"Leben deutlich härter" Experte fürchtet Rezession bei Gaslieferstopp Russlands
27.08.2022, 07:15 Uhr
Die Gasversorgung aus Russland ist inzwischen mehr als unsicher.
(Foto: dpa)
Am Mittwoch will Russland die Gaslieferungen bei Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten erneut unterbrechen. Sollte das russische Gas komplett abgedreht werden, prognostiziert RWI-Chef Schmidt für Deutschland zweistellige Inflationsraten.
Der Präsident des RWI-Leibniz-Institutes, Christoph Schmidt, geht davon aus, dass Deutschland bei einem russischen Gas-Lieferstopp in eine Rezession stürzt: "Ohne russisches Gas würde die Welt zwar nicht untergehen, doch das Leben würde deutlich härter werden", sagte Schmidt der Rheinischen Post. "Uns drohten dann deutlich zweistellige Inflationsraten und die Wirtschaftsleistung würde voraussichtlich um drei bis vier Prozent sinken. Für Deutschland wäre in einem solchen Fall im Jahr 2023 wohl eine richtige Rezession zu erwarten." Bislang rechne das Institut in seiner RWI-Prognose noch mit einem Wachstum von 2,7 Prozent.
Am Mittwoch will Russland die Gaslieferungen bei Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten erneut unterbrechen. Gazprom selbst hatte erklärt, der Betrieb solle nach der Wartung wieder im bisherigen Umfang aufgenommen werden, falls es keine technischen Probleme gebe. Gegenwärtig ist die Pipeline mit einem Gasfluss von 33 Millionen Kubikmetern pro Tag nur zu 20 Prozent ausgelastet. Auch dies hatte Gazprom mit notwendigen Wartungsarbeiten erklärt.
Inflation bis 2024
Schon jetzt rechnet der RWI-Chef mit einer lang andauernden Inflation: "In unserer RWI-Prognose vom Juni hatten wir noch einen Rückgang der Inflationsrate für 2023 auf 2,6 Prozent erwartet. Doch das wird wohl nicht zu halten sein", sagte er der Zeitung. "Das Thema Inflation wird uns sicher auch noch 2024 beschäftigen."
Der RWI-Präsident forderte die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer kräftigen Zinsanhebung im September auf. "Wenn die Bürger darauf vertrauen, dass die EZB die Inflation bekämpft, verhindert dies eine Lohn-Preis-Spirale", sagte er. In der vergangenen Sitzung hatte die EZB den Leitzins um 0,5 Prozentpunkt erhöht.
Seit Jahresbeginn haben sich die Gaspreise in Europa mehr als verdreifacht. Ein Ende ist Experten zufolge noch nicht in Sicht. Im Oktober dürften die Gaspreise einen weiteren Sprung nach oben machen, wenn in Deutschland von vielen Versorgern erstmals die Gas-Umlage erhoben werden soll.
Quelle: ntv.de, sba/DJ