"Gnadenstoß für Lausitz" Kretschmer warnt vor früherem Kohleausstieg
24.10.2021, 19:55 Uhr
Kretschmers Bundesland Sachsen wäre von einem früheren Kohleausstieg direkt betroffen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Ampel-Verhandler können sich vorstellen, schon 2030 und nicht erst acht Jahre später aus der Kohle auszusteigen. Beim sächsischen Ministerpräsidenten kommt das gar nicht gut an. Er nimmt SPD und FDP in die Pflicht und warnt sie vor Wortbruch.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die Ampel-Unterhändler vor einem früheren Kohleausstieg gewarnt. "Es ist ein ganz schlechter politischer Stil", sagte er in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Der Kohleausstieg sei ein Kompromiss aller gesellschaftlicher Gruppen gewesen. "Wem soll man denn noch was glauben?", fügte er mit Blick auf das 2020 vereinbarte Kohle-Ausstiegsdatum 2038 hinzu.
Im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP heißt es indes, zur Einhaltung der Klimaschutzziele sei auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelinge dies schon bis 2030. Der CDU-Politiker Kretschmer sagte dazu: "Für die Lausitz beispielsweise ist das der Gnadenstoß." Man brauche bis 2038, um dort Infrastruktur aufzubauen und neue Arbeitsplätze anzusiedeln. Befürworter eines früheren Kohleausstiegs halten diesen zum Erreichen der Klimaziele für notwendig, weil durch Kohlekraftwerke viel CO2 in die Atmosphäre gelangt. Gerade erst demonstrierten wieder mehrere Tausend Menschen deswegen am Brandenburger Tor in Berlin.
Kretschmer sagte, er setze auf SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der den Kompromiss 2020 mit ausgehandelt habe, sagte Kretschmer. Scholz sei jemand, der die Probleme ganz klar sehe. "Ich hoffe, dass er sich an der Stelle durchsetzen kann gegen die Grünen, dass die SPD hier nicht wortbrüchig wird und dass auch die FDP nicht wortbrüchig wird." Beide Parteien hätten zuvor eine andere Position gehabt. Im Sondierungspapier hatten sich SPD, Grüne und FDP unter anderem darauf verständigt, den Kohleausstieg "idealerweise" bis zum Jahr 2030 zu schaffen und den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich voranzutreiben.
Kretschmer sagte, er halte es für unmöglich, aus der Atomenergie und der Kohlenutzung auszusteigen und Deutschland dabei wettbewerbsfähig zu halten. Das könne man nicht einfach politisch entscheiden, sondern müsse dies auch technisch lösen. Die Grünen seien nun nicht mehr Opposition, sondern Regierung und müssten die Frage beantworten: "Was ist ein tragfähiges Energiekonzept für dieses Industrieland Deutschland?" Im Wahlkampf hatte sich auch CSU-Chef Markus Söder dafür ausgesprochen, nach der Bundestagswahl zu prüfen, ob ein Kohleausstieg bereits 2030 möglich sei.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann hatte am Donnerstag gesagt, er halte einen schnelleren Kohleausstieg nur unter bestimmten Voraussetzungen für möglich. "Wenn eine künftige Ampelkoalition den Ausstieg aus der Kohleverstromung weiter vorziehen will, müssen das Tempo der Energiewende massiv gesteigert und die Neuansiedlung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung in den Revieren beschleunigt werden."
Quelle: ntv.de, vpe/dpa