Sport

Kein Carlsen & Russen-Propaganda Schach-Farce: Niemand will die WM ausrichten

Der Nachfolger von Magnus Carlsen wird gesucht.

Der Nachfolger von Magnus Carlsen wird gesucht.

(Foto: REUTERS)

Anfang April wird im Duell zwischen Ian Nepomniachtchi und Ding Liren der neue Schach-Weltmeister ausgespielt. Wo die beiden Großmeister aufeinandertreffen, steht aber immer noch nicht fest. Das hängt auch mit Superstar Magnus Carlsen zusammen.

Die Zeit drängt, eine Lösung ist aber immer noch nicht in Sicht. Die Suche nach einem Austragungsort für die Schach-Weltmeisterschaft 2023 gerät immer mehr zur Farce. Obwohl die erste Partie zwischen Ian Nepomniachtchi und Ding Liren schon in 86 Tagen stattfinden soll, hat der Weltverband FIDE für sein wichtigstes Event noch keinen Gastgeber gefunden. Levy Rozman, einer der populärsten und größten Schach-Streamer, legte in dieser Woche den Finger in der Wunde und schrieb auf Twitter von einer "organisatorischen und kommunikativen Katastrophe". FIDE-Sprecher David Llada stimmte ihm in Teilen zu und sprach gegenüber "chess24.com" von "berechtigter Kritik".

Dass sich die Suche in die Länge zieht, begründete Llada unter anderem mit Planungsproblemen im Rahmen einer Neu-Sortierung des Schach-Kalenders nach der Pandemie. "Deshalb hatten wir dieses Mal einen viel engeren Zeitrahmen." Eine nachvollziehbare, sicher aber nicht die einzige Erklärung. Das größere, vom Verband unausgesprochene Problem, ist wohl vielmehr, dass Superstar Magnus Carlsen in diesem Jahr nicht mehr Teil der Weltmeisterschaft ist. Der Norweger hat seinen Titel niedergelegt und wird erstmals seit 2013 nicht an einer WM-Partie teilnehmen. Damit fehlt dem Event das größte Zugpferd, das der Sport zu bieten hat. Das schreckt unter anderem Sponsoren ab.

Der dominante Superstar fehlt

Sport.de

powered by sport.de - Transfer-Gerüchte, News und Liveticker - alle Infos aus der Welt des Sports finden Sie hier!

"Das ist wahrscheinlich das am wenigsten interessante WM-Spiel seit langer Zeit", sprach Norwegens Schach-Experte Atle Grönn im "Dagbladet"-Gespräch das aus, was die FIDE nicht öffentlich zugeben kann. Auch mit Magnus Carlsen habe es immer wieder Probleme gegeben, einen Austragungsort zu finden, bemerkte Grönn. Ohne den Superstar sei es jedoch ungleich schwerer. Schach-Journalist Tarjei Svendsen sieht es ähnlich und sagt: "Es ist klar, dass es deutlich schwieriger ist, eine WM zu organisieren, wenn der Spieler fehlt, der den Schach-Sport im letzten Jahrzehnt dominiert hat." Das Fehlen von Carlsen ist aber auch nur ein weiteres Problem. Grönn spekuliert, dass einer der Herausforderer mögliche Geldgeber ebenfalls abschreckt.

"Am Ende repräsentiert 'Nepo' Russland. Das macht eine Austragung für westliche Länder komplizierter", verwies er auf die Herkunft von Ian Nepomniachtchi, der sich zwar schon früh vom Krieg distanzierte, am Ende aber dennoch von den russischen Staatsmedien instrumentalisiert werden könnte, zumal der Schach-Sport in Russland überaus populär ist. Dass die FIDE derartige Schlagzeilen unbedingt verhindern möchte, ließ Präsident Arkady Dvorkovich schon im November durchblicken, als er einer WM-Austragung in Russland eine deutliche Abfuhr erteilte und damit auf eine Empfehlung des IOC reagierte.

Dabei ist, beziehungsweise war Russland für den Verband neben den USA, China und Indien der vielleicht wichtigste und größte Markt überhaupt. Der Krieg hat diesen Markt vorübergehend lahmgelegt. Das ist aus Verbandssicht vor allem eins: schlecht fürs Geschäft.

Das Mexiko-Projekt ist gescheitert

Mehr zum Thema

Noch im November hatte die FIDE die Hoffnung, einen WM-Ausrichter gefunden zu haben. Dvorkovich bestätigte Gespräche mit einem Veranstalter in Mexiko und erklärte: "Wir werden innerhalb eines Monats eine Entscheidung treffen." Knapp zwei Monate später lässt diese Entscheidung immer noch auf sich warten. Mexiko, das verriet Sprecher David Llada nun, ist mittlerweile abgesprungen. Das Projekt, das dem Verband dort präsentiert wurde, sei so verlockend gewesen, dass man dem potenziellen Ausrichter mehr Zeit einräumte. "Dieser ambitionierte Plan hat sich aber nicht materialisiert. Deswegen denken wir jetzt über alternative Angebote nach", schilderte er gegenüber "chess24.com".

Eine weitere Offerte von einem Land auf dem amerikanischen Kontinent liege der FIDE gerade vor. Eine Delegation reist in dieser Woche hin. "Wenn sie wiederkommen, sind wir in einer Position, eine Entscheidung zu treffen", versicherte Llada. Atle Grönn vertraut diesen Aussagen und glaubt: "Ich denke, sie werden es schon hinbekommen." Eine glückliche Figur, das ist jetzt schon klar, kann der Verband dabei nicht mehr abgeben. Dafür ist es längst zu spät.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen