"Besorgniserregender Trend" Deutschland fällt im Korruptionsindex zurück
11.02.2025, 09:22 Uhr Artikel anhören
"Insbesondere da, wo dringende Aufgaben erledigt werden müssen, fehlt es oftmals auch an der Kontrolle", moniert Transparency.
(Foto: IMAGO/Ulrich Roth)
Im weltweiten Vergleich steht Deutschland in Sachen Korruption gut da. Doch es werden einige Platzierungen im Index von Transparency eingebüßt, weil zu wenig getan wird, um dem Problem Herr zu werden. Und die Organisation nennt zwei weitere wesentliche Probleme.
Deutschland hat sich im jährlichen Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International im internationalen Vergleich verschlechtert. In ihrem Länder-Ranking zur Korruptionswahrnehmung verzeichnete die Nichtregierungsorganisation die Bundesrepublik auf Platz 15 von 180 erfassten Ländern. Im vergangenen Jahr hatte Deutschland auf Platz 12 besser abgeschnitten. Spitzenreiter als Land mit der geringsten Korruption ist zum siebten Mal in Folge Dänemark.
"In Deutschland geht es nicht voran mit der Korruptionsbekämpfung", sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog. Gerade im europäischen Vergleich gerate Deutschland ins Hintertreffen. Dies sei ein "besorgniserregender Trend". Als wichtigste Gründe nannte Herzog Schwächen bei der Regulierung der Parteienfinanzierung und bei den gesetzlichen Regelungen zur Informationsfreiheit.
"Zweifelhafte Wege der Parteienfinanzierung mit unklarer externer Unterstützung, etwa bei der AfD oder auch beim BSW, nehmen derzeit eklatant zu", erklärte Transparency Deutschland. "Unzureichende Transparenz und unkontrollierte Großspenden - teils aus dem Ausland - gefährden einen fairen politischen Wettbewerb und untergraben das Vertrauen der Bürger:innen in die Demokratie." Als Beispiel nannte Herzog eine Millionenspende an die AfD aus Österreich.
Das klappt gut - und das nicht
Außerdem fordert die Organisation in der kommenden Legislaturperiode die Einführung eines Transparenzgesetzes. "Ein modernes Transparenzgesetz trägt nicht nur dazu bei, Korruption vorzubeugen, es fördert auch die Bürgerbeteiligung und erhöht die Effizienz von Verwaltungsprozessen", teilte Herzog mit.
Ein Fortschritt im vergangenen Jahr sei die Reform des Lobbyregistergesetzes gewesen. Dennoch fehle für mehr Transparenz ein sogenannter Lobby-Fußabdruck, der im Gesetzgebungsverfahren verpflichtend offenlegt, wie und wo Forderungen von Lobbyisten berücksichtigt wurden.
Auf den obersten Rängen des Rankings sind Länder aus Nord- und Mitteleuropa besonders stark vertreten. Auf das erstplatzierte Dänemark folgen Finnland, Singapur, Neuseeland, Luxemburg, Norwegen, die Schweiz, Schweden, Niederlande, Australien, Island, Irland, Estland, Uruguay, Kanada und Deutschland. Am Ende stehen Länder, die von einem Zerfall der staatlichen Institutionen, von Krieg und Konflikten geprägt sind. Schlusslicht ist Südsudan auf Platz 180, davor liegen Somalia, Venezuela, Syrien, Jemen, Libyen, Eritrea und Äquatorialguinea.
Korruption in Ungarn "breitet sich rasch aus"
"Demokratien schneiden im Korruptionswahrnehmungsindex deutlich besser ab", sagte Herzog. Sie erzielen im Schnitt 73 Punkte. Auf der Skala von Transparency bedeutet ein Wert von 100 Punkten keine wahrnehmbare Korruption und 0 Punkte bedeuten ein hohes Maß an Korruption. Länder mit autoritärer Regierung kommen im Schnitt nur auf 29 Punkte.
Den schwächsten Wert unter den europäischen Ländern erreicht Ungarn, das auf Platz 82 der Liste liegt - und damit noch hinter Ländern wie China, Ghana und Elfenbeinküste. Die schlechte Platzierung Ungarns zeige, "dass sich da, wo Medienfreiheit und Rechtsstaat beschnitten werden, Korruption rasch ausbreitet", sagte Herzog.
Der regionale Durchschnitt der EU-Länder und Westeuropas ist im Transparency-Ranking im zweiten Jahr in Folge gesunken und beträgt nun 64 von 100 Punkten. Von den 31 bewerteten Ländern in der Region Westeuropa/EU hätten sich nur sechs verbessert, während sich 19 verschlechtert haben.
"Wo Milliarden fließen, gibt es ein hohes Maß an Korruption"
Ein Schwerpunkt des Transparency-Jahresberichts liegt auf dem Zusammenhang zwischen Korruption und Klimakrise. Die Vizevorsitzende von Transparency Deutschland, Margarete Bause, warnte davor, "dass Unternehmen mit fossilen Geschäftsmodellen - etwa Öl- oder Gaskonzerne - und ihre gut vernetzten Lobbygruppen aktiv klimapolitische Maßnahmen behindern und abschwächen". Hier müsse auch Deutschland "seine Hausaufgaben machen", sagte Bause. "So ist der Einfluss der fossilen Lobby auf die Politik hier besonders stark, wie sich exemplarisch bei der Durchsetzung der Nord-Stream-Pipelines oder beim Einsatz für den Verbrennermotor für die deutsche Automobilindustrie zeigt."
Auch kämen Fördergelder nicht da an, wo sie besonders gebraucht werden. "Wo Milliarden fließen, dort gibt es auch ein hohes Maß an Korruption", so Bause. "Insbesondere da, wo dringende Aufgaben erledigt werden müssen, fehlt es oftmals auch an der Kontrolle."
Der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er umfasst 180 Staaten und Gebiete. Transparency vergleicht international die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor. Ausgewertet werden für den Index Daten von zwölf unabhängigen Institutionen, die sich auf die Analyse von Regierungsführung und Wirtschaftsklima spezialisiert haben, darunter die Bertelsmann-Stiftung und das World Economic Forum. Steuerbetrug, Geldwäsche oder illegale Finanzströme im privaten Sektor werden nicht erfasst.
Quelle: ntv.de, mpa/dpa/AFP