Politik

Spürbares soziales Signal IG-Metall-Chef fordert Preisdeckel für Gas und Strom

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Die Energierechnungen dürften deutlich steigen.

(Foto: picture alliance / imageBROKER)

Die steigenden Energiepreise könnten den sozialen Zusammenhalt in Deutschland stören. Menschen haben nicht die Möglichkeit, die Preissteigerungen weiterzugeben wie Unternehmen, betont IG-Metall-Chef Hoffmann. Die Forderungen nach mehr finanzieller Unterstützung werden lauter.

In der Debatte um eine Abmilderung der hohen Preise für Energie und Lebensmittel hat die Gewerkschaft IG Metall einen Preisdeckel für Gas und Strom gefordert. Der Erste Vorsitzende Jörg Hofmann sprach sich zudem für eine zweite Energiepreispauschale aus. Sie müsse neben Beschäftigten auch Rentnerinnen und Rentnern sowie Studierenden helfen.

Die Bundesregierung müsse jetzt spürbare soziale Signale senden, sagte Hofmann der Deutschen Presse-Agentur. "Ohne bezahlbare Energiekosten besteht die Gefahr, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt bricht." Die Menschen könnten im Gegensatz zu vielen Unternehmen die massiven Preissteigerungen nicht weitergeben, sagte Hofmann. "Gleichzeitig müssen sie erleben, wie Steuermilliarden etwa Energiekonzerne subventionieren sollen."

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem neuen Entlastungspaket. Aus Sicht der SPD soll es vor allem Menschen und Familien mit geringem und mittlerem Einkommen sowie Rentner unterstützen. Mitte September findet das nächste Treffen der konzertierten Aktion von Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Arbeitgebern und Gewerkschaften statt. Der SPD-Politiker hatte die Runde wegen der hohen Inflation ins Leben gerufen.

Brandbrief an Habeck

Die stark gestiegenen Energiepreise würden gerade die weniger zahlungsstarken Bevölkerungskreise "massiv überfordern", schreiben auch der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, der Bundesverband der Verbraucherzentralen VZBV und der Stadtwerkeverband VKU in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "Eine Überlastung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in unserem Land muss unbedingt vermieden werden", heißt es darin. Die geplante, temporäre Einführung des ermäßigten Steuersatzes auf Gaslieferungen sei ein richtiger erster Schritt, der mit weiteren Maßnahmen flankiert werden müsse.

Die Verbände schlagen "sehr kurzfristig" Entlastungen zur Begrenzung von (Miet-)Nebenkosten vor sowie eine pauschalierte und sozial gestaffelte Energiehilfe für einkommensschwächere Haushalte unabhängig von ihrer Wohnform. Für betroffene Unternehmen müsse es zusätzliche Liquiditätshilfen und einen Insolvenzschutz geben.

"In die Verbraucherzentralen kommen zunehmend Menschen, die verzweifelt sind, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können", so VZBV-Vorständin Ramona Pop. "Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung ein weiteres Hilfspaket verabschiedet, insbesondere um zielgerichtet die privaten Haushalte mit geringem Einkommen zu unterstützen."Steigende Energiepreise sollten zum Energiesparen anreizen, so VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. "Allerdings überreizen die derzeitigen Preise, der Umfang und Zeitpunkt der neuen Belastungen die finanziellen Möglichkeiten zahlreicher Verbraucherinnen und Verbraucher." Es brauche schnell spürbare Entlastungen für untere und mittlere Einkommensgruppen bis weit in die Mitte der Gesellschaft.

Weitere Energiepauschale im Gespräch

SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich dafür aus, Krisengewinne von Konzernen an Menschen mit kleinem Einkommen weiterzugeben. "Zufallsgewinne von großen Unternehmen können wir an die Menschen mit 1500, 2000 oder 3000 Euro Einkommen umverteilen", sagte Klingbeil der Funke Mediengruppe. "Das ist auch eine Frage des sozialen Zusammenhalts in unserer Gesellschaft. Alle müssen ihren Anteil leisten, damit wir gut durch diese herausfordernde Zeit kommen." Beim Wahlkampfauftakt der niedersächsischen SPD hatte Klingbeil sich für die Einführung einer begrenzten Übergewinnsteuer ausgesprochen. Er habe Finanzminister Christian Lindner von der FDP in den Koalitionsverhandlungen als jemanden kennengelernt, "der doch für das ein oder andere gute Argument zugänglich ist, und darauf setze ich jetzt mal".

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte den Funke-Zeitungen, das Entlastungspaket solle "zeitnah" vorliegen. Ähnlich hatte sich zuletzt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert geäußert. FDP-Fraktionschef Christian Dürr gab sich in den Funke-Zeitungen skeptisch zu möglichen Einmalzahlungen. Wie Hofmann forderte auch der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, die Auszahlung einer neuen Energiepauschale. Diese solle 500 Euro betragen und auch an Rentnerinnen und Rentnern sowie Studierende und Leistungsempfänger gehen, sagte Werneke der "Rheinischen Post".

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Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, mahnte ein einfaches und unbürokratisches Verfahren an. "Der einfachste Weg wäre sicherlich eine zeitlich befristete Zulage nach Einkommensgrenzen und Zahl der Kinder", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Die Hälfte der deutschen Bürgerinnen und Bürger spricht sich wegen der hohen Energiepreise für Steuersenkungen als Entlastung aus. Dies geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Zeitungen der Funke Mediengruppe hervor. Laut einem Vorabbericht forderten 51 Prozent der Befragten weitere Steuersenkungen. 34 Prozent wollten eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets, 32 Prozent eine Ausweitung der Sozialleistungen. Gefragt nach der aktuell größten Sorge angesichts der steigenden Energiepreise gaben 61 Prozent der Teilnehmer an, dass sie fehlende politische Lösungen befürchteten.

Quelle: ntv.de, sba/dpa

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