EZB hebt Leitzinsen weiter an Was die Zinserhöhung für Sie bedeutet
15.06.2023, 16:33 Uhr Artikel anhören
Geld wird nochmal teurer.
(Foto: imago images/Kirchner-Media)
Mit einer erneuten Leitzinserhöhung der EZB um 0,25 auf nunmehr 4,00 Prozentpunkte verbessert sich die Perspektive für Sparer nochmals. Im Gegenzug werden sich aber auch Kredite verteuern, was sich wohl auch bei der Immobilienfinanzierung zeigen wird.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erneut auf die weiterhin hohen Inflationsraten im Euroraum reagiert und den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB besorgen können, im Euroraum nochmals um 0,25 Prozent auf nun 4,00 erhöht. Parken Banken hingegen Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig ebenfalls einen Viertel-Prozentpunkt mehr - nämlich 3,50 Prozent Zinsen.
Und auch wenn die Zinsschritte zuletzt kleiner ausfielen, hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine weitere Anhebung am 27. Juli in Aussicht gestellt. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir die Zinsen im Juli weiter anheben werden" und weiter "Wir denken nicht an eine Pause."
Für Sparer dürften sich durch die bereits achte Zinserhöhung in Folge die Perspektiven weiterhin verbessern. Aber wie zuvor relativieren sich die Maßnahmen, wenn bedacht wird, dass die Teuerungsraten sowohl in der Eurozone als auch in Deutschland im Mai dieses Jahres bei immer noch 6,1 Prozent lagen. Womit die Zinsen, die es fürs Ersparte gibt, immer noch real deutlich negativ sind.
Darauf, was die Erhöhung der Leitzinsen für Verbraucher bedeutet, haben diverse Vergleichsportale einen kritischen Blick geworfen. Betrachtet wurden die Bereiche Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite.
Tages- und Festgeldkonten
Bereits die EZB-Entscheidungen von Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar, März und Mai 2023 hatten für steigende Zinsen auf Tagesgeldkonten gesorgt, auch bei neu abgeschlossenen Festgeldern war ein deutlicher Zinsanstieg spürbar. Für ein einjähriges Festgeld mit deutscher Einlagensicherung sind derzeit 3,60 Prozent Zinsen zu holen (Akbank). Bei Geldhäusern in der EU sind es bis zu 4,067 Prozent (Haitong Bank via Weltsparen).
Bei Laufzeiten von drei Jahren gibt es laut FMH-Finanzberatung bis zu 4,140 Prozent (Haitong Bank via Weltsparen). Ohne Vermittler bietet die J&T Direktbank 3,60 Prozent für drei Jahre. Deutsche Einlagensicherung gibt es für diesen Zeitraum bei der ABCBank und der Bank11 in Höhe von 3,55 beziehungsweise 3,50 Prozent. Und wer sein Geld aktuell für 10 Jahre entbehren kann, bekommt in Deutschland bis zu 3,60 Prozent Zinsen bei der BKM Bausparkasse Mainz und 3,50 Prozent bei der IKB und der PBB Direkt.
Im aktuellen Umfeld können Sparer die Treppenstrategie nutzen. Hierbei liegt nicht das ganze Sparvermögen auf einem einzigen Festgeldkonto, sondern wird mit unterschiedlichen Laufzeiten auf verschiedene Konten aufgeteilt. Flexibilität ist somit im aktuellen Umfeld wichtig, daher sollten Sparer nicht ihr ganzes Vermögen in langfristige Anlagen stecken. Laut Check24 ist die Markterwartung, dass die Sparzinsen in ein bis zwei Jahren wieder sinken könnten.
Immer mehr Banken werben mit vergleichbaren Sonderangeboten um neue Kunden. Offeriert werden dabei Tagesgeldzinssätze bis 3,359 Prozent. Die besonders attraktiven Aktionszinsen gelten in der Regel aber nur für einige Monate, danach wird das Guthaben zu meistens deutlich niedrigeren Bestandskundenkonditionen weiter verzinst.
Den höchsten Zinssatz bietet derzeit laut FMH die TF Bank. Neukunden bekommen hier 3,359 Prozent Zinsen für vier Monate auf ihr Tagesgeldguthaben garantiert. Ab dem fünften Monat fällt der Zinssatz allerdings auf denjenigen für Bestandskunden - derzeit 1,30 Prozent pro Jahr. Bei der Münchner BMW Bank und der tschechischen J&T Direktbank erhalten Neu- und Bestandskunden gleichermaßen 3 Prozent Tagesgeldzinsen.
Nach wie vor profitieren aber längst nicht alle Sparer von der Zinswende. Laut einer aktuellen Analyse des Vergleichsportals Verivox zahlen von 731 ausgewerteten Banken und Sparkassen 180 nach wie vor keine Tagesgeldzinsen. Das entspricht einem Anteil von etwa 25 Prozent. Vor allem bei den Regionalbanken gehen die Sparer oft immer noch leer aus. 77 der insgesamt 305 ausgewerteten Sparkassen zahlen keine Tagesgeldzinsen. Bei den 349 berücksichtigten regionalen Genossenschaftsbanken sind es sogar 99. In diese Gruppe gehören die örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken. Von den 77 bundesweit aktiven Banken in der Auswertung zahlen hingegen nur vier keine Tagesgeldzinsen.
Auch beim durchschnittlichen Zins-Niveau liegen bundesweite und regionale Angebote weit auseinander. Bei Banken mit einem deutschlandweit verfügbaren Tagesgeldangebot erhalten Sparer im Schnitt 1,1 Prozent Zinsen. Die Sparkassen verzinsen Tagesgeldanlagen im Schnitt nur mit 0,28 Prozent, die regionalen Genossenschaftsbanken zahlen 0,27 Prozent. Bei den bundesweit aktiven Banken wird Tagesgeld somit rund viermal so hoch verzinst wie bei den Regionalbanken.
Ratenkredite
Mit den steigenden Zinsen für Sparer klettern aber auch die Zinsen bei Verbraucherkrediten in die Höhe. Denn wenn die Festgeldzinsen steigen, werden von jeher auch die Ratenkredite teuer. Unerfreulich aus Sicht der Verbraucher. Hier geht es ebenfalls nach oben, denn die Banken nutzen die Festgeld- und Tagesgeldanlagen zur Refinanzierung von Konsumentenkrediten. Lagen die Zinsen für ein solches Darlehen mit 60 Monaten Laufzeit im Januar 2022 noch bei mittleren 3,70 Prozent, waren es zum Jahresende 2022 bereits 5,95 Prozent. Derzeit liegen sie laut FMH im Schnitt bei 6,77 Prozent für den genannten Zeitraum.
Ein Vergleich der Konditionen lohnt sich aber. Denn die Spanne der Angebote ist sehr groß. Das Portal Check24 rechnet mit weiteren Zinserhöhungen für Ratenkredite in der zweiten Junihälfte. Was einen Kreditvergleich noch wichtiger macht. Zum Beispiel hier:
Bauzinsen
Die Bauzinsen haben sich seit Jahresbeginn 2022 bereits mehr als vervierfacht. Laut FMH liegt der Durchschnittszinssatz für ein Zehn-Jahres-Darlehen laut FMH bei derzeit 3,83 Prozent. In den vergangenen sechs Monaten schwankten diese zwischen 3,5 und vier Prozent pro Jahr.
Dabei beeinflusst die EZB-Entscheidung die Bauzinsen nur indirekt. Wichtigster Indikator sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen. Denn sie bestimmen maßgeblich die Renditen für Pfandbriefe, die wiederum von Banken für die Refinanzierung von Immobilienkrediten genutzt werden. Check24 vermutet, dass Kreditnehmer in näherer Zukunft für Ihre Baufinanzierung mit Zinsen auf gleichem Niveau rechnen müssen. Die bestmöglichen Zinssätze werden wie im vergangenen halben Jahr voraussichtlich zwischen 3 und 3,5 Prozent liegen.
Wer vor der Entscheidung für eine längere oder kürzere Zinsbindung steht, sollte sich überlegen, welche Zinsentwicklung er erwartet. Geht man davon aus, dass die Zinsen in fünf Jahren deutlich niedriger sein werden als heute, empfiehlt sich eine kurze Laufzeit. Geht man hingegen davon aus, dass sich die Zinsen eher nach oben bewegen, wäre eine langfristige Absicherung von 20 Jahren sinnvoll. Sicherheit kostet Geld, schafft aber langfristige Gewissheit über die eigene Belastung.
Dispozinsen beim Girokonto
Wer gerade etwas klamm ist, überzieht nicht selten sein Konto und nutzt den Dispokredit, um den Engpass zu überwinden. Was meist keine gute Idee ist. Vor allem in Zeiten steigender Zinsen. Abgesehen davon, steigen auch die Dispozinsen durch die Zinswende, da sich die Geldinstitute am EZB-Leitzins orientieren. So liegt der aktuelle Durchschnittszins eines Dispokredits derzeit laut FMH bei 11,31 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens beträgt demnach 12,57 Prozent. Abgesehen davon sollte Schuldnern klar sein, dass der Dispokredit zum Girokonto meist der teuerste Kredit der Bank ist. Sie sollten ihn nur ausnahmsweise und für kurze Zeit in Anspruch nehmen.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 15. Juni 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de