
Der FC Bayern kann am Wochenende Meister werden, aber die ultimative Zuspitzung würde fehlen.
(Foto: IMAGO/Michael Weber)
Zum 33. Spieltag bricht die Bundesliga mit einer langen Tradition. Die neun Partien finden nicht mehr parallel, sondern zersplittert über drei Tage statt. Das ist schade für die Spannung und Dramatik der Liga – und wirft Fragen rund um eine mögliche Wettbewerbsverzerrung auf.
Groteske Szenen gestern in Bochum. Ein Schalker und ein paar Bochumer sitzen zusammen und schauen RB Leipzig gegen den SV Werder Bremen. Einziges Thema: Welches Ergebnis ist für den eigenen Klub aller Voraussicht nach im Abstiegskampf ein Vorteil! Und plötzlich wird aus einem für die Allgemeinheit eher latent uninteressanten Spiel eine Begegnung von hoher Brisanz und Dramatik. So eine Geschichte kann man sich nicht ausdenken - sie schreibt allein der Fußball. Und in diesem Fall endlich wieder einmal die deutsche Bundesliga.
Denn zwei Spieltage vor Schluss der Saison ist für fast alle Klubs der Drops noch nicht gelutscht. Ein erbitterter Titelkampf, das intensive Ringen um die Plätze in Europa und ein emotionaler Fight gegen den Abstieg aus der Liga halten die Spannung hoch. Und ausgerechnet jetzt ändert die Bundesliga zum brisanten Finale eine altbewährte Tradition. Statt wie lange Jahre erfolgreich durchgeführt, wird nur noch der 34. Spieltag parallel ausgespielt.
BVB beklagt die Ansetzungen in der Liga
Der 33. Spieltag findet hingegen - wie die anderen 32 zuvor - zersplittert über drei Tage statt. Das zerstört einerseits die Spannung auf fatale Art und sorgt zudem auf gewisse Weise für eine Wettbewerbsverzerrung, wie es Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl vor einigen Tagen zurecht sagte: "Wir können es nicht verändern, uns hat keiner gefragt. Wenn Sie mich ehrlich fragen, empfinde ich das als einen gewissen Nachteil, wenn man dreimal nachzieht in den nächsten drei Wochen."
Doch neben der nachvollziehbaren Kritik seitens des BVB wegen einer möglichen Wettbewerbsbeeinflussung ist es vor allem der Aspekt der Spannung, der diese Entscheidung der DFL etwas unglücklich und wohl zu kurz gedacht erscheinen lässt. Denn natürlich ist die TV-Vermarktung als zentrales Erlösmodell für die Bundesliga wesentlich - und deshalb ist es verständlich, dass man den Bedürfnissen der Sender versucht entgegenzukommen - doch gerade in diesem Jahr, in dem die Liga so spannend wie lange, lange Zeit zuvor nicht mehr ist, werden die Fans die finalen High Noon Momente bei den vorletzten 90 Minuten dieser Saison schmerzlich vermissen. Die Sekunden und Minuten, in denen sich parallel auf neun Plätzen innerhalb eines Wimpernschlags alles verändern kann, gehören zu den absoluten Highlights der Liga-Geschichte - und sorgen so selbstverständlich auch für einen entscheidenden Mehrwert der Bundesliga. Langfristig gedacht, ist es also wohl leider Gier an der falschen Stelle.
Die ultimative Zuspitzung geht verloren
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Denn ein Großteil der Dramatik und Spannung ergibt sich eben durch den Blick auf die anderen Plätze und durch die Möglichkeiten, die sich aus den spontanen und sich permanent verändernden Situationen erspinnen. Doch irgendwann ist Schluss. Diese ganz spezielle Zuspitzung erfährt ihren Höhepunkt genau dann, wenn rechnerisch plötzlich alles vorbei ist. Und die Wahrscheinlichkeit, dass dies auch bereits am vorletzten Spieltag der Fall sein kann, ist nicht gering. Und gerade deshalb ist es besonders schade, dass durch die Zersplitterung des 33. Spieltags möglicherweise einige dieser finalen Momente verloren gehen. Diese dramatischen Szenen würden der Liga, die in den letzten Jahren nur allzu oft wegen eines nicht stattgefundenen Titelgewinns in die Kritik gekommen war, guttun.
Im Augenblick rechnen nicht nur die Schalker und Bochumer, wie gestern bei der Partie zwischen RB und Werder geschehen, alle möglichen Ergebnisse und Konstellationen rauf und runter. Das zeigt: Die Bundesliga lebt - wie lange schon nicht mehr! Der nationale Fokus wird an den nächsten beiden Wochenenden auf dem Fußball liegen. Davon wird die Bundesliga auch international profitieren. Deshalb ist es besonders schade, dass es dieses Jahr die hollywoodreife Inszenierung und Zuspitzung am 33. Spieltag nicht geben wird. Wollen wir also im Sinne des Fußballs hoffen, dass auch am 34. Spieltag noch alles möglich ist - auch wenn für manch einen Fußballfan die Spannung und Dramatik in diesen Tagen schon kaum mehr auszuhalten ist.
Quelle: ntv.de