Politik

Verletzte bei Lützerath-Demo Polizei und Aktivisten erheben Gewaltvorwürfe

Die Verletzungen der Polizisten stammen teils nicht aus Auseinandersetzungen mit Demonstranten, sondern aus Unfällen, wie Umknicken im schlammigen Boden.

Die Verletzungen der Polizisten stammen teils nicht aus Auseinandersetzungen mit Demonstranten, sondern aus Unfällen, wie Umknicken im schlammigen Boden.

(Foto: picture alliance / Jochen Tack)

Bei einer Großdemonstration gegen den Abriss des Dorfs Lützerath kommt es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Klima-Aktivisten. Am Ende sind nach Angaben der beiden Seiten rund 70 Polizisten und möglicherweise über 100 Demonstranten teils schwer verletzt.

Nach Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten vor dem umkämpften Dorf Lützerath haben sich beide Seiten Gewalttätigkeit vorgeworfen. Der Abriss von Lützerath schreitet unterdessen schnell voran, die meisten Gebäude stehen schon nicht mehr. Auch halten sich nach Polizei-Angaben nur noch wenige Aktivisten auf dem Gelände auf. Wenn die Räumung und der Abbruch beendet sind, will der Energiekonzern RWE die unter Lützerath liegende Kohle abbaggern.

Dagegen hatten am Samstag viele Tausend Menschen im Nachbarort Keyenberg demonstriert. Die Polizei sprach von 15.000 Teilnehmern, Fridays for Future von mindestens 35.000. Am Rand der Demo versuchten laut Polizei rund 1000 größtenteils vermummte "Störer", auf das abgesperrte Gelände von Lützerath zu gelangen. Um sie abzuwehren, setzte die Polizei Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray ein.

Seit Beginn der Räumung von Lützerath am Mittwoch seien insgesamt mehr als 70 Polizisten verletzt worden, die meisten davon bei der Demo am Samstag, sagte ein Polizeisprecher. Die Verletzungen gingen aber nur zum Teil auf Gewalt durch Demonstranten zurück. Teilweise seien die Beamten zum Beispiel auch im schlammigen Boden umgeknickt. Seit Mittwoch seien etwa 150 Strafverfahren wegen Widerstands gegen Polizeibeamte, Körperverletzung und Landfriedensbruchs eingeleitet worden, sagte der Polizeisprecher. Den Angaben zufolge attackierten einzelne Demonstranten am Samstag auch Einsatzwagen der Polizei und warfen Pyrotechnik in Richtung der Beamten.

Der Energiekonzern RWE äußerte sich "entsetzt über die Aggressionen und die Gewalt". Dies habe mit der ansonsten friedlichen Demonstration nichts mehr zu tun. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, sprach ebenfalls von massiven Angriffen eines Teils der Demonstranten auf die Polizei. "Den von der Bühne verbreiteten Aufruf 'Jeder kann machen, was er will. Jeder entscheidet selber, wie weit er geht' hätte es nicht geben dürfen", kritisierte Mertens. "Er ist offenbar von militanten Braunkohlegegnern als Freibrief verstanden worden, mit Gewalt gegen die Polizisten vorzugehen."

Besonders viele Kopfverletzungen

Die Veranstalter der Demo und Sprecher der Lützerather Aktivisten warfen umgekehrt der Polizei Gewalt-Exzesse vor. Bei der Demo habe es "ein unglaubliches Maß an Polizeigewalt" gegeben, sagte eine Sprecherin von "Lützerath lebt". Eine Sprecherin des Sanitätsdienstes der Demonstranten sagte, es sei am Samstag eine "hohe zweistellige bis dreistellige Zahl" von Teilnehmern verletzt worden. Darunter seien viele schwerverletzte und einige lebensgefährlich verletzte Personen gewesen. Die Verletzungen seien teils durch Pfeffersprays, Schlagstock- und Faustangriffe der Polizisten zustande gekommen. Dabei habe es besonders viele Kopfverletzungen gegeben.

"Die Polizei hat also nicht nur in Einzelfällen, sondern systematisch auf den Kopf von Aktivistinnen und Aktivisten geschlagen", sagte die Sprecherin. Ein Video zeigt, wie auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, die deutsche Aktivistin Luisa Neubauer und andere auf einem Feld von Polizisten abgedrängt werden. Thunberg war die Hauptrednerin bei der Kundgebung.

Die Polizei teilte mit, sie wisse nichts von einer oder mehreren lebensgefährlich verletzten Personen. Ein Demonstrationsteilnehmer sei am Samstag bewusstlos geworden, sagte ein Sprecher. Diese Person sei sofort versorgt und dann in einem Rettungswagen abtransportiert worden. Schon in dem Wagen habe sich herausgestellt, dass keine Lebensgefahr bestehe. Insgesamt wisse die Polizei von zehn Fahrten von Rettungswagen im Zusammenhang mit verletzten Demonstranten. Die Polizei könne auch nicht bestätigen, dass es einen Rettungshubschrauber-Einsatz gegeben habe.

Quelle: ntv.de, mbo/dpa

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