Redelings Nachspielzeit

Parkstadion als Zockerbude? Als Schalke wie irre vom großen Geld träumte

Günter Eichberg, Sonnenkönig.

Günter Eichberg, Sonnenkönig.

(Foto: imago/Kicker/Liedel)

Der FC Schalke 04 konnte wie so viele Klubs der Bundesliga schon immer viel Geld gebrauchen. Das war auch vor dreißig Jahren nicht anders! Doch damals herrschte Goldgräberstimmung bei den Königsblauen, weil ein Mann mit dem Spitznamen "Sonnenkönig" fast täglich herrlich-verrückte Einfälle hatte!

Die Zeiten waren vor dreißig Jahren auf Schalke noch viel wilder als heutzutage - doch eine Sache bereitete den Verantwortlichen auch damals schon große Kopfschmerzen: das liebe Geld! Denn davon war auch im Jahr 1991 nie genug da. Und das, obwohl mit Günter Eichberg ein Mann den Verein führte, für den Geld scheinbar kein Thema zu sein schien.

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Zwei Jahre zuvor war der "Sonnenkönig" quasi über Nacht zum Präsidenten der Königsblauen gewählt worden und hatte seitdem den Klub einmal auf links gekrempelt. Dass das zu dieser Zeit auch bitter nötig war, hat einmal das Schalker-Unikum und lebende Maskottchen Charly Neumann erzählt: "Als der Präsident Günter Eichberg zu uns kam, war Schalke mausetot. Der Verein hatte kein Geld mehr für Waschpulver. Und dann kam plötzlich der große Guru aus Düsseldorf, wo wir dachten: Meine Güte, was ist das denn für einer? Mit 'nem Fahrer ließ er sich vorfahren. Das wird nie ein Schalker, haben wir gedacht. Ich selbst kann euch nur eins sagen: Ich hatte die größten Bedenken, Freunde. Heute, nachdem er zwei Jahre bei uns ist, muss ich sagen: Er war ein Geschenk des Himmels!"

Das Parkstadion als Zockerbude

Und dieses "Geschenk des Himmels" war Eichberg nicht alleine wegen seines Geldes, sondern auch wegen der Vielzahl an verrückten Ideen und interessanten Kontakten, die er mit im Gepäck dabeihatte. Fast jeden Tag präsentierte er seinen engsten Mitstreitern einen seiner neusten Einfälle (die aktuelle "Arena AufSchalke" soll er eines Tages zu Ostern auf einem Malblock seiner Kinder aufgezeichnet haben), die beinahe alle nur ein Ziel kannten: Geldbeschaffung - egal wie und so schnell wie möglich. Eine dieser kuriosen Ideen war folgende: Für 2.000 Mark durfte sich jede Gaststätte auf der Welt das Recht erkaufen, fortan unter dem besonderen Gütesiegel "Schalker Vereinslokal" zu firmieren.

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Den Anfang machte damals ausgerechnet die Stammkneipe des Präsidenten auf Sylt. Zur Einweihung "Bei Herbert" - heute besser bekannt als Kultstätte "Sansibar" - wurde die komplette Mannschaft mit dem Bus aus dem Trainingslager vom Timmendorfer Strand hin zu den illustren Freunden des Sonnenkönigs gekarrt. Augenzeugen berichten noch heute von einem rauschenden Fest. Der Gastwirt des ersten offiziellen "Schalker Vereinslokal" im hohen Norden war jedenfalls sehr zufrieden.

Später verschwand die Rabattaktion allerdings so schnell, wie sie geboren war, auch wieder in den tiefen Schubladen am Schalker Markt. Doch die "Sansibar" blieb ein Schalker Vereinslokal und die Plakette, die an der Außenwand angebracht wurde, musste hunderte Male ersetzt werden, weil Touristen sie immer wieder in einer Nacht- und Nebelaktion mitgehen ließen.

Noch eine Spur ausgefallener war im Spätsommer 1991 dann ein weiterer Einfall Eichbergs. Der S04-Präsident wollte das Parkstadion damals in eine echte Zockerbude umwandeln. Der einfache Gedanke dahinter: Fußballfans wetten gerne. Und deshalb hatte sich Eichberg gefragt, warum dies nicht schon längst live und unkompliziert im Stadion selbst möglich sein sollte? Zusammen mit der örtlichen Lotto-Gesellschaft wollte Schalke im Stadion als Buchmacher agieren - und kräftig mitkassieren.

Was würde der "Sonnenkönig" heute inszenieren?

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Der ehemalige Lehrer Heribert Bruchhagen, der von den Königsblauen zum Marketing-Chef gemacht worden war, hatte ausgerechnet, dass im Durchschnitt jeder der 30.000 Zuschauer wenigstens 25 Mark einsetzen würde, von denen Schalke dann 10 Prozent des Wettumsatzes kassieren würde, sprich 75.000 Mark pro Heimspiel. "Minimum", meinte Bruchhagen, und durfte sich bestätigt sehen von den Worten des damaligen Lotto-Sprechers: "Wenn man sieht, was in Schalke auf der Tribüne verzockt wird, kann man als Lottogesellschaft nur neidisch werden."

Kurze Zeit später schien diese Novität im deutschen Fußball fast schon in trockenen Tüchern zu sein und alle Beteiligten rieben sich wegen der tollen Gewinnaussichten bereits die Hände. Doch es kam am Ende wie so häufig bei den irren Ideen des Schalker Präsidenten - sie verliefen irgendwann im Sande. Von der Zockerbude im Parkstadion hat man später nie wieder etwas gehört. Geldverdienen mit Fußball-Wetten war im Jahr 1991 noch eine Utopie für die Vereine.

Dreißig Jahre später sieht da die Lage ganz anders aus. Mittlerweile hat jeder Klub eine Kooperation mit einem Wettanbieter. Was sich allerdings in all den Jahren auf Schalke nie verändert hat, ist die Sorge um das liebe Geld, vor allem um das, was man nicht hat. Es wäre wohl mal wieder an der Zeit für einen positiv Bekloppten mit irren Ideen, wie es damals Günter Eichberg einer war. Man wäre fast zu neugierig, was sich der "Sonnenkönig" wohl heutzutage so alles einfallen lassen würde.

Quelle: ntv.de

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