Kampf der Elektroauto-Giganten BYD knöpft sich Tesla vor
26.11.2023, 12:07 Uhr Artikel anhören
BYD-Markenslogan: Build Your Dreams. Der chinesische Elektroautobauer ist dabei.
(Foto: BYD)
Die Absatzzahlen zeigen: Zwei Autohersteller fahren beim Thema Elektromobilität der Konkurrenz davon, auch den deutschen Autobauern. Allerdings wackelt gleichzeitig die Spitzenposition Teslas gewaltig - dank eines Emporkömmlings aus China.
Über ein Jahrzehnt war der 2003 von Elon Musk mitgegründete US-Elektroautobauer Tesla das Maß der Dinge in der Elektromobilität. Egal ob Batteriebau, Batteriemanagement, Reichweite, Konnektivität oder autonomes Fahren - Tesla zeigte dem Rest der Automobilwelt die Rücklichter. Alle westlichen Autohersteller wurden der Schlafmützigkeit, Trägheit und technischen Ignoranz bezichtigt. Sie alle mutierten - allen voran die deutschen Premiumhersteller und VW - zu selbsternannten "Tesla-Jägern" und investierten Unsummen in die Elektromobilität. Und sie holten auf.
Erreicht haben sie den Gejagten indes nicht. Tesla blieb als Elektroauto-Original bis heute unerreicht. Daran änderten auch die vergleichsweise hohen Preise, die vielen Eskapaden Musks und die spektakulären Unfälle zahlreicher Tesla-Fahrzeuge nichts.
Im Gegenteil: Tesla boomte auch in der Corona-Zeit. Der Konzern expandierte trotz magerer PKW-Palette von zunächst nur zwei, heute vier Modellen. Jedes Jahr zweistellige Wachstumsraten. Die Zahl der sogenannten Gigafactorys wuchs. Mit dem sich in Mexiko in der Planung befindenden Werk sind es heute sechs. 20 sollen es werden. Müssen es auch, wenn Musks Ziel eines Absatzes von 20 Millionen Tesla im Jahr 2030 erreicht werden soll. Ein ehrgeiziges Ziel. Zum Vergleich: Im bisherigen Jahresverlauf (bis Ende September) setzte Tesla etwa 1,3 Millionen Fahrzeuge ab. Der chinesische Marktführer BYD kommt auf rund eine Million, der VW-Konzern auf knapp 530.000, SAIC aus China auf rund eine halbe Million und Hyundai auf etwa 370.000 Einheiten. Dahinter folgen Geely und Stellantis mit knapp 350.000 und 280.000 E-Fahrzeugen.
China drängt mit Macht an die Spitze
Das Ranking macht aber deutlich: Nicht die etablierten Automobilkonzerne aus Deutschland, Japan oder die Giganten aus den USA sind die stärksten Verfolger von Tesla. Es ist mit BYD Auto vielmehr ein in Deutschland bislang noch wenig bekannter Autobauer aus China. 2008 erst gegründet, macht BYD dem Platzhirsch Tesla bei batteriebetriebenen Elektroautos (BEV) den globalen Platz an der Sonne streitig.
In Deutschland wurde BYD erst bekannt, als der Konzern als möglicher Käufer des Ford-Werkes in Saarlouis gehandelt wurde. Die Verhandlungen dauern bis heute allerdings an. Dem Vernehmen nach hat Ungarn als Standort für das erste europäische BYD-Werk bessere Karten.
Angeführt von China als Leitmarkt war BYD in den letzten Jahren der große Gewinner beim rasanten Marktwachstum bei BEV. Bis Ende 2023 wird der chinesische Branchenprimus auch die Nummer eins weltweit sein. Der Branchenpionier aus den USA erleidet somit das gleiche Schicksal wie 40 Jahre zuvor die US-Autogiganten GM und Ford, die damals die globale Pole Position an Toyota und Co abgeben mussten.
Chinesische Erfolgsgeschichte
BYD war dual gestartet, baute zu Beginn sowohl Verbrenner- als auch Elektroautos. Seit April 2022 liegt der Fokus allein auf Plug-in-Hybriden und reinen Elektrofahrzeugen. Unter Einschluss von Plug-In-Hybriden war BYD bereits 2022 der weltgrößte Hersteller von Elektroautos.
Still und heimlich an die E-Auto-Spitze, das ist BYD. Aber wie war das überhaupt möglich? Ein Rückblick: BYD baute zunächst Kleinstwagen, dann in Kopie diverse Toyota-Modelle. Letztere sorgten schon nach kurzer Zeit ob ihrer besseren Qualität als die Originale für Aufsehen. Daraufhin folgte dann schließlich eine breite Palette eigener Modelle. Der Durchbruch am Weltmarkt kam 2019 mit Gründung eines eigenen "Global Design Center", in dem europäische Designer das Zepter übernahmen.
Innovativ, innovativer, BYD
Im Bereich der Elektromobilität gilt BYD - nicht zuletzt durch die Markteinführung der weltweit ersten Elektro-Sattelzugmaschine, des ersten Elektro-Gelenkbusses und des ersten Elektro-Doppeldeckerbusses - als eines der innovativsten Unternehmen. Bereits 2007 besaß BYD als Automobilunternehmen mehr als 2000 Patente auf Eigenentwicklungen. Gleichzeitig erweiterte BYD Auto permanent seine Forschungs- und Entwicklungszentren, an denen heute rund 10.000 Wissenschaftler an inzwischen vier Standorten arbeiten
Bislang hat BYD - völlig konträr zur Branche - eine extrem hohe Fertigungstiefe. Der Autobauer produziert die meisten Komponenten wie Motoren, Getriebe, Steuer- und Bremssysteme, Fahrzeugelektronik oder auch die Scheibenwischer selbst. Lediglich Reifen, Autoglas und wenige Bauteile allgemeiner Art werden extern beschafft. Etablierte Zulieferer haben bei BYD also wenig bis gar nichts zu melden. Voraussetzung dafür sind hohe Absatzzahlen.
Nur eine Frage der Zeit
Der Kampf der Elektro-Goliaths ist im vollen Gange. Noch ist Tesla der größte Batterie-Elektroautohersteller der Welt, aber BYD rückt der US-Marke immer dichter auf die Pelle. Einschließlich seiner Hybrid-Modelle hat BYD Tesla bereits überholt, denn der US-Autokonzern stellt solche Fahrzeuge gar nicht her, ist rein elektrisch unterwegs. BYD setzt zudem weiter auf Expansion. Allein hierzulande plant der chinesische Hersteller 2026 bereits mit einem Absatz von insgesamt 120.000 Elektroautos.
Neben Forschung und Entwicklung sind die Kosten mit das Erfolgsgeheimnis von BYD. CEO Wang Chuan-fu gilt als gnadenloser Kostensenker und ist in China für seine Sparsamkeit landesweit bekannt. Wang ist inzwischen vielfacher Milliardär, der immer noch mit Billigflugzeugen fliegt und seinen Koffer selbst rollt. Ein Kostenkiller ist Tesla-Chef Musk allerdings auch.
Quelle: ntv.de