Trotz Steigerungen Unternehmensberater halten Verteidigungsbudgets für unzureichend
18.02.2024, 11:21 Uhr Artikel anhören
Nicht nur Deutschland hat in den zurückliegenden Jahrzehnten zu wenig in die Verteidigung investiert.
(Foto: picture alliance/dpa)
In diesem Jahr erfüllt Deutschland erstmals wieder das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Die Unternehmensberatung McKinsey berechnet in einer Studie, wie sich die geringeren Ausgaben der vergangenen Jahrzehnte auswirken, und kommt zu einem verheerenden Urteil.
Die Unternehmensberatung McKinsey hält die Rüstungsanstrengungen in Europa für nicht ausreichend. In einer neuen Studie zur europäischen Verteidigungsstrategie, die dem "Spiegel" vorliegt, kommen die Berater zu dem Schluss, dass die europäischen NATO-Staaten in den vergangenen drei Jahrzehnten 1,6 Billionen Dollar weniger ausgegeben haben, als es dem 2014 vereinbarten Zwei-Prozent-Ziel der NATO entsprochen hätte.
"Auf Basis angekündigter Militärausgaben werden sich die Verteidigungsbudgets in Europa zwischen 2022 und 2028 um 700 bis 800 Milliarden Euro erhöhen", heißt es in der Studie. Das sei ein deutlicher Anstieg gegenüber früheren Ausgabenniveaus, werde aber "möglicherweise nicht reichen, um den Rückstau von Jahrzehnten mit niedrigeren Investitionen auszugleichen".
Weite Teile der europäischen Rüstungssysteme seien veraltet. Bei den Landsystemen, also etwa Panzern und Haubitzen, wurden etwa 50 Prozent aller Systeme in Europa vor 1990 in Betrieb genommen. Bei landgestützten Luftsystemen, der Flugabwehr etwa, seien es bis zu 80 Prozent.
Mehr innereuropäische Kooperation
Schuld an der Misere ist laut McKinsey auch die zersplitterte Unternehmenslandschaft. Sie habe dazu geführt, dass zwei- bis dreimal so viele europäische Anbieter bei Flugzeugen, Panzern und Schiffen konkurrieren als in den Vereinigten Staaten. Europas führende Rüstungsfirmen erzielten nur etwa 30 Prozent des Umsatzes eines durchschnittlichen US-Rüstungsunternehmens und seien weniger profitabel.
Die Berater empfehlen daher eine stärkere innereuropäische Kooperation. Fehlende Zusammenarbeit und getrennte Beschaffung führten zu Doppelarbeit bei Forschung und Entwicklung und begrenzten mögliche Größenvorteile, schreiben sie.
Deutschland hatte in diesem Jahr der NATO erstmals seit drei Jahrzehnten wieder geplante Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes gemeldet. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius machte jedoch auf der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich, dass er das Zwei-Prozent-Ziel längerfristig für zu niedrig hält. "Natürlich brauchen wir mehr", sagte Pistorius in einer Podiumsdiskussion. Dabei verwies er auf Russland und auch auf Krisenherde im Indo-Pazifik-Raum sowie in Afrika. Auf die Frage, ob vier Prozent realistischer seien, sagte der SPD-Politiker, es werde ein "ausreichender Betrag" gebraucht, vielleicht drei Prozent oder sogar 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Quelle: ntv.de, sba