Politik

"Erst Reformen, dann Geld" Wissing bremst Länder bei 9-Euro-Ticket aus

Das 9-Euro-Ticket läuft in knapp einer Woche aus: Verkehrsminister Wissing hat es nicht eilig mit einer möglichen Verlängerung.

Das 9-Euro-Ticket läuft in knapp einer Woche aus: Verkehrsminister Wissing hat es nicht eilig mit einer möglichen Verlängerung.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das 9-Euro-Ticket ist extrem beliebt, doch eine Verlängerung hängt am Geld: Während die Länder den Bund in der Pflicht sehen, winkt Verkehrsminister Wissing ab. Berlin plant derweil für den Billig-Tarif einen Alleingang, zumindest fürs Stadtgebiet.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing will trotz heftiger Diskussionen über eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket und die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs bei seinem "Fahrplan" bleiben. Er habe im Frühjahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die solle zunächst "strukturelle Fragen" klären und die Ergebnisse vorlegen, sagte der FDP-Politiker in Berlin. Er wolle erst über Inhalte reden, dann über Geld.

Die Verkehrsminister der Länder hatten bei einer Sonderkonferenz am Vormittag sehr viel mehr Geld für den ÖPNV gefordert; auch bei der Finanzierung einer Nachfolge für das 9-Euro-Ticket sehen sie den Bund in der Pflicht. Wissing nannte dieses Ergebnis "enttäuschend": Die Bürger erwarteten, dass Lösungen präsentiert würden und nicht, dass die Verantwortung verschoben werde. Der Nahverkehr ist eigentlich Sache der Bundesländer.

Verkehrsminister verweisen auf gestiegene Energiekosten

Wissing bot den Ländern "konstruktive Gespräche" darüber an, wie der ÖPNV attraktiver werden könne. Der Bundesverkehrsminister wiederholte, er sehe Chancen in der Digitalisierung: "Man kann das Ticketing einfacher gestalten." Das spare auch Geld. Er wehre sich dagegen, "alles zu lassen wie es ist" und mehr Geld ins System zu schieben. "Denken wir nicht von der Angebotsseite, sondern von der Nachfrageseite", sagte Wissing. Es müsse geklärt werden, was die Menschen motiviert habe, auf den ÖPNV umzusteigen.

Angesichts explodierender Energiekosten hatte die Verkehrsministerkonferenz am Vormittag eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten des öffentlichen Nahverkehrs in Milliardenhöhe gefordert. Die Mittel müssten in diesem und im kommenden Jahr um jeweils 3,15 Milliarden erhöht werden und danach dann um 1,5 Milliarden Euro jährlich, erklärten die Minister nach einer Video-Sonderkonferenz. Die aktuelle Finanzierung des ÖPNV durch den Bund sei unzureichend. Die Verkehrsministerkonferenz forderte von der Bundesregierung außerdem "zeitnah einen tragfähigen und nachhaltigen Vorschlag zur Nachfolge des 9-Euro-Tickets". Der Bund müsse sich hier "zu seiner vollständigen Finanzierungsverantwortung" bekennen und sie auch dauerhaft absichern.

Bundesweite Proteste für Fortsetzung des Tickets geplant

Mit einem bundesweiten Demonstrations- und Aktionstag will eine Initiative am Samstag bundesweit für eine Verlängerung des Neun-Euro-Tickets protestieren. Die Fortsetzung sei nicht zuletzt wegen steigender Energiepreise und Inflation wichtiger denn je, erklärte die Initiative "9-Euro-Ticket weiterfahren". Das Bündnis forderte "eine nahtlose Anschlusslösung" für das Ende August auslaufende Ticket, das für monatlich neun Euro bundesweit Fahrten im Nah- und Regionalverkehr erlaubt.

Zu der Initiative zählen das Kampagnennetzwerks Attac sowie Teilnehmer aus den Reihen von Umweltorganisationen, Gewerkschaften und Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linken. Unterstützt wird das Bündnis auch von Prominenten wie dem Musiker Konstantin Wecker oder der Politaktivistin Carola Rackete. Laut Internetseite der Initiative waren am Freitag etwa 40 Aktionen in Städten bundesweit geplant - darunter in den Großstädten Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, Köln und Stuttgart. Dazu zählten Demonstrationen und Informationsstände.

Um die Bürger angesichts der massiven Preissteigerungen zu entlasten, will die Berliner SPD das 9-Euro-Ticket im Alleingang verlängern. Wie der RBB aus Parteikreisen erfuhr, soll das preiswerte ÖPNV-Angebot über Ende August hinaus bis zum Jahresende in Berlin gelten. Der SPD-Vorschlag sieht vor, das 9-Euro-Ticket im Tarifbereich AB bis zum Jahresende anzubieten. Über Berlins Stadtgrenzen hinaus hätte die stark verbilligte Monatskarte jedoch anders als das bisherige Ticket keine Gültigkeit.

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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