Kloppen um den CEO-Posten "Tekken 8" liefert Prügelorgien in Hochglanzoptik


Batz!
(Foto: Screenshot/Bandai Namco)
Seit 1994 unterhält die "Tekken"-Reihe mit herrlich inszenierter Prügelaction. Der achte Teil soll die Saga nun fortsetzen. Im Test von ntv.de zeigt sich, ob das Spiel die hohen Erwartungen erfüllen kann.
Es scheppert wieder. Also eigentlich scheppert es bereits seit 1994. In dem Jahr erschien der erste Teil der "Tekken"-Reihe, die sich über drei Jahrzehnte zum heiligen Gral für Fans fingerbrechender Kampfsport-Fantastereien entwickelte. Davon gibt es so viele, dass sich der Prügler zum Millionen-Franchise mauserte: Actionfiguren, Shirts, Pullover, Hosen, Kostüme, Boxhandschuhe, Süßigkeiten, ja sogar Badeentchen. Die Produktpalette ist unüberschaubar groß. So auch die Erwartungen an "Tekken 8". Und eins kann vorweggenommen werden: Selten hat es so schön gescheppert.
Doch das war abzusehen.
Jeder Videoschnipsel, den Entwickler Bandai Namco ins Netz pustete, deutete darauf hin. Millionen Menschen schauten weltweit Clips, in denen messerscharfe Schweißtropfen über aufgepumpte Muskelberge gleiten; wie Faustschläge und Fußtritte detaillierten Gesichtern Lehrstunden in Sachen Impulserhaltung geben; wie Kleider und Ballonhosen bei brachialer Gewalt sanft im Wind flattern. Es sind Clips, die schlicht zeigen, dass Kloppereien mit ausreichend Farbe und Detailgrad ästhetisch sein können. Umso schöner ist, dass Werbefilmchen und Fertigspiel optisch deckungsgleich sind.
Nicht nur hübsch

So sieht man aus, wenn Proteinshakes alle anderen Nahrungsmittel ersetzen.
(Foto: Screenshot/Bandai Namco)
Grafik war in der Vergangenheit ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der "Tekken"-Reihe. Als frühes 3D-Fighting Game setzte es sich damit vom verstörend brutalen "Mortal Kombat" und dem überkomplexen "Street Fighter" ab, zumindest in den Neunzigern. Zwar sticht "Tekken 8" in dem Punkt nach wie vor heraus, längst aber nicht mehr so sehr wie vor 30 Jahren. "Mortal Kombat" und "Street Fighter" haben grafisch deutlich nachgelegt. Die aktuellsten Teile können zwar nicht mit "Tekken 8" mithalten, werden aber auch nicht niedergewalzt. Nicht schlimm, der Reiz liegt bei "Tekken" auch in einem durchdachten Kampfsystem.
Der Clou ist, dass es für Einsteiger simpel erscheint. Wer auf seinen Controller einprügelt, setzt sich auf den niedrigen Schwierigkeitsgraden in den Zweikämpfen durch. Fußtritte und Fausthiebe reihen sich zufällig zu hübsch inszenierte Combos. Dann gibt es noch eine Art Stützrädermodus, bei dem sich knifflige Angriffe mit ein, zwei Tasten auslösen lassen. Ein Heat-Modus, lässt sich per Knopfdruck einschalten und gibt die Möglichkeit für einen Superangriff. Und kurz vor dem Ableben eröffnet sich die Chance für einen weiteren, noch besseren Superangriff. Genug Werkzeug, um die ersten Stunden zu überstehen.
Nur ist "Tekken" eben auch was für Fans von Komplexität. Immerhin zählen Profispieler mitunter Frames, Bilder, die nur Sekundenbruchteilen lang sind, um Angriffsmuster zu lesen. Jeder Knopfdruck ist entscheidend. Für Erfolge auf hohen Schwierigkeitsgraden (oder online) müssen Spieler Tastenkombinationen auswendig lernen; den Gegner via richtig getimter Angriffe in der Luft halten; den Heat-Modus, der neben einem Superangriff auch neue Combos ermöglicht, aber auch nur begrenzte Zeit aktiv ist, perfekt planen. "Tekken" meistern erfordert einen an Besessenheit grenzenden Eifer.
Kein Platz für gute Geschichten
Zum Üben gibt es den "Arcade Quest"-Modus. Spieler schlüpfen dabei in die Rolle eines Spielers, der in Spielhallen "Tekken 8" spielt. Und auch wenn es ein Walzer auf billig konstruierten Metaebenen ist, erleichtern die darin verpackten Tutorials zumindest die ersten Schritte. Da lohnt es sich, über die entgegengejauchzten "Hey's", "Yeah's" und "Cool's" hinwegzusehen. Gilt auch für die Geschichte – ist ohnehin nur hingeschluderte Füllmasse. Für eine epochale Erzählung soll der Story-Modus sorgen.
In Filmsequenzen wird dabei die reichlich abgedroschene Geschichte zwischen Jin, Kazuya und Heihachi (zusammen drei Generationen) und ihrem Familienimperium weitererzählt. Seit Teil eins kloppen sich die drei um den CEO-Posten. Quasi der Streit zwischen Piëch und Porsche bei VW, nur mit mehr Akteuren, besseren Choreografien und (mutmaßlich) besser trainierten Körpern. "Tekken 8" bricht mit einer Familienideologie, die auf die Unterdrückung der Kinder setzt. Stattdessen emanzipieren sie sich via Faustschlag. Eigentlich könnte man's dabei belassen. Unnötig viele Verästelungen, seien es nun Dämonen, Militärdienste oder plötzlich auftauchende Schwippschwager, legen sich jedoch über den Kern der Geschichte und nehmen die Sicht aufs Wesentliche. Bandai Namco will die herrlich trashigen "Mortal Kombat"-Geschichten kopieren, scheitert aber am "Wie".
Abgesehen davon ist "Tekken 8" ein herausragendes Kampfspiel, das wieder neuen Schwung in die allmählich statische E-Sport-Branche bringen wird. Ferner dürfte es auch diejenigen begeistern, die abseits offener Spielwelten und wuchtiger Storybrocken etwas Kompakteres suchen, sich vielleicht online oder mit dem Computer messen wollen. Manchmal reicht es eben, wenn es einfach nur scheppert.
"Tekken 8" erscheint am 26. Januar für Playstation 5, Xbox X/S und PC.
Quelle: ntv.de