Ost-Länderchefs treffen Scholz Schwesig: "Menschen in Ostdeutschland sehr unzufrieden"
18.06.2024, 07:14 Uhr Artikel anhören
Flächendeckende Gesundheitsversorgung und eine Pflegereform sind Schwesigs Themen vor dem Treffen mit Scholz.
(Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler)
Pflege, Krankenhausreform, Wasserstoff: Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer haben einiges mit dem Bundeskanzler zu bereden. MV-Regierungschefin Schwesig spricht von einer großen Unzufriedenheit - und hat konkrete Forderungen.
Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig hat vor der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz in Wittenberg in Sachsen-Anhalt mit Kanzler Olaf Scholz eine stärkere Berücksichtigung ostdeutscher Anliegen gefordert. "Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die Menschen in Ostdeutschland sehr unzufrieden sind", sagte die SPD-Politikerin.
Ein wichtiges Thema für die Menschen sei die flächendeckende Gesundheitsversorgung. Die Krankenhausreform mit den Vorhaltepauschalen gehe in die richtige Richtung, aber die ländlichen Räume müssten stärker berücksichtigt werden. "Man kann im ländlichen Raum nicht auf die gleichen Fallzahlen kommen wie in den städtischen Ballungsräumen", sagte Schwesig. Bestimmte Behandlungen dürfen in Krankenhäusern, die zu wenige solcher Fälle haben, nicht mehr ausgeführt werden. So verlor das Klinikum Neubrandenburg die Versorgung von Extremfrühchen, in Rostock ist das Leber-Transplantationszentrum in Gefahr.
Die Schweriner Regierungschefin kündigte einen Antrag ihres Bundeslandes für eine Reform der Pflegeversicherung an. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssten entlastet werden, erklärte sie. Ein großes Thema sei die Fachkräftesicherung. "Wir müssen die Pflege attraktiv gestalten, damit auch in Zukunft eine flächendeckende Versorgung sichergestellt ist."
Auch Kretschmer fordert Pflegereform
Auch Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer von der CDU forderte finanzielle Entlastungen in der Pflege. Besonders in den ostdeutschen Bundesländern überforderten die Eigenanteile immer mehr Pflegebedürftige und Angehörige, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Weil die Kosten zudem weiter stiegen, sei eine Reform der Pflegeversicherung "überfällig".
Laut dem CDU-Politiker werden Pflegebedürftige im Ruhestand zunehmend zu Sozialhilfeempfängern. Dies sei "inakzeptabel", betonte Kretschmer. Pflege im Alter dürfe keine Frage des Geldbeutels sein. Als Maßnahme schlug Kretschmer die Übernahme versicherungsfremder Leistungen aus dem Bundeshaushalt vor.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff von der CDU fordert von der Bundesregierung ein Umdenken bei der Energiepolitik und der Migration. Es müsse nicht nur erklärt, sondern auch einiges korrigiert werden, sagte er im ARD-"Morgenmagazin". "Die gesamte Energiewende muss neu gedacht werden." Die Europawahl, bei der in Ostdeutschland die AfD die meisten Stimmen erhielt, habe gezeigt, wie groß die Unzufriedenheit der Menschen mit der Bundesregierung, aber auch mit Europa sei. Die angekündigten Maßnahmen zur Energiewende hätten zu einer tiefen Verunsicherung geführt. Die Migrationspolitik kritisierte Haseloff als unstrukturiert. Es müsse wieder zu einer bewältigbaren Integrationspolitik kommen.
Die Bundesregierung müsse insgesamt die Sorgen der arbeitenden Mitte stärker in den Fokus nehmen, betonte Schwesig. "Es muss wirtschaftlich vorangehen, damit Arbeitsplätze mit guten Löhnen entstehen." Ein wichtiges Zukunftsfeld sieht sie in der Erzeugung von Wasserstoff aus grünem Strom. "Die ostdeutschen Länder setzen sich gemeinsam dafür ein, dass Ostdeutschland beim Ausbau des Wasserstoff-Kernnetzes ausreichend berücksichtigt wird", betonte die Ministerpräsidentin. "Wir brauchen sowohl eine Nord-Süd- als auch eine West-Ost-Verbindung."
Im Mittelpunkt des rund anderthalbstündigen Treffens der ostdeutschen Ministerpräsidenten mit Scholz stehen die Wirtschafts- und die Energiepolitik sowie die demografische Entwicklung. Zudem wollen die Regierungschefs von Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit Scholz über die flächendeckende medizinische Versorgung und die Reform der Pflegeversicherung beraten.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP