das ist ja schon was, dass sich jemand wohl offensichtlich selbst schädigen will."
Al-Bakr war am Montag in Leipzig festgenommen worden. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte er einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet. Der Anschlag wäre binnen Tagen möglich gewesen, sagte Behördenpräsident Hans-Georg Maaßen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Drei syrische Landsleute hatten Al-Bakr am Montag erkannt, überwältigt und der Polizei in Leipzig gefesselt übergeben.
Bundesanwaltschaft ermittelt weiter
In seinen Vernehmungen bezichtigte Al-Bakr offenbar die drei Syrer der Mitwisserschaft. Inwieweit diese Aussage von den Ermittlern als glaubhaft eingestuft wird, ist unklar. Am Samstag war ein erster Versuch der Polizei, Al-Bakr in Chemnitz festzunehmen, gescheitert. In der Wohnung dort fand die Polizei 1,5 Kilogramm des hochgefährlichen Sprengstoffs TATP. Der Wohnungsmieter wurde als mutmaßlicher Komplize verhaftet.
Derweil gehen die Ermittlungen in dem Fall laut Bundesanwaltschaft auch nach dem Tod von al-Bakr weiter. Das Verfahren gegen den 22-Jährigen selbst habe sich zwar erledigt, sagte der Sprecher der Behörde, Stefan Biehl, in Karlsruhe. Die Ermittlungen zu dem geplanten Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen würden jedoch in gleicher Intensität weitergeführt, um die Hintergründe aufzuklären.
Quelle: ntv.de, jug/dpa