Proteste gegen Corona-Maßnahmen Städte erwarten Tausende Demonstranten
15.05.2020, 21:47 Uhr
Angemeldet war eine halbe Million Teilnehmer. Letztendlich dürfen aber nur einige Tausend in Stuttgart auf die Straße gehen. Auch in anderen Städten demonstrieren am Wochenende wieder zahlreiche Menschen gegen die derzeitigen Corona-Regeln. "Besorgniserregend", finden einige Politiker.
Am Samstag werden in mehreren Städten erneut Tausende Menschen zu umstrittenen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen erwartet. In Stuttgart dürfen sich bei einer Kundgebung bis zu 5000 Menschen versammeln. Die Demonstration war ursprünglich für eine halbe Million Teilnehmer angemeldet. Die Stadt begrenzte die erlaubte Teilnehmerzahl jedoch in einer "Abwägung von Infektionsschutz und der Versammlungsfreiheit" auf 5000. Verstöße gegen die Maskenpflicht sollen mit 300 Euro Bußgeld geahndet werden. Auch sollten Interessierte mit Anzeichen eines Infekts die Demonstration meiden. 500 Ordner mit Mund-Nasen-Schutz sollen bei der Veranstaltung auf dem Wasen vor Ort sein.
Der Veranstalter reichte im Laufe des Tages beim Stuttgarter Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen zwei der Auflagen ein, die das Gericht am Abend ablehnte. Die Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 5000 sowie die Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmaske oder Mund-Nasen-Bedeckung für die Ordner "sind aller Voraussicht nach rechtmäßig", so der Beschluss.
Bereits am vergangenen Wochenende hatten in Stuttgart Tausende Menschen demonstriert. Zu der Großkundgebung unter dem Titel "Mahnwache für das Grundgesetz" hatte die Initiative Querdenken 711 aufgerufen. Auch in anderen Städten soll es Proteste geben: In München ist eine Demonstration mit tausend Teilnehmern angemeldet. Im Berliner Stadtzentrum sollen zahlreiche Kundgebungen stattfinden. In der Hauptstadt dürfen sich je Veranstaltung jedoch nur maximal 50 Menschen versammeln.
AfD-Anhänger befürworten Proteste
Seit mehreren Wochen gibt es in Deutschland Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Dabei werden auch verschwörungstheoretische, politisch extreme und esoterische Positionen vertreten. So sind etwa militante Impfgegner und Rechtsextreme dabei. Es kam bereits zu Angriffen auf Polizisten und Journalisten. Dies sowie die Verbreitung von Verschwörungstheorien und Falschinformationen zu Sars-CoV-2 im Internet werden zunehmend mit Sorge beobachtet.
Unter den Bundestagsparteien stoßen die Proteste nur bei den Anhängern der AfD mehrheitlich auf Zustimmung. 81 Prozent der Befragten lehnen die Demonstrationen laut ZDF-Politbarometer ab. Nur 16 Prozent finden sie gut. Bei den Anhängern von Union und SPD sind dies nur jeweils sieben Prozent. Dagegen befürworten 61 Prozent der AfD-Anhänger die Demonstrationen. Geringe Zustimmung gibt es auch bei FDP (20 Prozent) und den Linken (23 Prozent).
"Heftige Proteste sind besorgniserregend"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warf der AfD und anderen rechten Gruppen vor, die Proteste zu steuern. Insgesamt finden 66 Prozent der Befragten die Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern richtig, nur 17 Prozent halten sie für übertrieben. Die weit überwiegende Mehrheit (81 Prozent) glaubt auch nicht, dass Grundrechte dauerhaft eingeschränkt werden. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte vom 12. bis 14. Mai 1282 Wahlberechtigte.
"Die heftigen Proteste der letzten Tage sind besorgniserregend", sagte auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans der "Passauer Neuen Presse". "Die Akteure wittern die Chance, die Demokratie zu schwächen und die Gesellschaft zu destabilisieren." Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Das Leugnen und Verdrehen von Fakten kann in der Pandemie Leben gefährden." Die Sozialdemokratin sieht auch Verbindungen zu rassistischer und antisemitischer Hetze.
Die Zeitung zitierte den baden-württembergischen Verfassungsschutz damit, dass Extremisten seit dem Ausbruch der Pandemie versuchen würden, "deren weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen für ihre eigenen verfassungsfeindlichen Ziele zu instrumentalisieren". Vereinzelt könne bei den Demos der Versuch der Einflussnahme durch rechtsextremistische Akteure festgestellt werden. Der Verfassungsschutz warnte auch, dass mehrere Anschläge und Gewalttaten der vergangenen Jahre auf den Glauben an rechtsextremistische Verschwörungsmythen zurückzuführen seien.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/rts