Zweifel an Strafbarkeit von GedichtVerfahren gegen Böhmermann eingestellt
Die Anzeige des türkischen Präsidenten Erdogan gegen den Moderator Jan Böhmermann bleibt folgenlos. Das Verfahren ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mainz eingestellt. Demnach gibt es Zweifel an der Strafbarkeit von Böhmermanns Schmähgedicht.
Die Staatsanwaltschaft in Mainz hat ihre Ermittlungen gegen den ZDF-Moderator Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan eingestellt. Wie die Behörde mitteilte, "waren strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen".
Wie die Anklagebehörde weiter mitteilte, ist eine Beleidigung Erdogans nicht nachzuweisen, eben weil Böhmermann nicht ausdrücklich eine private Ansicht geäußert habe. Stattdessen habe das Schmähgedicht nur "als Beispiel für eine Überschreitung der Meinungsfreiheit dienen" sollen. Ferner sieht die Staatsanwaltschaft eine Geltung der Kunstfreiheit. Es sei "der Kunstgattung der Satire und Karikatur wesenseigen, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten", schreibt die Behörde.
Schutzbereich der Kunstfreiheit gilt
Böhmermann sei kein "vorsätzlich beleidigendes Handeln" nachzuweisen, schreibt die Staatsanwaltschaft. Dabei bezieht sich die Behörde auch auf Einlassungen Böhmermanns bei der Staatsanwaltschaft. Demnach war dem Beschuldigten "an einer derart übertriebenen und von der konkreten Person abgelösten Darstellung gelegen gewesen, dass die fehlende Ernstlichkeit und das Fehlen eines ernst gemeinten Bezuges zur persönlichen Ehre der Person jedem Hörer unmittelbar erkennbar sein sollten".
Die Staatsanwaltschaft schloss sich dieser Sichtweise an. Die Beleidigungen seien derart absurd und übertrieben, dass sich gar kein Bezug zu Erdogan herstellen lasse.
Der TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Böhmermann hatte sein Gedicht "Schmähkritik" Ende März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen. Er wollte damit nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen. Der Text handelt unter anderem von Sex mit Tieren und Kinderpornografie und transportiert außerdem Klischees über Türken.
Der Vorfall führte zu erneuten Spannungen in den ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen Ankara und Berlin. Die Mainzer Ermittlungen wurden möglich, nachdem die Bundesregierung eine Ermächtigung wegen des Strafverlangens der türkischen Regierung erteilt hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts.
Allerdings soll eine Privatklage Erdogans gegen Böhmermann noch am 2. November in Hamburg vor Gericht kommen. Die Entscheidung in Mainz dürfte an der Alster aufmerksam verfolgt werden. Die Mainzer Staatsanwaltschaft machte deutlich, dass es auch keine Hinweise auf strafbare Handlungen bei den an Produktion und Ausstrahlung der Sendung Beteiligten gebe.
