Kehrtwende des 60-Jährigen Farage nimmt doch Anlauf aufs Unterhaus - zum achten Mal
03.06.2024, 19:07 Uhr Artikel anhören
Farage hat seine Meinung geändert und will nun doch ins britische Unterhaus.
(Foto: REUTERS)
Er ist einer der einflussreichsten britischen Politiker - dabei saß Nigel Farage noch nie im Unterhaus und hat auch sonst kein Amt. Das soll sich ändern. Zwei Wochen nach seiner Absage an eine Kandidatur versucht der 60-Jährige nun doch ins Parlament einzuziehen. Außerdem will er Chef seiner Partei werden.
Der rechtspopulistische Politiker Nigel Farage will bei der anstehenden Parlamentswahl in Großbritannien nun doch für seine Partei Reform UK antreten. Zudem soll er Parteichef werden - bislang ist er nur Ehrenpräsident. Vor zwei Wochen hatte er noch angekündigt, bei der Wahl am 4. Juli nicht kandidieren zu wollen. "Ich habe meine Meinung geändert", sagte er. Farage hatte den Brexit maßgeblich vorangetrieben. Bislang ist er bei sieben Versuchen, als Abgeordneter ins Parlament in London einzuziehen, gescheitert.
Der 60-Jährige will im Wahlkreis Clacton in Ostengland antreten. Vor zwei Wochen hatte er noch gesagt, dafür sei nicht der richtige Zeitpunkt, er wolle sich auch im US-Wahlkampf engagieren. Nun verkündete Farage eine Kehrtwende. Er griff die regierenden konservativen Tories an, die in Umfragen derzeit deutlich hinter den Sozialdemokraten von Labour liegen. Farage sagte, er wolle eine "politische Revolte".
Farage ist einer der einflussreichsten Politiker in Großbritannien, obwohl er nie ein Mandat für das Parlament in Westminster erringen konnte. Er saß jedoch mehr als zwei Jahrzehnte als Abgeordneter im Europaparlament. Früher war er Chef der Partei Ukip sowie der Brexit-Partei, die 2021 in Reform UK umbenannt wurde.
Mit seiner Kampagne zum EU-Austritt Großbritanniens trieb Farage die damalige konservative Regierung von David Cameron vor sich her. Daher wird ihm zugeschrieben, das Brexit-Referendum im Jahr 2016 maßgeblich mit herbeigeführt zu haben. Farage unterstützt in seinen Aussagen auch regelmäßig den früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Tories droht verheerende Niederlage
Premierminister Rishi Sunak hatte vergangene Woche überraschend den 4. Juli als Wahltermin ausgerufen. Eigentlich wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt mit der Wahl gerechnet. Sunak und seine Konservative Partei stehen unter Druck. In Umfragen liegen sie klar hinter Labour. Neben der Wirtschaftslage dürfte der Streit um die Einwanderungspolitik den Wahlkampf wesentlich mitbestimmen. Beide Themen waren auch wesentliche Triebfedern der unter anderem von Farage maßgeblich vorangetriebenen Kampagne zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union.
In einer Umfrage des Instituts Survation unter 1000 Erwachsenen unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahltermins lag die Regierungspartei mit 27 Prozentpunkten abgeschlagen hinter der oppositionellen Labour-Partei, die mit 48 Punkten den höchsten Wert seit November 2022 erreichen konnten. Die Umfrage ergab zudem, dass 43 Prozent der Befragten Labour-Chef Keir Starmer für einen besseren Premierminister als Sunak hielten. In einer Erhebung ein paar Tage später kam Reform UK auf 8 Prozent der Stimmen. Die Conservatives fielen sogar auf 24 Prozent zurück.
Die Tories sind seit 2010 in Großbritannien an der Macht, liegen aber geschwächt durch den Brexit, eine Reihe von Skandalen und ideologische Grabenkämpfe in den Meinungsumfragen seit zwei Jahren beständig hinter Labour. Für den 44-jährigen Premierminister ist die Wahl im Juli der erste nationale Test, nachdem er im Oktober 2022 von den Tories zum Parteichef ernannt worden war.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/AFP