Kämpfe in Saporischschja Detonationen bei Atomkraftwerk schrecken Aufseher auf
28.02.2023, 19:17 Uhr
Saporischschja ist von russischen Truppen besetzt.
(Foto: picture alliance/dpa/XinHua)
In der Nähe von Europas größtem Kernkraftwerk gibt es erneut Kämpfe. Die anwesenden Experten der Internationalen Atomenergiebehörde sind besorgt, zeitweise muss die Stromversorgung abgeschaltet werden. Die Situation soll weiterhin fragil sein.
Artilleriefeuer in der Nähe des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja und der vorübergehende Ausfall der einzigen verbleibenden Notstromleitung haben erneut die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) alarmiert. Die IAEA-Experten, die seit Anfang Januar vor Ort sind, berichteten, dass Sonntagnachmittag rund 20 Detonationen zu hören gewesen seien. Und das offenbar in der Nähe der Anlage, die an der Frontlinie eines aktiven Kampfgebiets liegt und von russischen Treppen besetzt wurde.
In den letzten Wochen sei eine zunehmende Sicherheitspräsenz auf dem Gelände zu verzeichnen gewesen. "Dies ist ein besorgniserregender Trend, der die Dringlichkeit und Bedeutung der Einrichtung einer nuklearen Sicherheits- und Schutzzone im Kernkraftwerk Saporischschja zeigt", sagte Generaldirektor Grossi. Er wolle seine Bemühungen darum weiter fortsetzen.
Die Notstromleitung der Anlage wurde laut Mitteilung der IAEA am frühen Samstag nach den Geräuschen von militärischen Aktivitäten in der Ferne abgeschaltet, dann kurz wiederhergestellt, ging aber am selben Morgen wieder verloren, teilte das IAEA-Team mit. Die Stromleitung wurde dann am Sonntagnachmittag wieder angeschlossen. Laut Generaldirektor Grossi sei das eine weitere Erinnerung an die fragile externe Stromversorgungssituation.
Notstromdiesel als letzte Rettung
Die Versorgung mit Strom ist für ein Kernkraftwerk essenziell, unter anderem für die Kühlung des nuklearen Materials. In der Vergangenheit mussten bereits Notstromaggregate in Saporischschja aushelfen, weil das Kraftwerk von der externen Stromversorgung abgeschnitten wurde.
Expertin Anna Veronika Wendland sagte einst im Interview mit ntv.de: "Das schlimmste Szenario, das realistisch erscheint, ist die Abschneidung von der Stromversorgung. Wenn dann auch noch alle drei Notstromdiesel eines Blocks versagen würden und die Aggregate der Nachbarblöcke nicht aushelfen könnten, oder wenn den Notstromdieseln der Treibstoff ausginge, hätten wir am Ende dieser Ereigniskette ein Szenario wie in Fukushima. In Fukushima fiel die Notstromversorgung aus, weil Dieselgeneratoren und Schaltanlagen von einem Tsunami überflutet wurden. Es kam zu einem totalen Stromausfall, und die Anlagen konnten nicht mehr gekühlt werden. Wenn also am Ende alles versagt, haben wir einen Fukushima-Fall."
Aktuell überprüfen fünf Teams der IAEA in den ukrainischen Kernkraftwerken die Sicherheitslage. Saporischschja ist das größte Kernkraftwerk in ganz Europa, sein Gelände wurde seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022 schon mehrfach getroffen.
Quelle: ntv.de, rog