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Unmut-Talk bei "Hart aber fair" SPD-Politiker Schneider: "Haben kein Geld mehr"

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Mit dem Klimageld werde es in dieser Legislaturperiode nichts werden, glaubt SPD-Politiker Carsten Schneider (l.).

Mit dem Klimageld werde es in dieser Legislaturperiode nichts werden, glaubt SPD-Politiker Carsten Schneider (l.).

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Die ARD-Talkshow "Hart aber fair" hat ein neues Gewand. Am Montagabend diskutieren die Gäste darüber, was man gegen die schlechte Stimmung in der Bevölkerung tun kann. Das Ergebnis: ernüchternd.

Die ARD-Talkshow "Hart aber fair" startet am Montagabend in ein neues Jahr und nimmt dabei so etwas wie eine Zeitenwende vor. Bisher wurde die Sendung von der Firma des ehemaligen Moderators Frank Plasberg produziert. Nun macht das das Produktionsunternehmen von Moderator Louis Klamroth.

Was auf den ersten Blick auffällt: Die Sendung wirkt puristischer. Mails und Gästebucheinträge der Zuschauer werden nicht mehr vorgelesen. Dafür gibt es wieder einen kurzen Bericht von der Straße, den diesmal Klamroth selber aufgenommen hat. Das wirkt erst einmal professionell. Man sieht: Der Moderator hat sich vorher mit dem Thema der Sendung auseinandergesetzt. Im vergangenen Jahr hatte man manchmal diesen Eindruck nicht.

Er, Klamroth, sei bei seiner Moderation eingeengt gewesen, hatte er in einem Interview mit der "Zeit" gesagt. Doch große Unterschiede zu früher stellt man in der ersten Sendung der Talkshow nicht fest. Klamroth lässt seinen Gästen viel Freiraum, und das ist gut so. Neu ist auch: Die Sendung will bürgernäher werden. Dabei hilft ein Gast, Zuhra Visnjic. Sie betreibt im nordrhein-westfälischen Remscheid den Salon "Suki's Style" und macht bei "Hart aber fair" einen sympathischen Eindruck, und sie schlägt sich sehr souverän.

Zuhra Visnjic betreibt in Remscheid einen Freiseursalon.

Zuhra Visnjic betreibt in Remscheid einen Freiseursalon.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Die Remscheiderin mit Migrationshintergrund hat mit einigen Problemen zu kämpfen. Sie hat drei Kinder und einen Ehemann, der als Busfahrer im Schichtdienst arbeitet. "Auf dieses Jahr blicke ich skeptisch", sagt sie. Sie muss sparen, der Urlaub in diesem Jahr wird wohl ausfallen. "Es ist nicht so, dass wir uns nichts mehr leisten können. Aber wir können uns immer weniger leisten", macht sie ihrem Ärger Luft. Zuhra Visnjic muss zum Beispiel Corona-Hilfen im Wert von 4.000 Euro zurückzahlen. Während der Pandemie musste sie ihren Salon über Monate schließen – so wie alle Friseure. Steigende Energiekosten, gestiegene Kosten für ihre Haarprodukte und der in diesem Jahr erhöhte Mindestlohn machen ihr zusätzlich zu schaffen. Geht mal was kaputt, muss sie an ihr Erspartes.

Zum Glück sind drei Politikerinnen und Politiker da. Doch sollte Zuhra Visnjic sich von ihnen Hilfe erhofft haben, wird sie die Sendung enttäuscht verlassen.

"Lage besser als Stimmung"

Da ist Carsten Schneider. Der SPD-Politiker ist der Ost-Beauftragte der Bundesregierung. "Die wirtschaftliche Lage ist in Deutschland meiner Ansicht nach besser als die Stimmung", sagt er. Immerhin gebe es 46 Millionen Erwerbstätige, davon seien 35 Millionen sozialversicherungspflichtig. Deutschland sei das Land mit der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt. "Wir sind gerade in einem Umbau. Das ist wahr. Da wird es nie die vollkommene Sicherheit geben. Aber die Sicherheit, dass wir uns auf dieses Land, auf Leute wie Sie verlassen können, die es aufgebaut haben, die es stärker gemacht haben, das ist, glaube ich, der Fall", sagt Schneider.

Der Mindestlohn sei auf 12,41 Euro gestiegen. "Das ist nicht viel, damit kommt man gerade so hin", so der SPD-Politiker. Dass gerade Menschen mit niedrigen Einkommen in diesem Jahr besonders zur Kasse gebeten werden, erwähnt Schneider nicht – aber ein Einspieler. Danach sinken zwar Einkommenssteuern, dafür steigen Krankenversicherung, Energiekosten, die Mehrwertsteuer auf Gas und für das Essen im Restaurant wird höher, und die CO₂-Abgabe kommt noch obendrauf. Laut Institut der Deutschen Wirtschaft sind Spitzenverdiener mit zwei Kindern die größten Gewinner der Ampelpolitik. Die größten Verlierer sind Alleinerziehende mit niedrigem Einkommen und einem Kind. Sie haben in diesem Jahr 144 Euro weniger zur Verfügung.

Schneider bringt die EEG-Umlage ins Spiel, die abgeschafft wurde, was zu einer Senkung des Strompreises führt. Die Inflation sei heruntergegangen und werde weiter sinken. Nun müssten die Löhne steigen, und die Gewinne von großen Unternehmen müssten mehr besteuert werden.

Sahra Wagenknecht will den Mindestlohn auf 14 Euro erhöhen.

Sahra Wagenknecht will den Mindestlohn auf 14 Euro erhöhen.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Sahra Wagenknecht ist auch mal wieder in einer Talkshow. Die Gründerin des "Bündnis Sahra Wagenknecht" lässt wie üblich kein gutes Haar an der Bundesregierung und der Opposition. Vor allem seien die Energiekosten zu hoch, weil Deutschland teures russisches Gasöl aus Indien importiere. Das ist richtig, allerdings beliefen sich im ersten Halbjahr 2023 diese Importe auf gerade einmal 2,5 Prozent aller deutschen Mineralölimporte, jedoch mit steigender Tendenz.

Wagenknecht hat konkrete Vorschläge, die allerdings Zuhra Visnjic wenig helfen werden: Sie will den Mindestlohn auf 14 Euro erhöhen, Milliardäre höher besteuern, Einkommen aus Vermögen stärker besteuern als Einkommen aus Arbeit und den Spitzensteuersatz für Menschen mit einem Jahreseinkommen ab 100.000 Euro einführen.

Der große Aufschlag

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann schließlich hat die Forderungen, die am weitesten gehen. "Wir brauchen einen großen Aufschlag in Deutschland, so wie es Gerhard Schröder damals gemacht hat", sagt er. Zur Erinnerung: Die CDU hatte die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung unterstützt.

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Was Linnemann vorschlägt: Eine Steuerreform, die dazu führe, "dass sich Arbeit wieder lohnt", Entlastung bei den Energiepreisen durch ein Klimageld, Bürokratieabbau. Und: Er plädiert für die Abschaffung des Bürgergeldes in der aktuellen Form: Jeder, der arbeiten könne, müsse auch arbeiten.

Zumindest was das von Linnemann geforderte Klimageld angeht, macht Schneider keine Hoffnungen. In dieser Legislaturperiode werde es damit nichts werden, prophezeit er. Den Grund nennt er auch: "Wir haben einfach kein Geld mehr."

Quelle: ntv.de

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