Nach der Haft an die Front? Russischer Rapper muss nach Nacktparty Einberufung fürchten
09.01.2024, 15:18 Uhr Artikel anhören
Ende Dezember vergnügen sich russische Promis bei einer frivolen Feier in einem Moskauer Nachtclub. Darunter befand sich auch der Rapper Vacio, der nur mit einer Socke bekleidet auftauchte. Für ihn könnte der Spaß nun ernste Folgen haben.
Von allen Gästen, die sich am 20. Dezember auf Einladung der Bloggerin Nastja Iwlejewa unter dem Motto "Almost Naked" in einem Moskauer Nachtclub tummelten, hatte er wohl am wenigsten an: der russische Rapper Vacio. Nur eine Socke bedeckte seine Genitalien, die restlichen Klamotten ließ er weg. Das freizügige Motto erzürnte den Kreml, mehrere Feiernde mussten für einige Tage in Haft.
Darunter auch Vacio, der zwei Tage nach der Party vor Gericht zitiert und unter dem Vorwurf der "homosexuellen Propaganda" zu 15 Tagen Haft verurteilt wurde. Sein Fall fiel damit unter ein Gesetz zum Verbot von "LGBTQ-Propaganda", das Ende November vom Obersten Gerichtshof weiter verschärft worden war. Sein Einwand, dass er nichts mit der LGBTQ-Bewegung am Hut hätte, fand kein Gehör.
Menschenrechtsaktivisten standen einem Bericht der russischen Tageszeitung "Moskowski-Komsomolez" mit dem Rapper während seiner Haft in Kontakt. Ihnen gegenüber bestreitet Vacio die Darstellung des Gerichts: "Was tatsächlich passierte, war Folgendes: Ich ging mit einem Freund durch den Club, mehrere Leute kamen auf mich zu. Mir war nicht sofort klar, dass es sich bei zwei von ihnen um junge Männer handelte, die als Frauen verkleidet waren. Und einer von ihnen hat mir dreist die Socke abgerissen." Er habe die beiden Männer daraufhin beschimpft. "Und dieses Video wurde dann online gestellt", so Vacio. Er liebe Frauen, lehne LGBT ab und verstehe nicht, warum ihm das zugeschrieben wird.
Vorladung zur Einberufung
Die Haftstrafe ist aber nur das eine Problem. Einen größeren Schock dürfte Vacio, der mit bürgerlichem Namen Nikolai Vasiliev heißt, bekommen haben, als er am 5. Januar nach seinen 15 Tagen Haft eigentlich freigelassen werden sollte. Statt nach Hause gehen zu können, sei er eigenen Angaben zufolge direkt zum Einberufungsbüro des Militärs gebracht worden. Dort habe er eine Vorladung für den 9. Januar erhalten.
Doch dazu ist es bisher nicht gekommen: Als er anschließend wieder zur Polizei gebracht und erneut zur Party befragt wurde, habe er erzählt, wie er die Leute, die ihm die Socke abgezogen hätten, verflucht habe. Für diese Fluchwörter sei er am darauffolgenden Tag direkt wieder vor Gericht gestellt und zu weiteren zehn Tagen Haft verurteilt worden, schreibt "Moskowski-Komsomolez". Aufgrund der weiteren Gefängnisstrafe konnte er nicht zum Vorladungstermin erscheinen. Ob er an die Front eingezogen werden könnte, sei ohnehin fraglich. Eine frühere medizinische Untersuchung für den Militärdienst in seiner Heimat Jekaterinburg habe er nicht bestanden.
Die Vorladung kommt nicht ganz überraschend: Kurz nachdem die Bilder und Videos der frivolen Party das Netz geflutet hatten, regte sich in ultrakonservativen Kreisen großer Protest. Dabei tauchten auch Videos von vermummten angeblichen Frontkämpfern auf, die die Feier in Kriegszeiten als anstößig verurteilten und Ermittlungen forderten. Der bekannte Propagandist Wladimir Solowjow nannte die Party-Teilnehmer "Bestien" und "Abschaum". Diese hätten "keine Vorstellung davon, wie sehr das Volk euch hasst".
Der Kreml kommentierte die Aufnahmen von der Party nicht. Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums, sagte im staatlichen Radiosender Sputnik, das Leben lehre "schmerzhafte Lektionen". Die Teilnehmer der Feier müssten "die Schwere des Problems verstehen und sich bessern".
Quelle: ntv.de, vmi