
Am Boden: Andreas Wolff.
(Foto: IMAGO/Jan Huebner)
Die Leidenszeit in der Champions League geht für Andreas Wolff weiter. Wieder scheitert der deutsche Handball-Nationaltorhüter mit seinem Team am SC Magdeburg. Eben jenem Klub, mit dem er in Verbindung gebracht wird. Die Gerüchte facht er mit seiner Lobeshymne weiter an.
Andreas Wolff und der SC Magdeburg. Dass die Wechsel-Gerüchte um den deutschen Handball-Nationaltorhüter ausgerechnet vor dem Duell in der Champions League seines Klubs Industria Kielce mit dem deutschen Pokalsieger aufkamen, dafür kann Wolff nichts. Er hat nun aber nicht gerade dazu beigetragen, dass sie weniger werden.
Bei allem Frust über das Ausscheiden in der Königsklasse im Siebenmeter-Krimi am Mittwochabend schwärmte er nämlich: "Besonders für mich hat es sich wie ein Heimspiel angefühlt. Ich bin ein Deutscher und spiele in Deutschland. Das ist eine große Ehre. Natürlich waren unsere Fans heute wunderbar, aber die Magdeburg-Fans waren auch toll." Er gratulierte zudem einer "fantastischen Mannschaft".
Der 33-Jährige, der beim DHB einer der Fan-Lieblinge ist, fügte hinzu: "Ich kann von meiner Seite nur jedem einzelnen Fans danken, der in dieser Arena war. Es war eine unglaubliche Atmosphäre und sie haben gezeigt, warum der Sport so beliebt in Deutschland und Europa ist. Es war ein geniales Spiel. Leider war es nicht genug, um nach Köln zu fahren." Im deutschen Handball-Mekka findet am 8./9. Juni das Final Four der Königsklasse statt. Ohne Kielce, dafür mit Magdeburg.
Wolff eigentlich ein Siebenmeter-Killer
Der Titelverteidiger hat es wieder geschafft, den polnischen Topklub zu bezwingen. Mit 26:27 hatte Magdeburg das Hinspiel in Kielce verloren, weil der Spielstand bei der Schlusssirene in Sachsen-Anhalt dann 23:22 war, ging es direkt ins Siebenmeterwerfen. Eigentlich ein Nerven-Duell wie gemacht für Wolff. Der deutsche Schlussmann und sein Torhüterkollege Sandro Mestric hatten in der regulären Spielzeit sechs Siebenmeter entschärft. Und im Siebenmeter-Ranking in der Champions League steht Wolff mit 43,59 Prozent entschärften Würfen auf Platz eins. 17 von 39 Siebenmeter kamen nicht an ihm vorbei.
Die Handball-Welt weiß um Wolffs Klasse, seine Aura tut ihr Übriges dazu bei. Und so ging es gut für den Kielce-Schlussmann los im Duell Mann gegen Mann. Gleich den ersten Wurf von Tim Hornke parierte er, setzte Magdeburg und dessen Torhüter Sergey Hernandez gleich unter Druck. Auch den Wurff von Christian O'Sullivan hielt er. Nach jeweils fünf Spielern war die Bilanz weiter ausgeglichen. Also nun einzeln weiter, noch mehr Spannung.
Dylan Nahi kam nicht an Hernandez vorbei, im Gegenzug traf Omar Ingi Magnusson für Magdeburg. Sekunden stand er jubelnd allein auf der Platte, dann stürzte sich sein Team auf ihn, Trainer Bennet Wiegert inklusive. Der drehte nach seinem Sprung in die Traube aber schnell wieder ab, ballte für sich allein die Fäuste, ehe er in den Katakomben verschwand. Später sprach er vom Siebenmeterwerfen als "Münzwurf". "Aber wir hatten in den letzten Jahren schon Siebenmeterwerfen und konnten einige für uns entscheiden."
Für den Bundesligisten ist tatsächlich Historisches möglich. Das "Quadruple" aus Meisterschaft, Pokalsieg, Weltpokal und Champions League ist noch keiner deutschen Mannschaft gelungen. "Unglaublich, dass wir das erreichen können", so Wiegert. Pokal und Weltpokal sind bereits eingetütet, die Meisterschaft ist seinem Team wenige Spieltage vor Saisonende quasi nicht mehr zu nehmen.
Protest von Kielce
Alles andere als glücklich war sein Gegenüber Talant Dujshebaev. Er witterte eine Benachteiligung durch die Schiedsrichter. Nach der regulären Spielzeit stürmte er aufs Feld und schmiss sich sogar auf den Boden, weil die Unparteiischen den letzten Angriff seines Teams wegen eines Schrittfehlers abgepfiffen hatten. Auch auf der Pressekonferenz war er noch sichtlich und hörbar angefressen: "Glückwunsch an Magdeburg. Ich möchte gar nicht mehr dazu sagen, weil ich sonst eine Strafe von der EHF bekommen würde. Danke. Alles war gut", sagte der einstige Weltklassespieler sarkastisch. "Glückwunsch. Alle haben in den beiden Spielen gesehen, was passiert ist. Mehr sage ich nicht. Glückwunsch. Großes Team."
Das Ganze hat sogar ein Nachspiel, weil Kielce einen Protest beim europäischen Verband einlegte, wie handball-world berichtet. Fraglich ist, wie die EHF darüber entscheidet. Die Halbfinalpaarungen werden bereits am kommenden Dienstag ausgelost.
Bericht: Wolff und Magdeburg einig
Das Heimteam feierte, die Halle tobte - die Gäste um Wolff standen mit hängenden Köpfen da. "Herzzerreißend" nannte es der sichtlich niedergeschlagene Keeper nach dem Spiel. Er sei "maßlos enttäuscht. Es tut sehr weh, und es brodelt auch in mir, weil wir nicht zum ersten Mal so unsere Ziele verspielt haben". Wieder das Siebenmeterwerfen. Wieder raus. 2022 hatte eine Pleite nach Siebenmeterwerfen den Traum vom Titel zerstört. Im Finale war der FC Barcelona besser als Wolff und Co. Im Vorjahr gelang dann Magdeburg im Finale der Sieg in der Verlängerung - vor dem möglichen Siebenmeterwerfen. Nun also das dritte knappe Aus in Folge für Wolff und Co.
2019 war der Keeper vom THW Kiel nach Polen gewechselt. Er wolle dort spielen, wo der Erfolg am größten ist, hatte er immer wieder betont. Polnische Meistertitel sammelt er mit Kielce verlässlich, doch der Champions-League-Titel bleibt ihm wieder einmal verwehrt. Bis 2028 läuft sein Vertrag noch - er könnte in der kommenden Saison einen neuen Versuch starten.
Oder aber es passiert, was sich als Gerücht hartnäckig hält. Nämlich, dass Wolff zu denen wechselt, die ihn jetzt zweimal in Folge um den möglichen Titel gebracht haben. Nach Magdeburg. Zurück in die Heimat, zu den Fans, die er so lobt. Die "Bild" berichtet, dass sich Wolff und die Sachsen-Anhaltiner über einen Transfer in diesem Sommer bereits einig sind. Für den vorzeitigen Wechsel müsste Magdeburg eine Ablöse zahlen.
Doch der Klub hat tatsächlich dringenden Bedarf auf der Position. Dem bisherigen Stammtorwart Nikola Portner droht eine Doping-Sperre. Bislang ist er wegen der positiven Dopingprobe auf Methamphetamine suspendiert. Die B-Probe brachte an diesem Donnerstag Klarheit: Auch sie ist positiv, teilte der Anwalt des Klubs mit. "In Bezug auf die Konzentrationshöhe verweisen wir auf die bisher getätigten Äußerungen. Nach aktuellem Kenntnisstand resp. weitergehenden Untersuchungen ist überdies ausgeschlossen, dass in den Wochen und Monaten vor dem relevanten Dopingtest jemals eine "normale" Konsummenge von Methamphetamin in Nikola Portners Körper gelangt ist", so Prof. Dr. Rainer Tarek Cherkeh, der Magdeburg anwaltlich vertritt. "Angesichts des laufenden Verfahrens können zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Informationen bekannt gegeben werden."
Es wird ein Disziplinarverfahren gegen Portner eröffnet werden. Der Schweizer bestreitet die wissentliche Einnahme von Crystal Meth. Seine positiven Tests aber werden Folgen haben - und die Gerüchte um Wolff und Magdeburg noch heißer werden lassen.
Quelle: ntv.de