Start über 800 Meter unmöglich Semenya verliert Streit um Testosteron-Regel
30.07.2019, 19:57 Uhr
Caster Semenya darf bei der WM nicht über 800 Meter starten.
(Foto: imago images / Xinhua)
Läuferin Caster Semenya kämpft lange um ihren Start über 800 Meter bei den Frauen. Doch nun verliert die Südafrikanerin den Streit um die Testosteron-Regel, die der Leichtathletik-Weltverband aufstellt. Ihren WM-Titel kann sie damit ebenfalls nicht verteidigen.
Keine Ausnahme für Caster Semenya: Das Schweizer Bundesgericht hat die Aufhebung der umstrittenen Testosteron-Regel für die zweimalige Leichtathletik-Olympiasiegerin vorerst gekippt, die 28-jährige Südafrikanerin wird nach dieser kapitalen juristischen Niederlage bei der WM in Doha/Katar (27. September bis 6. Oktober) ihren Titel über 800 Meter nach derzeitigem Stand nicht verteidigen können.
"Das DSD-Reglement ist gegenüber Caster Semenya vorerst wieder anwendbar. Das Bundesgericht hebt seine superprovisorische Anordnung vom 31. Mai 2019 auf und weist nach Anhörung der Gegenpartei (Leichtathletik-Weltverband IAAF; d.Red.) das Gesuch von Caster Semenya um provisorische Nichtanwendung des DSD-Reglements bzw. aufschiebende Wirkung für ihre Beschwerde gegen den Entscheid des Internationalen Sportschiedsgerichts Cas ab", teilte das Bundesgericht mit. Ebenso weist das Bundesgericht "das Ersuchen des südafrikanischen Leichtathletikverbandes ab, der um Aussetzung des DSD-Reglements gegenüber allen Athletinnen ersucht hatte. Über die Beschwerde als solche hat das Bundesgericht noch nicht entschieden."
"Ich werde Urlaub machen"
Die enttäuschte Südafrikanerin ließ über ihre Anwälte mitteilen: "Ich bin sehr enttäuscht, meinen hart erarbeiteten Titel nicht verteidigen zu können, aber das wird mich nicht davon abhalten, meinen Kampf für die Menschenrechte aller betroffenen Sportlerinnen fortzusetzen." Läuferinnen mit so genannten "Differences of Sex Development" (DSD) sollen nach den Vorstellungen der IAAF nur dann auf den Strecken zwischen 400 Meter und der Meile bei den Frauen starten dürfen, wenn sie ihren erhöhten Testosteronspiegel durch die Einnahme von Medikamenten unter einen Grenzwert drücken.
Semenya hatte bereits zuvor angekündigt, bei der WM nur über ihre Paradestrecke 800 Meter an den Start zu gehen, und einen Streckenwechsel ausgeschlossen, sollte die Regel wieder eingesetzt werden. "Wenn ich nicht die 800 Meter laufe, laufe ich gar nicht bei der WM. Keine 1500 Meter und auch nichts anderes. Ich werde dann Urlaub machen."
"Menschliches Versuchskaninchen"
Am 31. Mai hatten Semenyas Vertreter vor dem Bundesgericht erreicht, dass die Testosteron-Regel für ihre Mandantin vorübergehend außer Kraft gesetzt wird. Diese war zuvor vom Internationalen Sportgerichtshof Cas zwar als "diskriminierend", aber auch "notwendig" bezeichnet worden, um einen fairen Wettbewerb zu garantieren. Die IAAF wiederum hatte Ende Juni die Wiedereinführung der Testosteron-Regel für Semenya gefordert. Ein "fairer und bedeutungsvoller Wettbewerb" erfordere "eine geschützte Kategorie für Frauen, deren Berechtigung auf der Biologie und nicht auf der Geschlechtsidentität basiert", teilte der Verband mit. Man werde die Regel im Sinne der "Gleichberechtigung und Chancengleichheit" für alle Frauen und Mädchen "weiterhin verteidigen".
Dies lehnt Semenya, die über 800 Meter seit knapp vier Jahren unbesiegt ist, kategorisch ab. Schließlich hatte sie damit zwischen 2011 und 2015 aufgrund einer vorherigen Regelung schlechte Erfahrungen gemacht. Semenya habe von den auferlegten Medikamenten unter anderem Fieber bekommen, ihr war übel und der Unterleib schmerzte, wie aus dem zuletzt veröffentlichten Cas-Urteil vom 1. Mai hervorgeht. Sie werde "nicht zulassen, dass die IAAF mich und meinen Körper wieder benutzt", sagte sie demnach und kritisierte die IAAF, sie als "menschliches Versuchskaninchen" benutzt zu haben. Die IAAF argumentierte derweil, dass die zweimalige Olympiasiegerin Semenya zu den "biologisch männlichen Athleten mit weiblichen Geschlechtsidentitäten" gehöre.
Quelle: ntv.de, Marco Heibel und Tobias Schwyter, sid