Ampeltalk bei Illner Lindner kündigt für 2025 Nullrunde beim Bürgergeld an
26.01.2024, 04:33 Uhr Artikel anhören
Finanzminister Lindner kündigt für 2025 eine Nullrunde beim Bürgergeld an.
(Foto: picture alliance/dpa)
Streit um den Kinderfreibetrag, ums Bürgergeld, um den Agrardiesel: Die Bundesregierung steckt im Umfragetief. In der ZDF-Talkshow Maybrit Illner besprechen die Gäste, wie sich das ändern könnte. Beim Bürgergeld will Finanzminister Lindner jedoch nicht diskutieren.
Die Sendung ist fast zu Ende, da kommt Finanzminister Christian Lindner von der FDP mit einer Hiobsbotschaft. Er ist am Abend Gast in der ZDF-Talkshow Maybrit Illner, wo es diesmal darum geht, was gegen den Frust der Bürger wegen der Politik der Ampelkoalition unternommen werden könnte. Auf jeden Fall weniger streiten, meint die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig.
Doch der nächste Streit steht wahrscheinlich schon bald an. Dabei dürfte es wieder ums Bürgergeld gehen, das – so Lindner – im kommenden Jahr nicht steigen wird. Das Bürgergeld sei in diesem Jahr wegen der erwarteten Inflationsrate überproportional angehoben worden. "Die Konsequenz wird sein nach meiner Erwartung, dass es zum 1.1.25 eine Nullrunde beim Bürgergeld geben wird", sagt Lindner.
Ganz zum Schluss macht der Minister dann noch einen Vorschlag, um den Frust der Landwirte in den Griff zu bekommen. Am Auslaufen des Zuschusses für Agrardiesel will die Regierung zwar festhalten, Lindner könne sich aber vorstellen, eine andere Regel zu streichen. Seit Herbst 2022 dürfen Landwirte vier Prozent ihrer Ackerfläche nicht bestellen. Lindner spricht sich dafür aus, diese Regelung zu kippen, Manuela Schwesig stimmt ihm zu. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es jedoch: Beide Politiker erwähnen nicht, dass es sich dabei um eine Umsetzung einer EU-Entscheidung handelt. Die EU-Kommission, die die "Flächenstilllegung" vor anderthalb Jahren beschlossen hatte, wollte damit die Umwelt und das Klima schützen.
"Mir geht es um die Sache"
Manuela Schwesig hat Verständnis für die Landwirte, die jetzt ihren Frust über die Bundesregierung lautstark auf die Straße tragen. "Mir geht es um die Sache, und als Ministerpräsidentin vertrete ich die Bürger meines Landes", sagt die SPD-Politikerin. Mecklenburg-Vorpommern sei ein ländlich geprägtes Bundesland. Und von den aktuellen Sparplänen der Regierung sei ausschließlich der ländliche Raum betroffen. Neben dem Agrardiesel gehöre dazu die Rücknahme der Unterstützung bei den Netzentgelten, die dazu führe, dass die Betreiber von Windparks höhere Stromkosten haben würden. "Absurd" nennt das Schwesig. Durch die Erhöhung des CO2-Preises werde das Benzin teuer, was vor allem die Pendler träfe. Schließlich käme dann noch die "Ungerechtigkeit mit dem Kindergeld" dazu. "Das kann ich keinem Bürger erklären."
Was Schwesig meint, ist die Erhöhung des Kinderfreibetrages, den gut verdienende Menschen bekommen. "Wir haben 2022 eine Entscheidung getroffen, die ich nun umsetze", begründet Finanzminister Lindner diesen Schritt. Man habe für die Jahre 2023 und 2024 das Kindergeld besonders stark erhöht und gleichzeitig eine Erhöhung des Kinderfreibetrages für dieses Jahr beschlossen. Das sei eine Frage der Gerechtigkeit. Anders als behauptet sei der aktuelle Haushalt kein Kürzungshaushalt. Lindner: "Da wird nicht gespart, sondern wir verändern die Struktur des Haushalts, damit wir neue Aufgaben finanzieren." So werde die arbeitende Mitte zum Beispiel durch die Senkung der Einkommens- und der Stromsteuer unterstützt. Allerdings müsse man auch auf alte Subventionen verzichten, darum müsse die Subvention des Agrardiesels auslaufen. Lindner weiter: "Wir haben volkswirtschaftlich einen Verlust an Wohlstand, weil wir mehr zahlen für die Importe, zum Beispiel für Energie. Und die Lösung dafür ist, dass wir insgesamt eine stärker wachsende Wirtschaft haben müssen, dass wir wettbewerbsfähiger werden."
"Verzicht muss ausgewogen sein"
Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm kann den Frust in der Bevölkerung verstehen. Die Reallöhne seien in den letzten Jahren gesunken, die Energiekosten dagegen gestiegen. "Es herrscht relativ viel Druck im Land", sagt sie. Dazu komme der Wandel der Wirtschaft. Viele Unternehmen werden mit Software und künstlicher Intelligenz Abläufe beschleunigen, Jobs würden wegfallen, Arbeitnehmer in völlig neuen Bereichen eingesetzt werden. "Ich glaube, die Politik muss einen umfassenderen Ansatz verfolgen, damit die Akzeptanz bei den Menschen da ist. Denn die Menschen sind, wie beim Klimaschutz, schon bereit dafür, auf etwas zu verzichten." Dieser Verzicht müsse jedoch ausgewogen sein.
Das sieht IG-Metall-Chefin Christiane Benner ähnlich. Sie fügt hinzu: "Ich glaube, die Menschen brauchen Zuversicht, sie brauchen eine Idee. Und sie brauchen das Gefühl, dass die Regierung, die jetzt am Ruder ist, weiß, wie wir sicher in diesem Land in die Zukunft steuern." Im Moment sei eine große Verunsicherung zu spüren. "Wir haben eine extrem kritische Phase im Moment. Ich behaupte, in den nächsten zwei Jahren werden ganz entscheidende Weichen gestellt – oder eben auch nicht. Wenn sie gut gestellt werden, wenn wir Investitionen tätigen in unsere Zukunft, die dann dazu führen, dass wir erschwingliche Energiekosten haben, dann haben wir wirklich hier die Chance, ein guter Leitmarkt zu werden und zu bleiben, und weiter Exportnation zu bleiben, weil wir alles können." Die Gewerkschafterin hat noch einen weiteren Vorschlag: "… dass wir die sehr gut Verdienenden konkreter zur Kasse bitten." So könne man zum Beispiel auf eine Erhöhung des Kinderfreibetrages zugunsten von Menschen mit niedrigen Einkommen verzichten.
Quelle: ntv.de