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EU-Mercosur-Deal noch zu retten? Scholz und Lula wollen um Freihandelsabkommen kämpfen

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Frankreich und Argentinien stellen sich gegen einen Abschluss des Handelsabkommens zwischen der EU und den Mercosur-Staaten. Laut Medienberichten soll es vorerst gescheitert sein. Bundeskanzler Scholz und Brasiliens Präsident Lula erklären hingegen, eine Einigung durchdrücken zu wollen.

Bundeskanzler Olaf Scholz und der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva haben angekündigt, dass sie für den Abschluss des EU-Mercosur-Handelsabkommens kämpfen wollen. "Ich bin überzeugt, dass es eine Mehrheit im EU-Rat und dem EU-Parlament für das Abkommen geben wird", sagte Scholz in Berlin auf die Frage, wie er mit dem Widerstand von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron umgehen wolle. Lula betonte, dass vor Macron auch alle anderen französischen Präsidenten ein solches Handelsabkommen abgelehnt hätten. "Ich gebe Macron nicht auf", sagte Lula. Er habe dem französischen Präsidenten geraten, mit seiner Frau zu reden und dem Abkommen dann zuzustimmen.

Lula verwies auf den Mercosur-Gipfel am Donnerstag in Brasilien, auf dem es einen "entscheidenden Moment" für Verhandlungen geben werde. "Ich hoffe, dass die EU entscheidet, dass sie an dem Vertrag interessiert ist", fügte er hinzu. Scholz betonte, dass sich Deutschland und Brasilien für einen "zügigen" Abschluss des EU-Abkommens mit den vier Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay einsetzten. Brasilien und Deutschland unterstützten den Abschluss, um die enormen Potenziale in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu nutzen.

"Brasilien ist unser wichtigster Handelspartner in Südamerika", betonte Scholz. "Mehr als 1000 deutsch-brasilianische Unternehmen tragen signifikant dazu bei." Mit dem Abkommen würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Einwohnern entstehen. Die Gespräche darüber laufen bereits seit weit mehr als 20 Jahren. Eine Grundsatzeinigung aus dem Jahr 2019 wird jedoch wegen anhaltender Bedenken - etwa beim Regenwaldschutz - nicht umgesetzt. Scholz sagte, es sei nötig, die Verhandlungen jetzt abzuschließen.

Scholz bittet um "größtmöglichen Pragmatismus"

"Es spricht sehr viel dafür, dass wir die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Mercosur verbessern, indem wir ein solches Handelsabkommen zustande bringen", sagte Scholz. Er sei überzeugt, dass es eine Mehrheit im Europäischen Rat und im Europaparlament dafür geben werde, wenn das Abkommen ausverhandelt sei. "Da bitte ich alle Beteiligten um größtmöglichen Pragmatismus und um größtmögliche Kompromissbereitschaft." Die deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen waren die ersten seit mehr als acht Jahren. Beide Seiten unterzeichneten eine gemeinsame Absichtserklärung über eine Partnerschaft für eine sozial gerechte und ökologische Transformation.

Laut Medienberichten soll das EU-Mercosur-Handelsabkommen vorerst gescheitert sein. Wie das digitale Medienhaus Table Media sowie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) unter Berufung auf Verhandlungskreise berichteten, sieht die EU-Kommission keine Chancen mehr, beim Mercosur-Gipfel eine Einigung zu verkünden. Aus dem Bericht geht allerdings nicht hervor, ob die Gespräche abgebrochen werden oder ein Freihandelsabkommen zu einem späteren Zeitpunkt zustande kommen könnte.

Eigentlich wollte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei dem Treffen mit der Mercosur-Gruppe in Rio de Janeiro am Donnerstag die Vereinbarung unterzeichnen. Doch das Abkommen zwischen der EU sowie Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay scheiterte sowohl am Widerstand aus Argentinien als auch an fehlender Unterstützung von französischer Seite. Die argentinische Regierung, die in wenigen Tagen abgelöst wird, hatte signalisiert, dass sie nicht zu einem Abschluss bereit ist.

Argentiniens Regierung zerreißt "schlechten Vertrag"

Die argentinische Regierung warnte insbesondere vor den negativen Folgen des geplanten Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union. "Es ist ein schlechter Vertrag, der negative Folgen für die Industrie und die landwirtschaftlichen Exporte mit sich bringen könnte", sagte Argentiniens Außenminister Santiago Cafiero. "Wir haben immer dafür plädiert, die Verhandlungen wieder aufzurollen, denn in der vorliegenden Fassung profitieren nicht beide Blöcke, sondern es werden die Asymmetrien zementiert und die bestehenden produktiven, finanziellen und technologischen Unterschiede verstärkt."

Beim Mercosur-Gipfel wollte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva eigentlich einen Durchbruch bei den Verhandlungen mit der EU verkünden. "Wir haben den europäischen Unterhändlern seit letzter Woche klargemacht, dass sie nicht über die nötige Flexibilität verfügen, um das Abkommen am Donnerstag zu unterzeichnen, und jetzt läuft die Zeit ab", sagte hingegen Argentiniens Außenminister Cafiero.

Quelle: ntv.de, lve/rts/dpa

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