Wirtschaft

Reform des Strommarktdesigns Habeck bereitet den Markt auf die Energiewende vor

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Bis spätestens 2045 sollen Erneuerbare den gesamten Bedarf in allen Sektoren decken.

(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Die Ziele der Bundesregierung sind klar: 80 Prozent des Stromverbrauchs im Jahr 2030 sollen aus erneuerbaren Energien stammen. Doch der derzeitige Strommarkt ist dafür nicht gemacht. Mit einer grundlegenden Reform soll in Zukunft klimaneutraler Strom rund um die Uhr angeboten werden.

Deutschland will in diesem Jahr weitgehend seine Vorbereitungen für eine Reform des Strommarktdesigns abschließen, um das System auf die geplante vollständige Umstellung auf Ökostrom einzustellen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erklärte, dass wesentliche Ergebnisse bereits in einem Sommerbericht präsentiert würden. Prämisse für diese Arbeiten am "Herz-Rhythmus-System" der Energiewende sind laut Habeck dabei die Versorgungssicherheit mit Strom zu jeder Tages- und Nachtzeit, Bezahlbarkeit von Strom für Privatverbraucher und Unternehmen, das Erreichen der Klimaneutralität und des 1,5-Grad-Ziels sowie die europäische Integration.

Habeck sagte während der ersten Sitzung der "Plattform Klimaneutrales Stromsystem" in Berlin, dass es eine "gefahrgeneigte Operation" sei, wenn man das Herz-Rhythmus-System neu justieren wolle in Deutschland als geografischer Herzkammer des europäischen Stromsystems.

"Der Tag heute und diese Plattform hat außerordentlich große Bedeutung. Wenn Sie so wollen, ist der Strommarkt das Herz-Rhythmus-System der Energiewende und mit der großen Bedeutung, die Strom in der Zukunft noch mehr haben wird als jetzt, damit auch des Wirtschaftssystems", sagte Habeck.

Bei der Auftaktsitzung der Plattform kommen erstmals Akteure aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um über die Ausgestaltung eines klimaneutralen Stromsystems zu sprechen. Das aktuelle Strommarktdesign muss verändert werden, da erneuerbare Energieanlagen keine gleichbleibenden Mengen an Strom bereitstellen, wie dies aktuell etwa Kohle-, Atom- oder Gaskraftwerke tun, sondern je nach Wind und Sonne unterschiedliche Mengen produzieren. Bis 2030 sollen nach Plänen der Bundesregierung 80 Prozent des Bruttostrombedarfs aus erneuerbaren Energien stammen. Aktuell sicheren sie 50 Prozent des Energiebedarfs. Bis spätestens 2045 sollen Erneuerbare den gesamten Bedarf in allen Sektoren decken.

Europäisches Strommarktdesign bedarf gründlicher Vorbereitung

Habeck betonte, dass bei der Reform des Stromsystems auch die unterschiedlichen Bedürfnisse in Europa mitbedacht werden müssten. Denn das Stromsystem einiger Länder wie auch das Deutschlands würde künftig sehr stark von den schwankend verfügbaren erneuerbaren Energien bestimmt sein, während das in anderen Ländern weniger stark der Fall sein würde, da diese stärker auf Energiesysteme mit einer Basislast zurückgriffen, wie etwa auf Atomstrom. Dies sei ein Problem, da die europäischen Diskussionen über das Strommarktdesign nicht unbedingt kongruent sein würden.

Die Europäische Kommission würde zunächst zeitnah Vorschläge unterbreiten, wie man kurzfristig den Energiemarkt absichern könne gegen Krisen. Aber die längerfristige Reform des Strommarktdesigns bedürfe gründlicher Vorbereitung. "Ich rechne nicht damit und ich hielte es auch für falsch, wenn sehr weitgehende Markteingriffe quasi aus der kalten Küche heraus oder aus der Hüfte geschossen auf einmal kommen werden", so Habeck. Er erwartet, dass diese Diskussion auf der europäischen Ebene wohl erst nach der Europawahl im Jahr 2024 "mit voller Fahrt" aufgenommen werde.

Wesentliche Ergebnisse für Deutschland bereits im Sommer

Deutschland habe sich zum Ziel gesetzt, im Jahr 2023 seine Arbeit weitestgehend zu leisten. "Wir können schon einiges schaffen in diesem Jahr", so Habeck. Geplant sei ein Sommerbericht, der schon "wesentliche" Ergebnisse haben sollte. Mit einem darauffolgenden Winterbericht sollte die Arbeit dann weitgehend abgeschlossen sein. In der Debatte über das klimaneutrale Stromsystem wolle die Bundesregierung sich nun damit beschäftigen, wie günstige Strompreise sichergestellt, wie die richtigen Investitionssignale gesetzt werden, damit in erneuerbare Energien und in Wasserstoff-Kraftwerke investiert wird, und wie das System flexibel werde.

"Wir brauchen ergänzend zum Netzausbau die regionale Steuerung von Erzeugung und Lasten wie Elektrolyseuren in der Nähe von Offshore-Gebieten. Außerdem sollte erneuerbarer Strom vor Ort genutzt werden können, anstatt aufgrund von Netzengpässen abgeregelt zu werden. Ich freue mich auf die Debatte der nächsten Monate - mit klugen Köpfen, die ihre unterschiedlichen Perspektiven einbringen", sagte Habeck.

Die "Plattform Klimaneutrales Stromsystem" soll laut Wirtschaftsministerium in vier thematischen Arbeitsgruppen Optionen zur Weiterentwicklung des Strommarktdesigns ergebnisoffen diskutieren und fundierte Vorschläge erarbeiten. Dabei sollen in einem partizipativen Prozess die verschiedenen Sichtweisen der Akteure im Strommarkt genutzt und zusammengeführt werden.

Quelle: ntv.de, Andrea Thomas, DJ

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