Nach dem "Zivilisationsbruch" Sicherheitskonferenz schließt Kreml-Politiker und AfD aus
13.02.2023, 15:19 Uhr
Die Sicherheitskonferenz findet im Hotel "Bayerischer Hof" in München statt.
(Foto: Sven Hoppe/dpa)
Im Schatten des Kriegs gegen die Ukraine findet am Wochenende die Münchner Sicherheitskonferenz statt. Angesichts des "Zivilisationsbruchs" will Konferenzleiter Heusgen kein Forum für Kreml-Propaganda bieten - und verbannt russische Offizielle. Auch andere Politiker sind unerwünscht.
Erstmals seit Jahrzehnten findet die Münchner Sicherheitskonferenz ohne russische Regierungsbeteiligung statt. Angesichts des "Zivilisationsbruchs" des Angriffskriegs gegen die Ukraine wolle man der Propaganda des russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Regierung kein Forum geben, sagte Konferenzleiter Christoph Heusgen bei der Vorstellung des Programms. Dafür ist China bei der an diesem Freitag beginnenden Konferenz sehr hochrangig vertreten. Der oberste Außenpolitiker Wang Yi kommt nach München - und wird vorher oder nachher auch Russland besuchen.
Neben der russischen Regierung sind dieses Jahr auch iranische Offizielle ausgeschlossen. Ebenfalls keine Einladung haben Politiker der AfD bekommen. Heusgen weicht damit von der bisherigen Praxis ab, Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien nach München einzuladen. Eine Begründung lieferte der Konferenzleiter nicht. "Das ist eine Entscheidung des Chairmans der Münchner Sicherheitskonferenz", sagte der frühere außenpolitische Berater von Kanzlerin Angela Merkel auf eine entsprechende Frage lediglich.
Das wichtigste sicherheitspolitische Politiker- und Expertentreffen weltweit findet vom 17. bis 19. Februar im Hotel Bayerischer Hof statt. Es ist die erste Sicherheitskonferenz seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Aus der Ukraine wird unter anderen Außenminister Dmytro Kuleba in München erwartet. Insgesamt werden mehr als 40 Staats- und Regierungschefs sowie 90 Minister dabei sein, unter ihnen auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris, rund ein Drittel des US-Senats, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der polnische Präsident Andrzeij Duda.
Erstmals wieder hoher Vertreter Chinas dabei
Mit Wang Yi nimmt erstmals seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 wieder ein hoher chinesischer Regierungsvertreter an dem Spitzentreffen in München teil. Wie ein Außenamtssprecher in Peking mitteilte, wird Wang eine Rede halten und Chinas Position in großen internationalen Fragen erläutern. Dabei dürfte es auch um den Krieg in der Ukraine gehen. China gibt Putin unverändert Rückendeckung in dem Konflikt und stellt die USA und die Nato als Hauptschuldige an dem Krieg dar.
Der frühere, langjährige Außenminister rückte im Oktober ins Politbüro auf und übernahm den Spitzenposten, der in Chinas Machthierarchie noch über dem Außenminister steht. Wang Yi wird bei seiner Europa-Reise von diesem Dienstag bis nächsten Mittwoch neben Deutschland und Russland Station in Frankreich, Italien und Ungarn machen. In welcher Reihenfolge er München und Moskau besucht, ist unklar.
Iran empört über Ausschluss
Aus Russland und dem Iran sind Oppositionelle statt Offizielle nach München eingeladen worden. Die Führung in Teheran kritisierte ihre Ausladung. "Diese politisch motivierte Entscheidung der Konferenz ist eine Fehlkalkulation und setzt die falschen Maßstäbe", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani laut Staatssender IRIB. Falls das Ziel der Konferenz globaler und regionaler Frieden sei, dann seien derartige Selektionen nicht nur falsch, sondern auch ein Verstoß gegen die politische Neutralität der Konferenz, sagte Kanaani.
In den vergangenen Jahren waren die Außenminister des Irans Stammgäste in München. Teheran wurde in den vergangenen Monaten wegen seines gewaltsamen Vorgehens gegen die rund fünf Monate andauernden systemkritischen Proteste international wiederholt verurteilt. Gegen das Land wurden zudem neue Sanktionen verhängt. Nach Einschätzung von Menschenrechtlern sind seit Beginn der Proteste im September 2022 mehr als 500 Menschen getötet und fast 20.000 Demonstranten festgenommen worden. Zum Jahrestag der Islamischen Revolution am Wochenende hat Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei Zehntausende Gefangene begnadigt. Darunter sollen auch Demonstranten sein, die im Rahmen der jüngsten Protestwelle inhaftiert worden waren.
Nach einer von der Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlichten Umfrage wird der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 in fast allen für die Erhebung ausgewählten Staaten als Wendepunkt in der Weltgeschichte angesehen. Heusgen sagte, dass sich viele Regierungen eine noch stärkere Rolle Deutschlands bei der Ukraine-Hilfe wünschten. "Überall hat man das Gefühl, dass Deutschland nicht in Führung ist, sondern zögerlich hinterherhinkt."
Quelle: ntv.de, ghö/rts/dpa