Beim Abfahrtsklassiker in Wengen Dreßen rast "ohne Eier" aufs Stockerl
18.01.2020, 15:06 Uhr
Für Thomas Dreßen geht in Wengen ein Traum in Erfüllung.
(Foto: REUTERS)
Thomas Dreßen rast beim Abfahrtsklassiker von Wengen als erster Deutscher seit 28 Jahren aufs Podest - mit "fettem Arsch", aber ohne "Eier", wie der 26-Jährige sagt. Der Gewinner Beat Feuz muss unterdessen seinen Arzt täuschen, um sich den Sieg zu sichern.
Im tückischen Ziel-S der Lauberhorn-Abfahrt von Wengen, das weiß nicht nur Thomas Dreßen, platzen Jahr für Jahr die Siegträume der größten Skirennläufer. Als Dreßen am Samstagmittag bei der Jagd nach der Ideallinie durch diese Schlüsselstelle raste, "habe ich meinen fetten Arsch nach vorne bewegt", sagte der 26-Jährige scherzhaft - und diese Taktik ging voll auf: Dreßen machte die entscheidenden Hundertstelsekunden gut und fuhr beim Klassiker im Berner Oberland als erster Deutscher seit Markus Wasmeier zweitem Rang 1992 aufs "Stockerl".
"Ich bin extrem happy", sagte Dreßen nach Platz drei hinter dem von Tausenden euphorischen Landsleuten umjubelten Tagessieger Beat Feuz und Super-G-Weltmeister Dominik Paris aus Italien: "Ein Podium am Lauberhorn ist ein Traum, das wollte ich immer mal schaffen. Dass es aufgegangen ist, ist geil."
"Hätte die Eier haben müssen ..."
Nur 0,31 Sekunden fehlten Dreßen auf der nach nächtlichem Schneefall um über einen Kilometer verkürzten Strecke zum ersten Erfolg eines deutschen Abfahrers am Lauberhorn seit jenem von Doppel-Olympiasieger Wasmeier 1987. Dabei war es nach Rang fünf 2018 erst seine zweite Spezial-Abfahrt vor der gewaltigen Kulisse der Bergriesen Eiger, Mönch und Jungfrau.
Dreßen fuhr nicht nur im Ziel-S clever, auch andere wichtige Passagen wie Kernen-S oder Alpweg, wo er das Tempo geschickt dosierte, meisterte er gekonnt. Einzig im oberen Abschnitt bei der Minsch-Kante und der folgenden Canadian Corner sei er "nicht perfekt" gefahren, meinte er.
Weil der Mittenwalder dort seine Ski etwas zu früh umlegte, hätte ihn wohl nur eine Harakiri-Aktion auf der Ideallinie gehalten. "Ich hätte die Eier haben müssen, auf Zug zu fahren, aber das habe ich mir in dem Moment nicht zugetraut", sagte er und lachte. Doch auch so reichte es für den Kitzbühelsieger zur dritten Podestfahrt in diesem Winter nach dem Sieg bei seinem Comeback-Rennen nach Kreuzbandriss in der Abfahrt von Lake Louise und Rang drei im Super-G von Gröden. Manuel Schmid durfte sich als 13. über sein bestes Weltcup-Ergebnis freuen, auch Romed Baumann und Andreas Sander holten auf den Rängen 24 und 30 Weltcup-Punkte.
Der Sieger täuscht den Arzt
Josef Ferstl erlebte eine Woche vor der Rückkehr nach Kitzbühel, wo er im Vorjahr den Super-G gewonnen hatte, als 47. einen rabenschwarzen Tag. Dreßen dagegen sieht sich für das Comeback auf der "Streif" nach der unfreiwilligen Pause 2019 gerüstet. "Ich freue mich extrem auf Kitzbühel", sagte er, "das ist für uns Abfahrer heuer das Rennen. Wenn ich ehrlich bin: immer, egal, was ist."
Feuz gewann das Rennen im Kernen-S und stellte mit seinem dritten Heimsieg nach 2012 und 2018 den Weltcup-Rekord der österreichischen Skilegende Franz Klammer am Lauberhorn ein - und das, obwohl er sich im Dezember die linke Mittelhand gebrochen hatte. "Ich habe viel riskiert, weil ich ohne Schiene gefahren bin. Das wäre eigentlich nicht erlaubt gewesen", sagte er im Schweizer Fernsehen. Der Teamarzt, gab der Weltmeister von 2017 zu, habe "nichts gewusst".
Quelle: ntv.de, Marco Mader, sid