Redelings Nachspielzeit

"Den ganzen Laden" Als Uli Hoeneß mit guten Freunden den BVB kaufen wollte

Uli Hoeneß wollte die "Bruchbude" Dortmund übernehmen.

Uli Hoeneß wollte die "Bruchbude" Dortmund übernehmen.

Borussia Dortmund stand vor zwanzig Jahren finanziell das Wasser bis zum Hals. Nur wenige Jahre nach dem Börsengang war der BVB faktisch pleite. Millionenschulden erdrückten den Klub. Doch Bayern-Manager Uli Hoeneß sah genau darin eine "Wahnsinns-Chance" - und hatte eine verwegene Idee!

"Wenn ich Privatmann wäre, zehn Jahre jünger und mein Herz nicht so an Bayern hängen würde, hätte ich mit zwei, drei guten Freunden den ganzen Verein gekauft!" Uli Hoeneß war im Januar vor zwanzig Jahren Feuer und Flamme. Dem BVB ging es im Frühjahr 2005 äußerst schlecht, um es freundlich zu auszudrücken, und der Bayern-Manager konnte seine Begeisterung für das Projekt der quasi feindlichen Übernahme des Bundesligakonkurrenten nur schwer zurückhalten: "Das ist ja eine Wahnsinns-Chance, Borussia Dortmund für den derzeitigen Kurs zu kaufen. Den ganzen Laden!"

Dass Uli Hoeneß überhaupt eine solch verwegene Idee entwickeln konnte, lag an der desaströsen Lage, in die sich der BVB seit dem Börsengang im Oktober 2000 selbst manövriert hatte. Mit vollen Händen hatten die Verantwortlichen der Borussia das Geld aus dem Fenster geschmissen. Innerhalb kürzester Zeit legten sie 29 Mio. Mark für Tomas Rosicky, 21 Mio. für Jan Koller und über 50 Mio. für Marcio Amoroso auf den Tisch der Vereine, von denen der BVB die Spieler loseiste. Jede Summe schien in diesen wilden Zeiten recht, um den Kader vermeintlich zu verstärken und das Gehaltsgefüge in die Höhe zu treiben. Dass das nicht gutgehen konnte, hätte man erahnen können - doch zuerst schien alles nach Plan zu laufen.

In Dortmund brannte es lichterloh

Als dann aber die ersten sportlichen Probleme auftauchten, brach das ganze schöne Finanzgebilde innerhalb von wenigen Monaten in sich zusammen. Und nur vier Jahre nach dem Börsengang musste Borussia Dortmund im Oktober 2004 in einer Ad-hoc-Mitteilung berichten, dass man einen Verlust von 67,7 Millionen Euro eingefahren und einen Schuldenberg von 118,8 Millionen Euro angehäuft habe. Zudem standen weitere Zahlungsverpflichtungen von 350 Millionen im Raum. Kein Wunder, dass der Aktienkurs des börsennotierten Unternehmens nur noch eine Richtung kannte - steil bergab.

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Das war der Moment für Florian Homm. Der Investor stieg bei Borussia Dortmund im großen Stil ein und hielt schon nach kürzester Zeit 25,97% der Anteile an der Gesellschaft, der sogenannten Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Was den neuen BVB-Großaktionär zu diesem Investment trieb, beschrieb er in einem Interview einmal so: "Man schaut, wo es brennt und wo Renditen zwischen 20 und 50 Prozent zu machen sind." Und beim BVB brannte es zu dieser Zeit bereits lichterloh. Das wusste auch Uli Hoeneß im Januar vor zwanzig Jahren nur zu genau. Denn wie dramatisch die Lage bei einem der Hauptkonkurrenten des Rekordmeisters wirklich war, hatte ihm die Borussia selbst offenbart.

Als aus dem BVB der FC Dortmund werden sollte

Denn als damals in Dortmund wegen der fortdauernde Geldverbrennung fast alle Lichter ausgingen, halfen ausgerechnet die Bayern dem BVB mit Geld aus der tiefsten Patsche. Uli Hoeneß erinnerte sich später einmal: "Als die Dortmunder mal gar nicht mehr weiter wussten und Gehälter nicht mehr zahlen konnten, haben wir ihnen ohne Sicherheiten zwei Millionen gegeben für einige Monate." Es war sicherlich ein Akt von höchster Peinlichkeit für den Dortmunder Vorstand. Und genau das sagte Jahre danach auch Aki Watzke einmal: "Ich würde aber niemals den FC Bayern auch nur um einen einzigen Euro fragen. Ich schätze den Klub sehr, aber lieber würde ich unter der Brücke in Dortmund betteln, als zum FC Bayern zu gehen. Wenn du deinen größten Rivalen um Geld anpumpst - mehr erniedrigen kann man sich nicht auf dieser Welt."

Und noch etwas war dem langjährigen BVB-Geschäftsführer wichtig: "Die zwei Millionen haben nichts genützt, denn wir waren pleite, standen vor der Insolvenz. Meine erste Aufgabe war es, die zwei Millionen, die nicht mehr da waren, zurückzuzahlen." Denn es half eh alles nichts mehr. Borussia Dortmund war pleite, schaute nur noch von Tag zu Tag und machte unglaubliche Sachen in diesen wilden Zeiten, wie Florian Homm einmal erzählte. Um einen kurzfristigen Überbrückungskredit von 20 Millionen Euro zu bekommen, habe die Borussia sogar das Tafelsilber verscherbelt und den Namen "BVB" als Sicherheit hinterlegt. Im schlimmsten Fall, so Homm, hätte der Klub dann eben "FC Dortmund" geheißen. Eine irre Vorstellung!

Homm griff knallhart durch

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Im Januar vor zwanzig Jahren lobte Uli Hoeneß genau diesen neuen Investor bei der Borussia aber dennoch für seinen Einstieg beim BVB. Doch eine Sache unterschätzte der Bayern-Manager damals gewaltig: "Der Homm ist doch gar nicht gefährlich. Das ist ein Wichtigtuer, der 26 Prozent der Aktien hält, aber nichts zu sagen hat." Dass genau das nicht der Fall war, bewies Homm schon recht bald. Denn seiner vollmundigen Ankündigung ("Um es klar zu sagen: Sollte das Management den BVB nicht erfolgreich auf eine solidere finanzielle Basis stellen, wird es durch fähigere Personen ersetzt werden müssen") ließ er schnell Taten folgen. Als erstes wurde Gerd Niebaum durch Reinhard Rauball ersetzt. Später sollte dann noch der langjährige Manager Michael Meier gehen müssen.

Die Rettung des Klubs erfolgte schließlich in einem dramatischen Akt, als im März 2005 die Gläubiger in allerletzter Sekunde einem Sanierungsplan zustimmten. Und so ist es kein Wunder, dass sich Uli Hoeneß noch einmal irrte, als er vor zwanzig Jahren meinte: "Wenn ich Kohle machen will, muss ich jetzt Dortmund kaufen. Das sieht er schon richtig, der Homm. Das ist gar kein Risiko, wenn das vernünftig gemacht wird." Gut für den damaligen Bayern-Manager, dass er diese "Wahnsinns-Chance" im Januar 2005 tatsächlich nicht wahrgenommen hat. Denn neben viel Ärger hat sich Uli Hoeneß so auch ein finanzielles Desaster erspart.

Quelle: ntv.de

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