Politik

Handlungsspielraum für Ampel Steuerprognose: 179 Milliarden Euro mehr bis 2025

Der geschäftsführende Finanzminister und designierte Bundeskanzler Olaf Scholz hat angesichts der Steuerprognose gut lachen.

Der geschäftsführende Finanzminister und designierte Bundeskanzler Olaf Scholz hat angesichts der Steuerprognose gut lachen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die aktuelle Prognose der Steuerschätzer freut nicht nur Finanzminister Scholz, sondern sicher SPD, Grüne und FDP insgesamt. Das Plus von rund 180 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren ermöglicht der Koalition in spe deutlich mehr Spielraum. Hauptprofiteur ist aber nicht der Bund.

Gute Nachrichten für die Ampel-Parteien in einer schwierigen Phase der Koalitionsverhandlungen: SPD, Grüne und FDP können voraussichtlich mehr Steuereinnahmen verplanen als gedacht. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass bis 2025 rund 179 Milliarden Euro mehr in die Kassen von Bund, Ländern und Kommunen fließen als noch im Mai vorhergesagt. "Die nächste Bundesregierung kann auf einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik aufbauen", erklärte Finanzminister Olaf Scholz am heutigen Donnerstag in Berlin. Allein für das laufende Jahr werden dem Schätzergebnis zufolge Mehreinnahmen von 38,5 Milliarden Euro erwartet, davon 11,7 Milliarden Euro für den Bund und 22,5 Milliarden Euro für die Länder. Für 2022 wird im Vergleich zur Mai-Schätzung ein Steuerplus von 36,8 Milliarden Euro vorhergesagt, davon 13,8 Milliarden Euro für den Bund und 17,0 Milliarden Euro für die Länder.

Grund für den Optimismus gibt vor allem der erwartete wirtschaftliche Aufschwung nach Ende des Pandemie-Tiefs. Die Erholung kommt - gedämpft durch Lieferengpässe und Corona-Folge - zwar nicht so voran, wie die Bundesregierung zunächst erwartet hatte. Im kommenden Jahr wird die Wirtschaft laut Herbstprognose aber deutlich an Fahrt gewinnen. Auch die "Wirtschaftsweisen", Berater der Bundesregierung, rechnen damit, dass privater Konsum und Industrieproduktion sich dann wieder normalisieren.

Wegen der Pandemie schwingt bei den Steuerschätzungen seit dem vergangenen Jahr allerdings mehr Unsicherheit mit als früher. Es ist kaum vorhersehbar, ob weitere Infektionswellen Wirtschaft und Konsum noch einmal ausbremsen, wie das Virus mutiert und ob die Impfquoten steigen wie gewünscht. Dennoch zeichnen die Steuerschätzer auch für die kommenden Jahre ein positives Bild: 2023 dürfte es demnach ein Plus von insgesamt 33,8 Milliarden Euro geben, 2024 von 33,6 Milliarden Euro und 2025 von 36,3 Milliarden Euro. Auf den Bund entfallen in diesen drei Jahren jährliche Mehreinnahmen zwischen 14,7 und 16,3 Milliarden Euro. Auch 2026 dürften die Steuereinnahmen weiter deutlich zunehmen; dieses Jahr war noch nicht in der Mai-Schätzung enthalten. Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen insgesamt werden der Prognose zufolge von 739,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr und nun erwarteten 812 Milliarden Euro für das laufende Jahr bis 2026 auf 987,5 Milliarden Euro ansteigen.

Jedes Jahr 50 Milliarden Euro investieren

Die optimistische Prognose gibt SPD, Grünen und FDP aber erst einmal mehr Spielraum in den laufenden Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag. Mit einer erfolgreichen Finanzpolitik "haben wir der neuen Regierung Handlungsspielräume ermöglicht", sagte der Finanzminister - "auch wenn die Bäume natürlich nicht in den Himmel wachsen". Möglicherweise kann man sich das ein oder andere umkämpfte Projekt nun aber doch leisten. Das grundlegende Finanzproblem der Ampel aber lösen Mehreinnahmen in der erwarteten Größenordnung kaum. 50 Milliarden Euro sollen pro Jahr zusätzlich in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung investiert werden - mit Schuldenbremse und ohne nennenswerte Steuern zu erhöhen. Scholz ist allerdings optimistisch: "Meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger findet ein gut bestelltes Feld vor." Trotz aller Herausforderungen sei Deutschland damit "gut gewappnet für die Herausforderungen der Zukunft".

Die Verhandler ringen daher um Wege, mehr Mittel zu mobilisieren, etwa über die Förderbank KfW, über öffentliche Unternehmen oder Investitionsgesellschaften. Diese Gesellschaften und Unternehmen zählen nicht zum Kernhaushalt des Bundes, dürfen also Kredite aufnehmen. So könnte etwa eine Fernstraßengesellschaft Geld leihen und das Straßennetz sanieren. Selbst die "Wirtschaftsweisen" waren zuletzt unterschiedlicher Meinung darüber, ob eine solche Umgehung der Schuldenbremse sinnvoll ist oder nicht. Fest steht: In den vergangenen Jahren hat die Corona-Krise ein riesiges Loch in die Staatshaushalte gerissen. 2020 und 2021 genehmigte sich der Bund neue Schulden von mehr als 370 Milliarden Euro. Nach vorläufigen Plänen könnten auch im kommenden Jahr mit ausgesetzter Schuldenbremse noch einmal fast 100 Milliarden Euro Kredite aufgenommen werden. Gerade warnte der Bundesrechnungshof, der Schuldenberg des Bundes drohe bis Ende 2022 auf nahezu 1,5 Billionen Euro anzusteigen. "Der Bund hat seinen finanziellen Spielraum damit ausgereizt", hieß es.

Quelle: ntv.de, als/AFP/dpa

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