"Denken nicht an eine Pause" Lagarde kündigt weiteren Zinsschritt für Juli an
15.06.2023, 16:26 Uhr Artikel anhören
Während die US-Notenbank eine Zinspause eingelegt hat, will die EZB-Chefin im Euroraum nicht auf die Bremse treten. Gleich nach dem jüngsten Zinsbeschluss hält Lagarde eine weitere Anhebung im Juli für sehr wahrscheinlich. Die Konjunkturaussichten blieben vorerst eingetrübt.
Nach der achten Zinserhöhung in Folge hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde für die nächste Sitzung im Juli eine weitere Anhebung in Aussicht gestellt. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir die Zinsen im Juli weiter anheben werden", sagte Lagarde im Anschluss an die Zinsentscheidung des Rates der Europäischen Zentralbank. "Wir sind noch nicht am Ziel", bekräftigte Lagarde. "Wir denken nicht an eine Pause." Die nächste EZB-Zinssitzung ist für den 27. Juli anberaumt.
Zuvor erhöhten die Euro-Währungshüter die Leitzinsen um weitere 0,25 Punkte. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt damit auf 4,0 Prozent. Einen höheren Stand gab es zuletzt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise Anfang Oktober 2008 mit 4,25 Prozent. Steigende Zinsen sollen die Teuerung im Euroraum wieder in Richtung des mittelfristigen EZB-Ziels von zwei Prozent drücken. Im Gegensatz zur EZB hatte die US-Notenbank Fed nach zehn Zinserhöhungen in Folge eine Pause eingelegt: Sie beließ ihren Leitzins am Mittwoch in der Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent.
Wirtschaft auf Rezessionskurs
Die Konjunkturaussichten im Euroraum bleiben aus Sicht der EZB-Präsidentin vorerst eingetrübt. "Das Wirtschaftswachstum bleibt kurzfristig wahrscheinlich schwach", sagte die Französin nach dem Zinsbeschluss. Im Laufe des Jahres werde sich das Bild jedoch aufhellen. Gründe seien die voraussichtlich nachlassende Inflation und weiter abnehmende Lieferengpässe. Noch immer sei die Konjunkturlage in den einzelnen Sektoren der Wirtschaft unterschiedlich. Die Industrie schwächele weiter - unter anderem wegen der mauen weltweiten Nachfrage und der verschärften Finanzkonditionen. Der Servicesektor erweise sich hingegen als widerstandsfähig.
In der Eurozone war die Wirtschaft zuletzt auf einen Rezessionskurs gedreht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging von Januar bis März um 0,1 Prozent zurück. Bereits Ende 2022 war das BIP um 0,1 Prozent geschrumpft. Bei zwei Quartalen mit wirtschaftlicher Talfahrt in Folge sprechen Volkswirte von einer technischen Rezession. Die EZB hat ihre Wachstumsprognosen für die Währungsunion leicht gesenkt. Nunmehr erwarten deren Volkswirte für dieses Jahr nur noch ein Wachstum von 0,9 Prozent. Im März hatten sie noch 1,0 Prozent veranschlagt.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts