In der Spitze fehlt die Breite DSV-Adler droht unsanfte Landung bei WM
28.01.2021, 17:36 Uhr
Tief durchatmen.
(Foto: imago images/Newspix)
2019 gewinnen die deutschen Skispringer bei der WM im Einzel, im Team und im Mixed. Kurz vor der WM 2021 aber sind die Aussichten weniger toll. Denn zwischen dem Top-Duo und der zweiten Reihe klafft eine gewaltige Lücke. Die Zahl der Sorgenkinder wächst dabei stetig.
Markus Eisenbichler und Karl Geiger lassen vom goldenen Spätwinter träumen, doch hinter den Stars wird es dünn: Drei Wochen vor WM-Beginn in Oberstdorf sind die deutschen Skispringer nur bedingt angriffsbereit. Die heiße Vorbereitungsphase, die mit dem Heim-Weltcup in Willingen am Wochenende startet, wird für Bundestrainer Stefan Horngacher zum kniffligen Personal-Puzzle.
"Wir haben uns zuletzt in Lahti wieder zurückgekämpft", sagt Horngacher: "Es gibt noch Baustellen, aber wir sind auf dem richtigen Weg und freuen uns auf Willingen." Richtiger Weg und richtige Freude - das trifft aber nur auf einen Teil der DSV-Adler zu. Frei nach Berti Vogts: Die Breite an der Spitze ist nicht allzu dicht.
Auch beim diesmal zuschauer- und partyfreien Weltcup im Upland ruhen die deutschen Hoffnungen ganz auf den Weltmeistern Eisenbichler und Geiger. "Die Sprünge laufen wieder. Ich freue mich sehr auf Willingen, will angreifen und fliegen", sagt Eisenbichler. Am Sonntag stand "Eisei" als Zweiter in Lahti zum ersten Mal nach Weihnachten auf dem Podest. Er und Geiger, in Finnland als Dritter zum ersten Mal seit der Vierschanzentournee auf dem Stockerl, steuern voll auf Kurs Oberstdorf - doch dort liegt die Messlatte hoch.
Mit der rauschenden WM 2019 hinterließ der scheidende Bundestrainer Werner Schuster seinem Nachfolger ein schweres Erbe: Gold und Silber im Großschanzen-Einzel für Eisenbichler und Geiger, Team-Gold, Mixed-Gold. Schuster hatte damals aber auch reichlich Auswahl: Die Olympiazweiten Richard Freitag und Stephan Leyhe komplettierten das Team, Olympiasieger Andreas Wellinger sah als Ersatzmann nur zu.
Freitag gewinnt - in der 3. Liga
Horngacher muss hingegen eher Mangel verwalten. Hinter den Topstars hat sich der spätberufene Pius Paschke als solide Nummer drei etabliert. An Position vier versuchte es der Bundestrainer in drei Mannschaftspringen mit drei verschiedenen Adlern, doch weder Youngster Constantin Schmid oder Altmeister Severin Freund noch Martin Hamann waren eine allzu verlässliche Lösung.
Prominente Alternativen jenseits des Weltcup-Teams drängen sich nicht auf. Gelegenheiten, bisherige Eindrücke zu korrigieren, gibt es kaum. "Die Jungs haben den Sommer gemeinsam trainiert, jeder hatte die gleichen Möglichkeiten, sich zu qualifizieren. Aber wenn man nicht dabei ist, wird es irgendwann schwierig. So ist Sport", sagt Horngacher.
Leyhe ist ohnehin raus - nach seinem Kreuzbandriss wird der Willinger auch beim Heimspiel wehmütiger Zaungast sein. Rückkehrer David Siegel braucht Zeit, Dauersorgenkind Richard Freitag gewann zuletzt sein erstes Springen seit drei Jahren - allerdings beim drittklassigen FIS-Cup im polnischen Szczyrk.
Und Wellinger? Rutschte in seiner Comeback-Saison nach einem Kreuzbandriss aus dem Weltcup-Team, sprang danach in Continental-Cups hinterher und gab auch eine Etage tiefer in Szczyrk mit Platz 28 und 42 ein Jammer-Bild ab. Er und der Reservisten-Rest müssten bei den vier COC-Springen in Willingen nach dem Weltcup-Wochenende mächtig abliefern, um WM-Chancen zu haben.
Horngacher ist nicht zu beneiden, aber seit seinen Erfolgsjahren in Polen wird dem Österreicher ein magisches Händchen nachgesagt. Das wird er auch brauchen, muss er doch für Oberstdorf aus zwei überragenden Springern ein starkes Fünferteam puzzeln.
Quelle: ntv.de, tsi/sid