"Diskussion nicht abgeschlossen"Merz erwägt, US-Tech-Plattformen zur Kasse zu bitten

Deutschland und Frankreich wollen ihre Abhängigkeiten von großen US-Techfirmen reduzieren. Auf dem Digitalgipfel in Berlin bekennt sich Kanzler Merz deswegen nicht nur zu einem "Buy European"-Ansatz - er bringt auch eine Digitalabgabe ins Spiel.
Kanzler Friedrich Merz zeigt sich offen für eine Abgabe auf US-Tech-Plattformen. "Die Diskussion in der Bundesregierung über eine solche Abgabe ist noch nicht abgeschlossen", sagte der CDU-Chef Merz nach dem Digitalgipfel in Berlin. Man müsse dies mit Blick auf das Steuerrecht prüfen und klären, ob dies eine Umsatzsteuer auf die Werbeerlöse oder eine Abgabe sein solle. Das sei nicht einfach zu beantworten, zumal man auf Reaktionen aus den USA gefasst sein müsse. "Ich bin da aber selbstbewusst genug zu sagen, das entscheiden zunächst einmal wir selbst", fügte der Kanzler hinzu. Andere Länder wie Österreich oder Frankreich hätten schon längst solche Steuern eingeführt.
Der Kanzler bekannte sich zudem zu einem "Buy European"-Ansatz zumindest für digitale Dienstleistungen durch öffentliche Verwaltungen. "Wir werden sicherlich in der öffentlichen Beschaffung anders vorgehen können, was Buy European betrifft, als in der privaten Beschaffung", sagte er. "Ich sehe eine Präferenz auch für die digitale Infrastruktur, die wir in Deutschland haben. Wir können in jedem Falle einiges gut begründen, auch mit den europäischen und deutschen Sicherheitsanforderungen im Hinblick auf die Netze."
Auf dem Gipfel in Berlin wurden außerdem 18 neue strategische Partnerschaften und kommerzielle Vereinbarungen zum Ausbau von Anwendungen Künstlicher Intelligenz vorgestellt. Die Verträge und Absichtserklärungen haben nach Angaben der EU AI Champions Initiative (EU AICI) ein Volumen von rund einer Milliarde Euro. So wurde unter anderem eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen dem größten Softwarehaus Europas, der SAP, und dem führenden europäischen KI-Anbieter Mistral AI aus Frankreich angekündigt.
Auch hochrangige Vertreter Deutschlands, Frankreichs und der EU betonten bei dem Treffen die Notwendigkeit einer stärkeren europäischen Unabhängigkeit bei digitalen Technologien. Die Auftritte von Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sollten die politische Bedeutung des Themas unterstreichen. Technik stamme aus China und aus den Vereinigten Staaten. "Europa darf ihnen dieses Feld nicht überlassen", sagte Merz. Klar sei aber auch, Europa werde "digitale Souveränität nicht politisch herbeiregulieren oder herbeisubventionieren" können. "Wir müssen sie gemeinsam mit der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft gestalten."
Das Treffen mit rund 1000 Gästen auf dem EUREF-Forschungscampus in Berlin sollte einen Aufschlag machen, damit Europa schneller mit eigenen Lösungen vom Fleck kommt. Die Antreiberrolle fiel Bundesdigitalminister Karsten Wildberger zu: Europa raus aus der Zuschauerrolle, digitales Comeback mit KI, der Gipfel als Signal des Aufbruchs waren Kernthemen seiner Rede. Digitale Souveränität bedeute nicht, Türen zuzumachen. Man werde weiterhin mit führenden Technologie-Unternehmen zusammenarbeiten, aber Europa sei zu lange vor allem ein Kunde und Zuschauer gewesen, sagte Wildberger.
Man müsse zum Schöpfer werden und sich wegbewegen von einer Kultur der Risikovermeidung zu einer Kultur des Fortschritts, zu viele Regeln bremsten Innovation aus. Datenschutz, Bürgerrechte und KI-Sicherheit seien aber nicht verhandelbar, sagte der Digitalminister auch. Was hat Europa gegen die großen Firmen, die vom Smartphone bis zum Bürocomputer mit ihren Programmen und Produkten überall dominierend sind aufzubieten? "Der Zug ist nicht abgefahren", sagte Wildberger. "Wir müssen aufholen, aber er ist nicht abgefahren."