Politik

EU prüft Katar-Statements SPD-Chef verlangt Rauswurf Kailis

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EU fürchtet weitere Enthüllungen: Eva Kaili und ihr ebenfalls festgenommener Lebensgefährte Francesco Giorgi 2020 in Athen.

(Foto: picture alliance / ANE / Eurokinissi)

Der Korruptionsskandal in der Spitze des EU-Parlaments sendet Schockwellen bis nach Berlin. SPD-Chef Klingbeil verlangt Konsequenzen. Kommissionschefin von der Leyen kündigt an, dass die Katar-Statements von EU-Kommissaren unter die Lupe genommen werden.

SPD-Chef Lars Klingbeil hat Konsequenzen aus dem Korruptionsskandal im EU-Parlament gefordert. "Es muss jetzt auch aufgeklärt werden, wie so etwas passieren konnte und an welchen Stellen das Europäische Parlament auch Transparenzregeln nachschärfen muss", sagte Klingbeil am Nachmittag in Berlin. Er begrüßte, dass die unter Korruptionsverdacht festgenommene sozialdemokratische Vizepräsidentin des Parlaments, Eva Kaili, so schnell entmachtet wurde. Ihr Verhalten und das anderer Beschuldigter sei "in keinster Weise akzeptabel, das ist nicht erklärbar, nicht duldbar", betonte Klingbeil. "Diese Personen vertreten keine sozialdemokratischen Werte, die müssen raus aus unserer Partei. Da bin ich froh, dass so schnell gehandelt wurde."

Kaili saß für die griechische Pasok-Partei im Parlament, die mit der SPD und anderen sozialdemokratischen Parteien eine Fraktion bildet. Sie wurde wegen der Korruptionsvorwürfe aus ihrer Partei ausgeschlossen und aus der Fraktion suspendiert. Im Zuge von Ermittlungen zu einer möglichen Einflussnahme Katars auf Politiker waren am Freitag neben Kaili mehrere Parlamentsmitarbeiter festgenommen worden. Kaili steht unter Verdacht, Geld kassiert zu haben, um für das WM-Gastgeberland Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Ihr Lebensgefährte, der sieben Jahre jüngere Italiener Francesco Giorgi - ehemaliger parlamentarischer Assistent und Spezialist für Menschenrechtsfragen und Auswärtige Angelegenheiten - wurde ebenfalls festgenommen. Die beiden sind seit fünf Jahren ein Paar und haben eine zweijährige Tochter.

Von der Leyen kündigt Überprüfung der Lobby-Termine an

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich ebenfalls bestürzt über den Korruptionsskandal. "Die Vorwürfe gegen die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments sind sehr schwerwiegend", sagte die Deutsche in Brüssel. Man wisse, dass dies mit Blick auf das Vertrauen, das die Menschen in die europäischen Institutionen hätten, große Besorgnis auslöse. "Wir brauchen die höchsten Standards", betonte von der Leyen. "Meiner Meinung nach wäre es richtig, dass wir ein Ethikgremium einrichten", führte die ehemalige Bundesverteidigungsministerin weiter aus. Bei der EU-Kommission gebe es bereits ein solches Gremium.

"Mir ist wichtig, dass wir mit allen anderen europäischen Institutionen klare Regeln, klare Standards haben, dass wir alle die gleichen Kontrollmechanismen haben." EU-Kommissionsvize Vera Jourova habe bereits begonnen, Gespräche mit dem Europäischen Parlament und den EU-Staaten darüber zu führen.

Aufseiten der Kommission würde nun auch das Transparenzregister genau geprüft. Darin seien alle Treffen von EU-Kommissarinnen und -Kommissaren mit Interessensvertretern festgehalten, führte von der Leyen auf die Frage einer Journalistin aus. Diese hatte sich erkundigt, ob nun die Kontakte von Kommissionsmitgliedern, die sich zur WM in Katar geäußert haben, genauer unter die Lupe genommen würden. Der für Sport zuständige griechische EU-Kommissar Margaritis Schinas etwa hatte das Land in seiner Funktion immer wieder besucht und sich in der Öffentlichkeit positiv über das Land geäußert.

Grüne und Linke fordern weitere Ermittlungen

Grünen-Chef Omid Nouripour zeigte sich ebenfalls besorgt. Er sprach nach Beratungen der Parteigremien von einem "handfesten Skandal", der am Vertrauen der Menschen in Deutschland und in Europa an den Institutionen rüttle. "Das ist alles andere als aushaltbar." Deshalb sei es dringend notwendig, dass "gründlichst aufgeklärt" werde, sagte Nouripour: "Und zwar nicht nur, wer hat wie viel Geld wofür bekommen, sondern wer hat wieviel Geld wofür bezahlt?" Daher brauche es einen Untersuchungsausschuss im EU-Parlament. "Es ist offensichtlich, dass da sehr viel im Argen liegt, und dass die Aufklärung noch gar nicht zu Ende ist."

Der Linken-Europapolitiker Martin Schirdewan rechnet mit einer Ausweitung des Korruptionsskandals im Europäischen Parlament. "Ich befürchte, dass wir bislang erst die Spitze des Eisbergs zu sehen bekommen haben", sagte der Chef der deutschen Linkspartei in Berlin. Er forderte unter anderem einen Untersuchungsausschuss und ein Verbot von Parteispenden aus Drittstaaten.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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