Politik

Koalitionsausschuss tagtWehrdienst-Einigung wird zum Lichtblick für Krisen-Koalition

13.11.2025, 16:24 Uhr RTL01231-1Volker Petersen
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Fällt das Verbrennerverbot? Merz, Klingbeil, Söder und Bas treffen sich am Abend. (Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Mit der Einigung auf einen neuen Wehrdienst räumen Union und SPD ein Streitthema ab. Redebedarf gibt es für die Koalition dennoch. Heute Abend treffen sich Klingbeil, Bas, Söder und Merz und wollen Probleme lösen.

"Lars, wir müssen reden" - ob Bundeskanzler Friedrich Merz seinen Duz-Freund Lars Klingbeil so zum Gespräch bittet, ist unbekannt. Aber Redebedarf gibt es in jedem Fall zwischen Union und SPD, wenn sie sich an diesem Abend zum Koalitionsausschuss treffen. Im Idealfall sind diese Zusammenkünfte nüchterne Arbeitsmeetings. Man guckt, was ansteht, wo es Probleme geben könnte und wie man sie löst, bevor sie tatsächlich entstehen. Doch dieses Mal gäbe es Anlass, über das große Ganze zu sprechen.

Es läuft nicht für die Koalition. An allen Ecken und Enden quietscht und knartscht es. In der Union machen die Jungen Front gegen die Rentenreform. In der SPD machen die Jungen Front gegen die Bürgergeldreform.

Daran werden Merz, Klingbeil, Söder und Bas an diesem Abend nicht viel ändern können. Den Streit ums Rentenpaket werden sie wohl nicht klären - nicht vor dem "Deutschlandtag" der Jungen Union am Wochenende, die kaum vor ihrem großen Auftritt die Segel streichen wird. Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte, er erwarte Entscheidungen zum Industriestrompreis. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte dies gegenüber dem "Handelsblatt".

Auch ohne Verbrenner-Verbot hoher Handlungsdruck

Auch das EU-weite Verbrenner-Aus ab 2035 könnte Thema werden. CDU und CSU wollen es zumindest lockern, die SPD zögert noch. Ein Kompromiss könnte sein, Hybrid-Autos oder E-Autos mit einem "Range-Extender", einem kleinen Verbrenner, der die Reichweite erhöhen soll, noch länger zuzulassen.

Egal, was aus dem Verbrenner-Verbot wird, der Handlungsdruck für die Regierung bleibt hoch. Der Sachverständigenrat Wirtschaft hat der Regierung am Mittwoch ein ziemlich dürftiges Zeugnis ausgestellt. Laut den "Wirtschaftsweisen" passiert gerade beim Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz genau das, vor dem viele, insbesondere die Grünen, immer gewarnt haben: Das Geld wird nicht vollständig zusätzlich für Straßen, Brücken und Schienen ausgegeben.

Stattdessen wandern längst geplante Vorhaben aus dem Bundeshaushalt in das Sondervermögen - und machen dort Mittel frei für Mütterrente und Pendlerpauschale. Die Sachverständige Veronika Grimm forderte am Mittwoch, diese milliardenschweren Zusatzausgaben noch zu stoppen, "vielleicht in einem Frühling der Reformen", wie sie leicht schnippisch anmerkte. Auch eine Reihe von Industrieverbänden protestiert dagegen und klagt in einem Brandbrief über die hohen Ausgaben. Doch CSU-Chef Söder wird davon nicht abrücken - Mütterrente und Pendlerpauschale waren seine Wahlversprechen.

Die Wirtschaft in Schwung zu bringen, das war aber für Merz das wichtigste Wahlversprechen. Sogar einen Stimmungsumschwung wollte er bis zum Sommer herbeiführen. Auch mit dem "Herbst der Reformen" wird ihm das wohl nicht mehr gelingen. Darauf deutet das Trendbarometer von RTL und ntv hin. Die Unionsparteien schwächeln, ebenso die SPD und von oben grüßt die AfD. Die Menschen sind enttäuscht von Merz, der Lack der Koalition ist ab.

Zölle verkomplizieren die Lage

Dabei wird oft eines vergessen: Es ist Krise, und zwar kräftig. Wenn Russland nicht mehr günstiges Gas liefert und stattdessen Länder in Europa angreift, ist das herausfordernder als es früher war. Wenn China lieber selbst High-Tech exportiert und das billiger macht als deutsche Industrie-Dinos, lässt sich das nicht so einfach wegregieren. Wenn US-Präsident Donald Trump die Zollmauern hochzieht und mit dem Nato-Austritt droht, verkompliziert das die Lage doch sehr. Jede Regierung kann nur versuchen, das Beste daraus zu machen. Aber auch eine weniger streitende Regierung könnte daran nichts ändern.

Immerhin, es ist nicht alles schlecht. Die Asylbewerberzahlen sinken. Gerade haben sich die Koalitionäre auf einen neuen Wehrdienst geeinigt. Ein Erfolg für die Koalition, auch wenn der Kompromiss nicht alle zufrieden stimmt. Noch am Montag hatten Experten wie der Militärhistoriker Sönke Neitzel einen Automatismus zur Wehrpflicht gefordert, falls sich nicht genug Freiwillige für den neuen Wehrdienst finden. Den wird es aber nicht geben.

CDU und CSU wollten genau das, die SPD war dagegen. Am Vormittag sagte CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dazu, es sei nicht die Verantwortung der Politik, zu "Erkenntnissen von zwingender Notwendigkeit zu kommen" und darauf zu bestehen, dass andere die eigene Meinung annähmen. "So wird Politik scheitern", sagte er. Die Koalitionspartner müssten "respektvoll mit den Unterschieden umgehen" und "gemeinsam überzeugende Kompromisse erzielen". Sätze zum Einrahmen für Union und SPD. So gesehen ist die Einigung beim Wehrdienst ein Lichtblick in diesem trüben schwarz-roten Herbst.

Quelle: ntv.de

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