Showdown auf dem Handballparkett "Bad Boys" greifen nach der Medaille

Bei der EM in Polen fehlte Kapitän Uwe Gensheimer - nun will er den Olympiatitel.

Bei der EM in Polen fehlte Kapitän Uwe Gensheimer - nun will er den Olympiatitel.

(Foto: dpa)

Europameister gegen Weltmeister, oder auch Bad Boys gegen die goldene Generation des französischen Handballs. Vor dem Halbfinale träumen die deutschen Handballer von der Olympia-Medaille - und die soll bestenfalls golden sein.

Andreas Wolff hockte in Shorts und T-Shirt auf der schmalen Balustrade neben dem Mannschaftsbus und wippte entspannt auf und ab. Aus seinen schwarz-rot-goldenen Kopfhörern dröhnte Rap-Musik. Beim Song "Cool Down" des Berliner Hip-Hoppers Silla lud der Torhüter seine Akkus für den Halbfinal-Showdown der deutschen Handballer gegen Weltmeister Frankreich auf.

Haben maßgeblichen Anteil am Erfolg der deutschen Handballer: Trainer Dagur Sigurdsson (l.) und Torwart Andreas Wolff (r.).

Haben maßgeblichen Anteil am Erfolg der deutschen Handballer: Trainer Dagur Sigurdsson (l.) und Torwart Andreas Wolff (r.).

(Foto: imago/Eibner)

Die Anspannung der vergangenen Tage war nach der Viertelfinal-Gala gegen Vize-Weltmeister Katar (34:22) plötzlich verflogen. Rechtzeitig zum Medaillenkampf kehrt bei den Bad Boys jene Lockerheit und Angriffslust zurück, mit der sie im Januar die EM gerockt hatten. "Deutsche Mannschaften sind irgendwie immer Turniermannschaften", sagte Europameister Wolff vor der Partie (20.30 Uhr MESZ/15.30 Uhr OZ) gegen das französische Starensemble. Und auch Spielmacher Martin Strobel betonte: "Wir gehen ohne Angst ins Spiel und werden uns nicht verstecken."

Gold scheint möglich

Worte, die Nikola Karabatic und Co. getrost als Drohung verstehen dürfen. Knapp sieben Monate nach dem Triumph von Krakau spielt die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson in Rio nicht nur um die erste Olympia-Medaille seit Silber 2004 - selbst Gold scheint nach der kontinuierlichen Leistungssteigerung plötzlich realistischer denn je.  "Der Gegner ist sehr, sehr stark, aber ich würde auch nicht so gerne gegen unsere Mannschaft spielen", sagte Sigurdsson und sprach von einem "gefühlten Final-Four" mit ganz "eigenem Charakter. Wir haben gute Erfahrungen in Polen gemacht und wissen, was zu tun ist."

Während der Isländer das Wort Medaille auch in der Euphorie des Katar-Sieges nicht in den Mund nahm, wählte DHB-Vizepräsident Bob Hanning eine Metapher, um auszusprechen, was im deutschen Lager wahrscheinlich alle dachten. "Der Kuchen stand da, gegen Katar kam die Sahne drauf und jetzt, jetzt wollen wir die Kirsche. Wir haben Lust und Hunger auf mehr."

Überragende Abwehrleistung

Zu dieser "Kirsche" führt wie gegen Katar nur eine starke Defensivleistung. Der Mittelblock mit Finn Lehmke und Hendrik Pekeler läuft von Spiel zu Spiel heißer, im Viertelfinale war er kaum noch zu überwinden. "In der Vorbereitung waren wir in der Abwehr manchmal fahrlässig", sagte Wolff, "aber inzwischen hat jeder verstanden, dass die Abwehr der Schlüssel zum Erfolg ist." Hanning sah erstmals in Rio wieder das "Europameister-Gen".

Neben der knallhart-kompromisslosen Abwehr steigerte sich das Team auch im Angriff. Immer wieder zündeten die Außenspieler den Turbo und vergoldeten die Ballgewinne mit sogenannten "einfachen Toren" über den Tempogegenstoß. Zudem spielte der Rückraum um den rotzfrechen Youngster Fabian Wiede die katarischen Abwehr-Kanten ein ums andere Mal schwindelig.

"Für Gold musst du Frankreich schlagen"

Eine ähnliche Leistung wird gegen Frankreich vonnöten sein, denn die Equipe Tricolore hat den historischen Gold-Hattrick fest im Blick. Nach den Olympiasiegen von 2008 und 2012 spielten die Altmeister um Karabatic, Linkshänder Daniel Narcisse und Torwart-Ikone Thierry Omeyer bislang auch in Rio groß auf.

Der Sieg in der Vorrunde gegen Katar (35:20) war ebenso imposant wie das 34:27 im Viertelfinale gegen Gastgeber Brasilien. "Frankreich hat bisher in einer anderen Liga gespielt", sagte Hanning: "Aber auf keinen Fall werden wir da mit dem Glauben reingehen, dass wir das Spiel nicht gewinnen können." Noch treffender formulierte es Kreisläufer Pekeler: "Wenn du Gold gewinnen willst, musst du auch Frankreich schlagen."

Quelle: ntv.de, Christoph Stukenbrock, Ulrike Weinrich, sid

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