Furcht vor Ausweitung des Kriegs Vier Hisbollah-Kämpfer sterben bei Angriff im Südlibanon
04.01.2024, 12:11 Uhr Artikel anhören
Ziel des Angriffs Israels war laut Hisbollah die südlibanesische Stadt Nakura.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die israelische Luftwaffe soll Angriffe auf ein Grenzdorf im Südlibanon geflogen haben. Dabei seien der örtliche Hisbollah-Chef und drei weitere Kämpfer getötet worden, wie die pro-iranische Schiitenmiliz mitteilt. Aus Sorge vor einer Ausweitung der Kämpfe reist US-Außenminister Blinken in die Region.
Die pro-iranische Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon hat den Tod von vier ihrer Kämpfer bekannt gegeben. Laut Angaben aus Hisbollah-nahen Kreisen wurden die vier Milizmitglieder in der Nacht zu Donnerstag in der südlibanesischen Stadt Nakura an der Grenze zu Israel getötet. Unter ihnen befand sich demnach auch der örtliche Hisbollah-Chef. Nach Angaben der offiziellen libanesischen Nachrichtenagentur Ani führte die israelische Luftwaffe "Angriffe auf das Zentrum von Nakura aus, bei denen ein Wohnhaus zerstört und umliegende Häuser beschädigt wurden".
Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen vor rund drei Monaten greift auch die mit der Hamas verbündete Hisbollah Israel nahezu täglich vom Südlibanon aus an. Die israelische Armee reagiert auf die Angriffe mit verstärkten Luftangriffen im Libanon und in Syrien. Bislang beschränkten sich die Gefechte auf die Grenzgebiete im Südlibanon.
Nach der Tötung des Hamas-Vizechefs Saleh al-Aruri in der libanesischen Hauptstadt Beirut wächst international allerdings die Sorge vor einer Ausweitung des Kriegs auch auf den Libanon. Nach Einschätzung eines US-Regierungsvertreters führte Israel den Angriff aus.
Nasrallah droht: "Ohne Einschränkungen kämpfen"
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warnte Israel am Mittwoch vor einem Krieg gegen den Libanon. "Wenn der Feind denkt, einen Krieg gegen den Libanon zu führen, werden wir ohne Zurückhaltung, ohne Regeln, ohne Grenzen und ohne Einschränkungen kämpfen", sagte Nasrallah in einer im Fernsehen übertragenen Rede.
Al-Aruri war am Dienstag in einem Vorort von Beirut getötet worden. Laut einem über die vorläufigen Ermittlungen informierten libanesischen Sicherheitsbeamten wurden die Nummer zwei der Hamas und sechs weitere Hamas-Funktionäre mit israelischen Lenkraketen getötet, andere Quellen sprachen von einer israelischen Drohne. Al-Aruri soll wichtiger Militärstratege der Hamas und einer ihrer Anführer im Westjordanland gewesen sein. Israel macht ihn für die Planung zahlreicher Anschläge verantwortlich.
Israel äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Armeesprecher Daniel Hagari betonte, Israel bleibe "konzentriert auf den Kampf gegen die Hamas", sei aber zugleich "in hohem Maße auf jedes Szenario" vorbereitet.
US-Außenminister Blinken reist erneut in die Region
Angesichts der Furcht vor einer Ausweitung des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas reist US-Außenminister Antony Blinken nach Angaben aus Washington erneut in den Nahen Osten. Blinken werde die Reise am Donnerstagabend antreten und in ihrem Verlauf unter anderem Israel besuchen, hieß es am Mittwochabend (Ortszeit) aus Regierungskreisen.
Zu den genauen Zielen der Nahost-Reise von US-Außenminister Blinken gab es aus Washington zunächst keine weiteren Angaben. Bei seinen Reisen in den vergangenen Wochen hatte der US-Chefdiplomat aber auch mehrere arabische Länder besucht.
Es wäre Blinkens vierte Nahost-Reise und sein fünfter Besuch in Israel seit dem Überfall der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober. Blinken begleitete zudem US-Präsident Joe Biden bei einem Israel-Besuch Mitte Oktober.
USA weisen Anschuldigungen zurück
Vor Bekanntwerden von Blinkens erneuter Nahost-Reise hatte US-Außenamtssprecher Matthew Miller erklärt, kein Land habe "Interesse an einer Eskalation" in der Region. Zudem trat Miller Äußerungen aus dem Iran entgegen, die USA könnten mit einem Anschlag in der südiranischen Stadt Kerman zu tun haben. "Jegliche Andeutung des Gegenteils" sei "lächerlich", sagte Miller. Seine Regierung habe auch "keinen Grund zu der Annahme", dass Israel mit dem Vorfall zu tun habe.
Am Mittwoch waren bei dem Bombenanschlag in Kerman nahe dem Grab des 2020 von den USA getöteten Generals Kassem Soleimani nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Teheran 84 Menschen gestorben. Weitere 284 Menschen wurden laut iranischen Staatsmedien verletzt.
Einen Tag nach dem verheerenden Anschlag hat Irans Rettungsdienst die Zahl der Todesopfer erneut nach unten korrigiert. Staatsmedien hatten die Zahl der Todesopfer am Mittwoch zunächst mit 103 angegeben, Gesundheitsminister Bahram Eynollahi korrigierte sie am Abend dann auf 95. Rettungsdienst-Chef Miadfar begründete die Verwirrung um die Opferzahlen mit dem verheerenden Zustand, in dem sich einige Leichen nach den Explosionen befunden hätten.
Quelle: ntv.de, gut/AFP/dpa