Politik

USA bestätigen Abzug im Norden Russland stellt dezimierte Truppen neu auf

Ein ukrainischer Soldat geht an einem verlassenen Panzer der russischen Armee in Andrijiwka vorbei - einer Siedlung zwischen Donezk und Mariupol.

Ein ukrainischer Soldat geht an einem verlassenen Panzer der russischen Armee in Andrijiwka vorbei - einer Siedlung zwischen Donezk und Mariupol.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Präsident Putin will den Donbass erobern, das ist das neue Ziel. Truppen, die bisher im Norden der Ukraine bei Kiew gekämpft haben, sollen die Offensive im Osten unterstützen. Analysten sprechen von erschöpften und dezimierten Kampfgruppen und einem unklaren Zeitplan.

Das US-Verteidigungsministerium, westliche Geheimdienste und andere Kriegsbeobachter bestätigen den Abzug aller russischen Truppen aus dem Norden der Ukraine. So spricht unter anderem das Pentagon von Rückzug und Neuaufstellung der Einheiten in Belarus oder auf russischem Staatsgebiet. Bisher sei keine Verlegung dieser Truppen in die umkämpfte Ostukraine erkennbar, sagte ein hochrangiger Pentagon-Vertreter in einem Hintergrundgespräch mit Pressevertretern.

Das Transkript des Gesprächs hat das US-Verteidigungsministerium auf seiner Webseite veröffentlicht. Der Name des Pentagon-Mitarbeiters wurde nicht genannt.

Demnach hat die russische Armee 20 Kampfeinheiten, sogenannten Taktische Bataillonskampfgruppen (BTG), aus dem Nordwesten von Kiew in Richtung Belarus abgezogen und 20 weitere in Richtung Norden und Nordosten in Richtung Russland. Im Osten und im Süden der Ukraine werden die Angriffe auf Mariupol und andere Städte dagegen unvermindert fortgesetzt.

Jede BTG umfasst dem Pentagon zufolge 800 bis 1000 russische Soldaten. Nach Angaben des ukrainischen Militärs wurden bereits 18.900 von ursprünglich 150.000 russischen Soldaten getötet. Die Angaben lassen sich nicht überprüfen. Bereits Ende März war allerdings berichtet worden, dass die Zahl von toten, verwundeten oder gefangen genommenen Soldaten aus Russland bei insgesamt 40.000 liegen könnte.

Geschätzt wird von den Militärexperten, dass sich von den 130 BTG, die ursprünglich an dem Angriff auf die Ukraine beteiligt waren, noch 80 im Land befinden - wobei der Zustand der einzelnen Kampfgruppen unklar ist. "Einige BTG seien stärker dezimiert und erschöpft als andere", sagte der Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Es sei möglich, dass Russland einzelne Verbände zusammenlegen müsse, um neue Kampfgruppen zu bilden. Man könne auch nicht ausschließen, dass sich einzelne, intakte BTG bereits auf dem Weg in die Ostukraine befänden.

Moral? Gering

Wie lange die Neuaufstellung der abgezogenen Truppen dauern wird, kann das Pentagon nicht einschätzen. Am Mittwoch hatte das "Institute for the Study of War" (ISW) in seinem Tagesbericht gemeldet, dass sich ein Teil der Einheiten, die in die Kämpfe um Kiew verwickelt waren, in die russische Stadt Belgorod nahe der ukrainischen Grenze zurückgezogen haben. Nach Angaben der militärischen Denkfabrik ist es unwahrscheinlich, dass sie nach den schweren Verlusten, die sie im Norden erlitten haben, zeitnah wieder einsatzbereit sind.

Mehr zum Thema

Weder das ISW noch das Pentagon können daher beurteilen, wie viele der Kampfgruppen Russland zurück in die Ukraine schicken wird für die Kämpfe um den Donbass, dessen Eroberung inzwischen als das Ziel von Präsident Wladimir Putin gilt. Mutmaßlich werde eine Großoffensive in den Regionen um Donezk und Luhansk vorbereitet, berichtet das ISW in seinem neuesten Tagesbericht.

Allerdings sei unklar, ob die russischen Truppen noch die notwendige Kampfstärke für einen weiteren Angriff und die Eroberung des Donbass besitzen. Demnach sei gerade die Moral der jungen, schlecht ausgebildeten Wehrpflichtigen gering. Das soll aus Textnachrichten und russischen Befehlen hervorgehen, die der ukrainische Militärgeheimdienst abgefangen hat.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen